Forum Übersicht - RE: Einstand - 4

Wenn Stanchek den Blickkontakt sucht, so wird er ihn finden. Der Ausdruck in Sundaras Augen ändert sich nicht, egal ob er nun ganz normal in ihre Augen schaut oder aber wie ein Bulle hineinstiert. Und doch erscheint Sundara verlegen zu werden ob der doch äußerst freundlichen, ja höflichen Begrüßung. Wenigstens beginnt sie, auf ihrer Unterlippe zu kauen, und die Finger ihrer blutverschmierten Hände beginnen, miteinander zu spielen. Ein Stiefel verlässt den Boden, tippt mit der Spitze auf den Dielenboden, stellt sich dann wieder zu dem anderen.

"Mein Name ist Sundara Jahasi," antwortet sie dann höflich. "Verzeiht, aber ich habe kein Geld, allerdings einen großen Hunger. Könnte ich trotzdem etwas zu Essen bekommen, und die Rechnung eventuell irgendwie abarbeiten?"

Ihr Blick geht zu den anderen Gästen der Schenke. Alle sitzen bereits hinter einem Getränk. Nun ist Sundara auf jeden Fall hübsch genug, um von einem wohlhabenden Mann leicht zu einem Abendessen eingeladen zu werden. Ihr Blick, der zu den anderen geht, scheint keinen solchen Gedanken zu beinhalten. Und auch als sie danach Stanchek wieder anblickt, scheint sie nicht daran zu denken, dass sie aus diesem Grund irgend eine Vergünstigung erhalten könnte.

Aufmerksam hört Stanchek seinem neuen Gast zu und sieht dann auch zur Seite, bevor sein zwar nicht aufdringlicher, aber doch merkbar bewundernder Blick peinlich wird. Es ist auch nichts Abwertendes oder Geringschätziges in seinem fröhlichen Gelächter. „Werte Sundara! Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Der Echseneintopf wird bald fertig sein. Wie ich den Herren..“ Er vollführt eine vage Geste, die sowohl die Brüder an der Theke, als auch Keresin an seinem Tisch einschließt. „ Also wie ich den Herren schon sagte, ihr seit heute erst angekommen. Es ist also euer Einstand hier bei mir und weil es euer Einstand ist, seid ihr für heute meine Gäste! Eßt, trinkt was ihr wollt. Heute braucht ihr nicht zu bezahlen.“ Er dreht sich einen Moment zu Lenari um. „Natürlich gilt das euch für euch, meine Dame.“ Dann wendet er sich wieder Sundara zu. „Bitte nehmt doch Platz. Wollt ihr etwas trinken, bis das Essen kommt? Das Bier ist diesmal hervorragend gut geworden.“: sagt er mit einem breiten Grinsen. „Wenn euch Wein lieber ist, auch damit kann ich dienen.“ Er hebt den Zeigefinger der Rechten. „Doch mein Raka ist unübertroffen. So mild das ihr ihn wie Wasser trinken könnt. Aber davon würde ich euch abraten, trotz der weichen Milde hat es dieser Raka in sich.“

Zunächst tritt ein strahlendes Leuchten in die blau-grünen Augen. Dann verzieht sich der Mund in ein breites, überraschtes, glückliches und dankbares Lächeln. Schließlich gehen Sundaras Arme nach oben, umfassen den Wirt blitzschnell, die Hacken der Stiefel heben sich etwas und Stanchek kriegt einen Kuss auf die Wange.

"Nemec!" sagt sie dann. Es ist kein gewöhnliches "Nemec", die Betonung passt voll und ganz zu der doch überschwänglichen Reaktion der Frau. Dann verlassen die Arme auch schon wieder den Wirt, die Hacken berühren wieder den Boden. "Ich versuche sehr gerne Euer Bier," fügt sie dann hinzu.

