Forum Übersicht - RE: Einstand - 2

Das Gesicht Stancheks hellt sich wieder auf, als sich Keresin entschuldigt. „Schon gut, schon gut. Jeder hat einmal einen schlechten Tag und die Hitze dazu!“ Er wedelt beschwichtigend mit der Rechten. „Ho, natürlich habe ich einen Roten und einen Guten dazu. Ich…..entschuldigt“ Über Keresins Schulter hat er seine neuen Gäste erspäht. „Willkommen, Willkommen im Silberkrug! Tretet ein und setzt euch! Ich bin sofort bei euch.“: ruft der Wirt, ein Mann um die fünfzig Stürme mit gelichteten Haar, grau und zersaust und einem buschiger Schnauzbart in der gleichen Farbe über dessen beachtlichen Bauch sich eine Schürze spannt. Seine braunen Augen, die von Lachfalten umgeben sind, glitzern vergnügt. „Den Wunsch kann ich euch gern erfüllen, werter Herr!“: antwortet er Gronk nicht viel leiser. „Meine Fässer sind wohl gefüllt. Bestes Bier, das ich selbst braue, Wein von Roalds Hof und die Krönung, feinster Raka, so mild das ihr ihn wie Wasser trinken könnt, was ich euch aber nicht empfehle.“ Bedauern breitet er die Arme aus. „Mit Poraca kann ich euch heute leider nicht dienen, aber auf dem Herd schmort Echseneintopf und dazu gibt es Majeshfladen, frisch gebacken. Höchstens noch eine halbe Jhane und das Essen ist fertig. Und..“ Wichtigtuerisch hebt Stanchek die Rechte mit ausgestrecktem Zeigefinger. „Wie ich diesen Herrschaften schon sagte, ihr seid heute das erste Mal im Silberkrug, euer Einstand sozusagen. Ihr seid heute meine Gäste, eßt und trinkt was euer Herz begehrt. Wollt ihr euch zu euren Bekannten setzten oder nehmt ihr einen anderen Tisch? Was darf ich euch bringen?“

Wein! Als Ira Wein hört lächelt sie. Normaler Weise trinkt sie Bier. Nicht weil es ihr schmeckt. Es ist billig und macht auch besoffen. Der Sold der Garnison ist nicht großartig. Zwar fällt immer wieder etwas daneben ab. Wenn sie dann Geld hat, dann läßt sie sich lieber mit Schnaps vollaufen. Aber das will sie im Moment nicht. Einen kleiner Rausch, nicht übel. Aber nicht sinnlos besoffen, nein. Sie folgt Keresin an den Tisch, als auch sie Schritte hört. Sie dreht sich um. Das Messer hat sie immer noch verdeckt in der Hand. Mißtrauisch mustert sie die beiden Männer. Ira ist nicht klein für eine Frau. 170 Clat wird sie schon groß sein. Ihr strohblonder Schopf ist kurz und unregelmäßig geschnitten. Sicher die Arbeit eines Amateurs. Mit ihren dunkle Augen, gerader Nase, dem kleinen aber vollen Mund schaut sie nicht schlecht aus. Sie ist schlank, aber sichtbar trainiert. Ihre Oberweite kann sich sehen lassen. Sie trägt ein einfaches Kleid das ihre Figur betont. Aber irgendwie paßt sie nicht hinein. Als würde sie nur selten ein Kleid tragen. Sie hört Keresin zu. „Hm, dann wären wir also sieben mit den Ketzern.“:sagt sie. Sie spricht wie Keresin. Eine Vorovisianerin also. Als sie den Hünen reden hört, verzieht sie abschätzig das Gesicht. Sein Nicken ignoriert sie. Sie setzt sich neben Keresin. Das Messer steckt sie jetzt zurück in die Tasche. Sie beugt sich zu Keresin. „Besser wir passen auf. Zuviel Ketzer auf einem Haufen. Da kann nichts Gutes herauskommen.“

„Ihr braut selbst?“ öffnen sich die Lippen des Hünen zu einem breiten Grinsen, während Gronk in einer ausladenden Geste die Arme spannt. „Das klingt äußerst vielversprechend !“ macht der Riese garkeinen Hehl daraus, dass er sich bislang sehr wohlfühlt. Gronk wirft noch einen Blick zu seinem Bruder zurück, dann steuert er den Tresen an und schiebt sich auf einen der Barhocker, der ein wenig vertrauenswürdiges Ächzen von sich gibt. Kurz runzelt sich seine Stirn, als der Wirt anmerkt, sie wären eingeladen, dann sucht er erneut den Blick des Weißhaarigen, ehe er sich durch den Bart krault. „Das ist ein überaus freundliches Willkommen. Zwei Krüge von Eurem Selbstgebrauten, Meister. Auf das Essen warten wir gerne.“ Nickt er dem Dickbäuchigen freundlich zu, stützt dann den Unterarm auf dem Tresen ab und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Kurz bleibt er an den beiden Vorovisen hängen, die sich an einen Tisch zurückgezogen haben und die er selbst wohl nichtmal als „Bekannte“ einschätzen würde, doch verlagert sich sein Interesse rasch wieder auf den Wirt.