Sie sieht sich abermals um. Dann geht sie zu einem Tisch. Es ist der Tisch, der dem Vorovisen gegenüber steht. Dieser scheint nachdenklich geworden zu sein. Vielleicht macht er sich ja ebenfalls Sorgen um die durchgedrehte Blonde. Sundara spricht ihn jedoch nicht darauf an. Einen Augenblick mustert sie den Mann, dann nimmt sie ihren Köcher vom Rücken und hängt ihn über die Stuhllehne. Sie setzt sich auf den Stuhl. Die Asnivala berührt den Boden, zieht an dem Waffengurt. Es dauert etwas, bis sie die Waffe in eine bequemere Position bringt. Ihr Oberkörper geht schließlich nach hinten. Einen Wimpernschlag, bevor der Rücken die Stuhllehne berührt, besinnt sie sich. Es erscheint ihr wenig angebracht, dem gütigen Wirt mit ihrem Blut die Stuhllehne zu versauen. Sie stellt also die Ellbogen auf den Tisch. Ihr Blick bleibt bei dem Vorovisen haften. Es ist kein besonders aufmerksamer Blick, auch kein besonders aufdringlicher. Vielleicht schaut sie auch nur einfach geradeaus und Keresin sitzt zufällig in dieser Richtung. Sie schaut kurz zu Lenari. Dieser Blick ist bewusster, einladender. Dann gehen ihre Augen wieder zu dem Vorovisen. Man wird den Eindruck nicht los, als ob es ein nicht ganz zufälliger Blick sein könnte.

Aufrecht wie er am Tisch sitzt, die Hände locker um den Becher vor ihm gelegt, könnte man meinen der Mann mit dem kurzen Haar dächte entspannt über ein kniffliges Problem nach. Zumindst solange man sein Gesicht nicht sieht. Denn obwohl er sich zu beherrschen weiß, findet die bittere Trauer, die er empfindet, einen Weg auf seine Gesichtszüge. Er achtet kaum auf seine Umgebung, ist im Gedanken bei Ira. Doch es ist noch zu früh, nach ihr zu suchen. Erst als sich die Elurierin mit den grün-blauen Augen ihm gegenüber setzt, nimmt er sie überhaupt wahr. Er verspürt nicht die geringste Lust sich jetzt in höflicher Konversation zu üben, so ignoriert er ihren scheinbar zufälligen Blick. Erst als sie wieder zu ihm sieht und er den Blick erwidert, nickt er ihr grüßend zu. Sein Blick zeigt etwas von der Spannung unter der er steht, obwohl er mit dem Ansatz eines verunglückten Lächelns wohl das Gegenteil erreichen will.

„Ho, ho.“: enfährt es dem beleibten Wirten überrascht aber absolut nicht abgeneigt, als ihn Sundara auf die Wange küßt. „Keine Ursache, gern geschehen. Setzt euch nur. Das Bier kommt sofort.“ Er macht sich auf den Weg zur Theke, nicht ohne eine fragenden Blick auf die Dünne zu werfen. Als er den Krug für Sundara aus einem der Fässer füllt, nimmt er das Gespräch mit Kaar wieder auf. „Servs? Das sind Diener, Knechte, Arbeiter. Ihr könnt sie ganz leicht erkennen. Sie haben keine Haare, weder die Männer noch die Frauen. Sie verrrichten die schweren Arbeiten hier.“ Geschickt zapft er eine ansehnliche Schaumkrone in den Krug. „Ich bin gleich wieder da.“: sagt er und trägt den Bierkurg zu Sundara.
„Laßt es euch schmecken.“: sagt er als er den Krug abstellt und zwinkert der Dunkelhaarigen fröhlich zu, bevor er sich wieder zur Theke begibt.

„Ich hasse es, wenn du Recht behältst.“ Grinst der Riese, der sich mit einem längeren Blick zu Keresin versichert, dass dieser tatsächlich sitzen bleibt und Ira nicht wie gewettet hinterherstürmt, ehe er sich wieder Kaar zuwendet. „Bekommst dein Bier, wenn es wieder was kostet. Wettschulden sind Ehrenschulden.“ Nickt er seinem Bruder zu, dann verwandelt sich die Taverne jedoch in einen Taubenschlag und die beiden Frauen betreten nacheinander den offenen Gastraum. Interessiert rutscht Gronk auf seinem Barhocker herum, sitzen die beiden bärtigen Männer am Tresen und zumindest der Riese richtet sich nun so aus, dass sein Profil in den Gastraum weist und er sich mit dem Ellenbogen locker auf dem Tresen abstützen kann, während er die Neuankömmlinge mustert. Seine Hand gleitet in die Hosentasche, zieht das silberne Etui heraus, aus welchem er erst Kaar eine Zigarette anbietet, ehe er sich selbst eine herausnimmt. Gemächlich steckt er das Rauchkraut an, beobachtet dabei in aller Seelenruhe die neuen Gesichter. „Sklaven.“ Brummt er bei der Beschreibung des Wirtes mit leicht umwölkter Stirn, wirft Kaar einen kurzen Blick zu und kratzt sich dann mit dem Daumennagel unter dem Kinn, ehe sein Blick zu dem dürren Mädchen gleitet, welches nun unmittelbar vor ihnen steht. „Nur auf der Durchreise.“ Ergänzt er mit einem locker gehobenen Mundwinkel. Selbst im sitzen wirkt der Mann einschüchternd gewaltig, ein regelrechter Riese, wenn man den herkömmlichen, menschlichen Wuchs betrachtet, wobei auch seine Breite durchaus beachtlich ist. Der dichte, braune Bart nimmt viel seiner Mimik und lässt ihn noch etwas einschüchternder Wirken, ein Eindruck, den die bunten Tätowierungen noch verstärken, die seine gesamten Arme, die Schultern und den sichtbaren Teil der Brust bedecken. Das Schmunzeln spiegelt sich jedoch in den Augen wieder und nimmt ein wenig des massiven ersten Eindrucks, wenn man sich denn die Mühe macht seinem Blick zu begegnen.

Nachdem der ganze Ort vorher ein Gefühl von Vergänglichkeit und Verfall ausgestrahlt hat, herrscht hier in der Schenke vergleichsweise viel Trubel, auch wenn sich in jeder vergleichbar großen Spelunke in den heimischen Vierteln ein Vielfaches an Menschen herumtreiben dürfte.
Aber der Wirt scheint ein Paradebeispiel eines Inhabers zu sein, der gerne auch einmal handfest mitfeiert. „Habt ihr Raka ?“ erkundigt sie sich vorsichtig, nachdem Stanchek die schlecht formulierte Frage nach der Herkunft wenig erschöpfend beantwortet hat.

Danach wendet sie sich wieder den beiden Männern zu, die am Tresen sitzen. Beide sind derart groß und kräftig, dass sich das dünne Hemd problemlos dahinter verstecken könnte. „Ahja auf der Durchreise ? Von wo wohin ?“ unverbindlicher Smalltalk sieht anders als...von der Statur einschüchtern lässt sich die junge Frau jedenfalls nicht, und klettert kurzerhand auf einen weiteren leeren Barhocker.

Als Schönheit kann man Lenari nun nicht bezeichnen, wobei ein vernünftiger Haarschnitt und besser sitzende Kleidung schon einiges ausmachen könnte. Ein Arbeiterkind, dessen Sprechweise nach Allianz klingt und deren schwieligen Hände wohl zupacken können.

Langsam kommt Stanchek ins Schwitzen, bei der vielen Bewegung. Unauffällig füllt er sich seinen Becher mit Bier aus dem Faß auf und leert ihn. Genüßlich leckt er sich die Lippen und wendet sich dann wieder seinen Gästen zu. Wo nur Ninim blieb? Immer wenn man sie am notwendigsten braucht, ist sie nicht da. Sie scheint einen sechsten Sinn für auf sie zukommende Arbeit zu haben. Da setzt sich die Dünne zu ihm an die Theke und erkundigt sich nach Raka. Stanchek schmunzelt vergnügt. „Ob ich Raka habe? Selbstverständlich habe ich Raka! Den besten weit und breit! Ich brenne ihn selbst. Nur einen Augenblick!“ Der Wirt macht sich an dem kleinsten der Fäßer zu schaffen die hinter der Theke aufgebockt sind und füllt ein Tonkännchen. Mit einem Becher stellt er Lenari das Rakakännchen hin. „Laßt es euch schmecken. Sehr zum Wohl.“ Einen Moment liebäugelt er mit dem Gedanken sich selbst einen kleinen Becher Raka einzuverleiben, dann verzichtet er lieber darauf. Wer weiß wen es heute noch alles in den Silberkrug verschlagen wird. Stanchek sieht sich um und vergewissert sich das seine Gäste versorgt sind. Dann geht er hinaus unter das Vordach und sieht sich nach der Blonden um, kann sie aber nicht entdecken. Er macht sich Sorgen um die Frau, die wirklich nicht gut ausgesehen hat. Vielleicht sollte er mit dem Mann mit den kurzen Haaren reden? Er nimmt sich vor, genau das zu tun, wenn die Blonde nicht bald wieder erscheinen sollte. Die Schatten wurden bereits länger. Mit einem letzten Blick über den Platz kehrt Stanchek wieder in den Schankraum zurück.