Aber ja.“: erwidert Stanchek mit einem breiten Grinsen. „Ich brenne auch selbst. Nur der Wein, der ist von Roald. Ich habe es selbst probiert, aber es ist nur ein grausamer Magensäuerling dabei heraus gekommen. Für so etwas muß man eine Hand haben. Die habe ich nicht für Wein.“ Der Wirt folgt Gronk zur Theke. „Entschuldigt mich nur einen Moment.“: sagt er und macht sich hinter der Theke an einem Faß zu schaffen und füllt einen bauchigen Tonkrug mit rotem Wein, den er mit zwei Bechern zum Tisch bringt an dem Ira und Keresin sitzen. Dann gesellt er sich wieder zu Gronk. Er strahlt übers ganze Gesicht als sein Gast sein Willkommen lobt. „Kommt sofort. Ich heiße übrigens Stanchek“: erklärt er als einen Bierkrug aus dem Regal nimmt und sich auf das Zapfen konzentriert. Den gefüllten Krug mit der Schaumkrone stellt er Grok hin, dann zapft er den zweiten Krug und stellt ihn neben den Hünen. Von der vielen Bewegung hat er einen Schweißfilm auf der Stirn. „Es macht euch doch nichts aus, wenn ich..“: sagt er und hat schon einen Becher in der Hand, den er auch mit Bier füllt. „Heiß heute.“: grinst er und wischt sich über die Stirn.

Viel mehr als ein paar wenige Blicke benötigen die Brüder wohl nicht zur Kommunikation, denn weder ein Nicken, ein Laut oder gar Worte werden gewechselt, bis auch Kaar sich einen der hochbeinigen Hocker zurecht ruckt und an den Tresen setzt. Auch er sieht zu den beiden Vorovisen, als der Wirt diese als ihre Bekannte tituliert und er kommt nicht umhin sich zu fragen, wie der Dicke darauf wohl kommt. Gemeinhin ist sich niemand bekannt, der in zwei Gruppen zu unterschiedlichen Zeiten und sichtlich getrennt eintritt. Nicht einmal ihre Kleidung oder ihr Aussehen oder gar die Aussprache ähneln sich! Aber auch er schweigt dazu und nach einem langen Blick auf Iras völlig desolates Haar dreht er sich wieder zu dem Wirt um.“ Grundgütiger, das arme Mädchen“, murmelt er so leise, dass es die andere Gruppe nicht zwingend hören muss – andererseits ist der Schankraum aber auch nicht gefüllt und dementsprechend leise. „.. wurde wohl noch zusätzlich geteert und gefedert. Dann hätt ich auch schlechte Laune. Und was für eine“ Er nickt dem Wirt zu, als dieser um einen Moment bittet und ein weiters Mal, als er dazu ansetzt sich selbst einen Krug zu füllen. Zusammen mit seinem Bruder hebt er den Humpen an und wartet darauf, dass der Wirt einen Prost ausspricht, bevor er einen Schluck von dem Selbstgebrauten nimmt. „Ordentlich“, das Lob, gänzlich gleich wie es schmecken wird. „Das ist Glück für uns, das wir heute beköstigt werden. Wir wurden ausgeraubt“, verzieht er sein Gesicht zu einem betretenen Ausdruck. „Wir wären heute durstig und hungrig geblieben, wenn es hier nicht so einen ordentlichen Wirt gäbe. Aber um die Geldkatzen ists natürlich schade. Hmmmm…“, dreht er einmal den Humpen nachdenklich im Kreis herum, ehe er wieder aufblickt:“ Sagt Stanchek, ihr wisst nicht zufällig wer dafür verantwortlich ist? Irgendwer treibt sich doch sicher hier herum und erleichtert die unbescholtenen Bürger um ihr hart verdientes Gold. Ich würds gern wieder haben und.. geb gern was davon ab an den, von dem der Tipp kam..“