Ein überaus freundliches "Nemec" ist die Antwort, als der Wirt das Bier auf Sundaras Tisch absetzt, begleitet von einem herzlichen Lächeln. Dabei bekommen die Augen wieder das Funkeln, das jeden darauf schließen lässt, dass sie, wenn sie denn wollte, wohl so manchen Mann spielend um den Finger wickeln könnte. Bisher hat sie ihre gewinnende, ja betörende Mimik noch wenig zielführend eingesetzt, was freilich daran liegen könnte, dass es noch wenig gewinnbringende Ziele gegeben hat. Sie kostet von dem Bier.

"Bei Mayevas geringeltem Schweif, da habt Ihr aber wirklich ein ganz hervorragendes Gebräu zusammengepanscht," meint sie dann zwar wenig elegant, aber von der Betonung her in keinster Weise beleidigend. Der Wirt geht wieder von dannen, hat er doch an diesem für ihn wohl x-beliebigen Tag eine ausnahmsweise große Zahl von Erstgästen zu bewirten. Und Stanchek wirkt nicht wie ein Wirt, der nicht weiß, dass sich bei dem ersten Aufsuchen eines neuen Gasthauses gerade der erste Eindruck sehr viel auf ein Wiederkommen auswirkt. Kurz folgen ihm ihre Augen, dann kommen sie wieder zu dem Bierglas zurück. Etwas nachdenklich dreht sie das Bierglas in ihrer Hand hin und her, dann fährt sie mit der anderen in ihre Bluse. Sie zieht ein Bündel Etrusha heraus. Mit einer Hand dreht sie sich eine Zigarette. Sie steht auf, geht zur nächstbesten Feuerquelle und steckt sie sich an. Dann kehrt sie wieder zu ihrem Platz zurück und setzt sich. Wieder erschwert die Ansivala den Vorgang ziemlich, und wieder dauert es eine kleine Weile, bis sie die Waffe ordentlich positioniert hat. Dann raucht sie ziemlich nachdenklich an ihrer Zigarette. Immer wieder geht ihr Blick dabei zu Keresin. Schließlich steht sie auf und geht zu seinem Tisch, in einer Hand das Bier, in der anderen die Zigarette. Sie sieht ihn an. Ernst, doch weder unfreundlich noch abweisend, eben wie jemand, der irgend etwas auf dem Herzen zu haben scheint.

"Habt Ihr einen Moment?"

Da der Blickkontakt zwischen ihm und der Elurierin durch den Wirten unterbrochen wurde, der ihr Bier brachte, hat sich Keresin wieder in sich zurück gezogen. So still sitzt er da, daß nur das Heben und Senken seiner Brust einen Betrachter davon überzeugt, daß er keine leblose Figur betrachtet. Seine grauen Augen starren ohne Fokus auf die Tischplatte. Den Becher zwischen seinen Händen berührt er nicht. Erst als die Elurierin an seinen Tisch kommt, reagiert er. Es dauert einen winzigen Augenblick bis sein Blick wieder Fokus hat, mit dem er die Frau vor ihm mustert. Dann nickt er leicht und mit einer knappen Geste weist er auf den ihm gegenüber stehenden freien Stuhl auf dem auch Ira gesessen hatte. „Auch zwei, wenn ihr wollt.“: antwortet er knapp, aber nicht unhöflich. Er zieht den Becher zu sich heran, trinkt aber immer noch nicht, sondern wartet bis sich Sundara setzt. „Was kann ich für euch tun?“: erkundigt er sich. Jetzt ist ihm kaum mehr etwas von der düsteren Stimmung anzumerken, die vorher wie ein Schatten auf ihm gelegen hat.

Sundara gleitet mehr auf den freien Stuhl an Keresins Tisch, als dass sie sich darauf setzt. Wieder verhakt sich die Asnivala am Boden, wieder muss sie sie erst zurechtrücken. Wieder besinnt sie sich im letzten Moment, dass ihre Schulter hässliche Male an dem Stuhl hinterlassen würde. Ihr Bogenköcher hängt nun allein am anderen Stuhl. Sie sieht Keresin an. Sie sagt vorerst kein Wort. Ihr Bier steht auf dem Tisch, sie berührt es nicht. Die Zigarette geht langsam zu dem Mund, sie zieht daran, bläst den Rauch durch die Nase. Und so dauert es eine ganze Weile, bis sie zu reden beginnt.

"Die Blonde," beginnt sie dann, "jemand wird ihr irgendwann helfen müssen. Es ist nicht gut, wenn man den Verstand verloren hat, in Zeiten wie diesen. Wer weiß, wann auch hier Sragon auftauchen. Und irgendwann rennt sie ihnen kopflos vor die Klauen. Und wenn wir hier eine Chance gegen sie haben sollen, brauchen wir auch sie. Sie scheint doch eine Kriegerin zu sein. Es braucht jeden, der irgendwie kämpfen kann, um gegen die Sragon zu bestehen."

Sie sieht Keresin an. Sie wirkt ehrlich besorgt, es ist keinerlei Argwohn darin zu verspüren. Ihr Blick ist tief, tief eindringend, doch das Gegenüber tief darin zu versinken ermöglichend.

„Die Blonde heißt Ira.“: sagt er nachdem sie geendet hat. „Und sie ist nicht verrückt.“ Diesmal schwingt in seiner Stimme einen Unterton von Schärfe mit. „Ich rate euch gut, zieht ihre Kampffähigkeit nicht vor ihr in Zweifel, wenn ihr es nicht auf einen Zweikampf anlegt.“ Erst jetzt hebt er den Becher an den Mund und trinkt einen kleinen Schluck. Als er fortfährt ist sein Tonfall wie üblich freundlich und ein wenig distanziert. „Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr erfahren müßtet, daß ihr nicht nur für Jahre verschwunden wart sondern auch alles was ihr geliebt und geschätzt habt vernichtet wurde? Ich habe ihr vorher gesagt, daß Vorovis ausgelöscht ist, das abgesehen von ein paar Dutzend Flüchtlingen in Esticha niemand mehr das ist und das wir beide wahrscheinlich die letzten Soldaten des Reiches sind. Ich mußte es ihr sagen, sie hat ein Anrecht auf die Wahrheit und sie hat ein Anrecht darauf in ihrer Trauer nicht auch noch beschämt zu werden. In meiner Heimat trauert man nur im engsten Familien und Freundeskreis, nicht in der Öffentlichkeit. Ihr braucht euch keine Gedanken zu machen, ich werde sie suchen gehen, wenn ich annnehmen kann, daß sie sich wieder unter Kontrolle hat, aber auf jeden Fall bevor es dunkel ist.“ Jetzt sieht er ihr direkt in die Augen. „Was die Sragon angeht, gestern hatten sie Esticha noch nicht erreicht. Sie werden erst in ein paar Tagen vor den Mauern stehen. Ich glaube nicht, daß sich hier welche herumtreiben, sonst hätte uns der Wirt sicher gewarnt. Aber wir können ihn ja fragen.“

Zunächst verschmälern sich Sundaras Augen, ein guter Funken Aggressivität schwingt plötzlich zu Beginn mit, als Keresin sie scharf angeht. Ja, fast sieht es aus, als ob sie gleich aufspringen würde, um ihm an die Gurgel zu gehen. Als er dann jedoch fortfährt, weiten sich die Augen zusehends, werden überrascht, ja ungläubig, bevor sie dann in einen Ausdruck absoluter Entrüstung übergehen. Abwehrend hebt sie die Hände, wedelt mit ihnen hin und her, und schließlich ist es auch um die Sauberkeit der Stuhllehne geschehen, als sie doch nach hinten ausweicht und mit ihrem malträtierten Rücken ebendiese berührt. Ein Vorgang, der ihr wohl für einen kurzen Augenblick ein schmerzverzerrtes Gesicht beschert und sie schließlich wieder in die aufrechte Haltung zurückdrängt.

"Nein, nein, nein," sagt sie schließlich, bevor Keresin ganz ausgeredet hat. "Das ist nicht wahr. Das ist überhaupt nicht wahr!"

Sie macht einen Augenblick Pause, zieht aufgeregt an ihrer Zigarette, schüttelt energisch den Kopf, sodass ihre schwarzen Locken hin und herfliegen.

"Die Sragon haben Estichà erreicht, und die vereinten Kräfte von Elurien, Vorovis und Yedea haben die Schlacht der Schlachten gewonnen," sagt sie dann energisch. "Wir haben die Sragon zurückgedrängt, aus Elurien, aus Yedea. Vorovis ist nicht ausgelöscht. Die Vorovisischen Truppen ziehen gegen Vorovis, um die Stadt zurückzuerobern, und es gibt gar nicht so wenige, die auch den Kampf nicht aufgegeben haben, nachdem sich die offiziellen elurischen Truppen zurückgezogen haben, die nach Vobra vorgestoßen sind, um die Sragon aus Yedea fernzuhalten, und auch, um die Truppen Vorovis' zu entlasten, eben, um die Sragon definitiv zu schlagen. Ich weiß nicht, wie viel in Vorovis noch steht, ich war nie da, aber ich weiß, dass Vorovis erst dann ausgelöscht sein wird, wenn wir von den Sragon geschlagen sind. Und ja, wir haben Opfer gebracht, gerade in der Schlacht gestern, aber wenn ich zurückkehre, dann werde ich weiterkämpfen. Das bin ich ihr schuldig, verfrellt noch mal, und so lange noch jemand steht in dem Kampf, so wird auch niemand ausgelöscht sein. Die Opfer waren nicht umsonst, bei Endrakhas geringeltem Schweif, wir werden siegen, und dann wird die Röhre besser werden als je zuvor."

Sie hat sich in Rage geredet, ist gegen Ende immer lauter geworden. Nun hat sie fertig, ihre Faust fährt auf die Tischplatte, dass es durch das ganze Gastlokal rumst. Dann nimmt sie die Zigarette in den Mund, zieht hastig daran. Sie ist etwas außer Atem. Ihre Augen haben einen eigenartigen Glanz bekommen, der jedoch nicht anders zu deuten ist, als ob sie von Tränenflüssigkeit gefüllt sind, die sich noch weigert, über die Wangen zu laufen. Wangen, die vor Aufregung rot geworden sind. Sie nimmt das Bierglas und macht einen guten Zug davon. Dann sieht sie Keresin an, aufgeregt und nicht zuletzt auch etwas verstört.

Unter anderen Umständen hätte er wohl Heiterkeit erregt. Halb war aus seinem Stuhl gefahren und hatte sich dann wieder fallen lassen. Sein Gesicht ist ein Spielplatz widerstrebender Gefühle, als er die Elurierin fassungslos anstarrt. Unglauben, Verwirrung, und Hoffnung, vor allem Hoffnung spiegelt sich seinen Zügen. Aber Keresin ist kein Mann der bereit ist eine Geschichte einfach nur deshalb zu glauben, weil er sie glauben möchte. Vorovisianische Truppen in Elurien? Die Schlacht geschlagen? Unmöglich! Jetzt beginnt er zu begreifen wie sich Ira gefühlt haben mußte. Er war gestern Abend durch die Gassen Estichas gelaufen und gestern war der 10. Aros 235 gewesen. Die Sragon hatten die Stadt noch nicht erreicht gehabt. Dann bricht es aus ihm heraus. „Das Datum! Welches Datum haben wir!“ Wild starrt er Sundara an.

((OOC: Du stellst aber Fragen ;) Ist gar nicht mal so leicht zu beantworten, da ich komplett meine eigene Erinnerung an die Geschehnisse verloren habe. Wenn die Antwort also unrealistisch ist, einfach korrigieren))

Die Bestürzung in Sundaras Augen wächst. Was ist denn los an diesem Ort? Drehen hier alle komplett durch? Wie kommt der denn jetzt auf so eine banale, ja dumme Frage? Was soll sie denn antworten? Sie kommt drauf, dass sie das genaue Datum gar nicht weiß. Sie beginnt nachzudenken. Sie nimmt ihren Bierkrug, macht einen Schluck daraus. Zieht an der Zigarette. Ihr Blick bleibt an Keresins Augen kleben. Dann sagt sie nur kurz: "Müsste so Mitte Ajest sein, oder?"

Sie sieht ihn eine kurze Weile lang einfach nur an, fragend, unsicher, dann steht sie abrupt auf, geht zu ihrem alten Tisch, holt den Bogenköcher. Sie hängt ihn an ihre neue Sitzgelegenheit, setzt sich wieder. Wieder das gleiche Spiel mit der Asnivala. Sie nimmt wieder einen Schluck Bier, zieht an der Zigarette.

"Ja, müsste Mitte Ajest sein, vielleicht der 14. Oder doch erst der 13.? Der 15.? Verfrellte Cacha, wer kann sich bei dem ganzen Scheiß schon einen Tag merken," fährt sie dann fort. Sie wirkt nun ziemlich gereizt, ihr Blick verlässt den Keresins, geht zur Decke. Sie zieht wieder an ihrer Zigarette, bläst den Rauch mit Schwung nach oben, sieht ihn wieder an. "Sagen wir einfach Ajest 239. Genauer weiß ich es grad net."