Leise antwortet Keresin. „Ich weiß, Ira. Aber wir sind garantiert nicht in Vobra. Solange wir nicht wissen, wie das Kaninchon hier läuft, wäre es besser du hältst dich ein wenig zurück. Denk dir was du willst, aber binde es nicht jedem auf die Nase. Wer weiß was wir brauchen werden, um hier wieder wegzukommen.“ Als Stanchek an den Tisch kommt, Krug und Becher hinstellt, bedankt sich Keresin höflich. Er wartet bis der Wirt wieder an der Theke ist. Wieder spricht er so leise, daß ihn nur Ira hören kann. „Du hattest recht mit deiner Vermutung, Ira, ich bin kein Beamter. Ich bin Offizier der Reichsarmee und war mit einem geheimen Sonderauftrag in Elurien. Dort bin ich als Beamter des Beschaffungsamtes aufgetreten um Holz einzukaufen. Es wird wahrscheinlich keine Bedeutung mehr haben, aber bis ich mir sicher bin, will ich meine Tarnung aufrecht erhalten. Das war es was ich dir sagen wollte.“ Keresin schenkt zuerst Ira, dann sich selbst den Becher voll. Dann sieht er Ira in die Augen und lächelt. „Auf dein Wohl.“: sagt er und nimmt einen kleinen Probeschluck aus dem Becher. Es ist ein schwerer, trockener Rotwein mit einer eigenartigen, aber wohlschmeckender Note. Anerkenndend nickt Keresin und nimmt jetzt eine kräftigen Schluck.

Als der Ältere die Bemerkung über die blonde Messerschwingerin fallen läßt, schaut Stanchek zu dem Tisch an dem sie und der Mann sitzt, dann zurück zu den beiden Brüdern. Mit dem Finger deutet er zuerst auf die Brüder, dann auf die Vorovisianer und wieder zurück, schüttelt dann den Kopf. „Entschuldigt, ich dachte ihr seid bekannt, weil ihr...“ Sieht dabei Gronk an“ ...den Mann angesprochen habt.“ Dann hebt er seinen Becher:“ Egal. Herzlich willkommen und auf euer Wohl.“
Der Wirt leert den Becher in einem Zug und leckt sich genüßlich die Lippen. Das Bier ist von der Farbe dunklen Bernsteins, sprudelt nicht stark, hat einen süffig würzigen Geschmack und eine leichte süßliche Note. Er hört sich die Worte des Älteren an, dann lacht er. „Ausgeraubt? Hier? Wer sollte euch hier ausrauben? Nein, da irrt ihr euch sicher. Vielleicht habt ihr eure Geldkatze verloren?“ Dann dreht er sich kurz um und füllt sich wieder seinen Becher. „Aber ihr braucht euch keine Gedanken machen. Ihr werdet schon ein paar Mon finden und wenn nicht, es gibt immer was zu tun, mit dem ihr eure Schulden abarbeiten könnt. Kein Grund zur Sorge.“

„Ich kenne mich auch ein wenig aus – eher mit dem Brennen, als mit dem Brauen!“ erwidert der bärtige Hüne mit einem breiten Lächeln. „Hmm…vielleicht bleibt die Zeit, sich ein wenig auszutauschen.“ Auch er nickt dem Wirt bekräftigend zu, als dieser sich selbst einschenken will und fügt der Bestärkung gar noch ein: „Ich bestehe darauf!“ hinzu. „Die sieht aus, als wär sie an die Inquisition geraten.“ Stimmt Gronk der Meinung seines Bruders weit weniger verhalten zu. „Ach nein warte…ich glaub die rasieren ganz! Aber ist vielleicht schon wieder nachgewachsen! Guck nicht hin, du quälst dich nur selbst.“ Wird dem Weißhaarigen der Ellenbogen in die Seite gerammt und dabei vergnügt gezwinkert. Er hebt seinen Krug simultan zu Kaars, wartet ebenfalls auf die guten Worte des Wirtes und setzt schließlich an, um ein Drittel des Humpens in einem Zug auszuleeren. Stöhnend lässt er das Gefäß auf den Tresen zurück knallen und schwelgt einen Moment lang in dem herrlichen Geschmack, der ihm gerade vorkommt wie Jhoulanas Ambrosia. Vermutlich würde ihm gerade ALLES vorkommen, wie der Nektar der Götter. „Ich bin Gronk und das ist mein Bruder Kaar.“ Übernimmt der Riese etwas verspätet die Bekanntmachung. Er überlässt Kaar das Wort, knallt aber mittendrin seinen Humpen erneut auf den Tisch. „UND OB das schade ist um die Geldkatze!!! Die war nicht gerade mager!“ begehrt er unterstützend auf, brummelt dann aber nur noch mürrisch und nimmt einen weiteren Schluck.

Trotzig ziehen sich Iras Augenbrauen zusammen. Für einen Moment funkelt sie Keresin an. Dann nickt sie widerstreben. „Habs schon verstanden.“: sagt sie. Sie schaut dabei alles andere als glücklich aus. Aber sie lächelt schon wieder, als Keresin gesteht, daß er Offizier ist. „Ich habs gleich gesehen. Das kannst du nicht verstecken. Nicht vor mir. Ich hab neun Jahre auf dem Buckel.“ Interessiert hört sie ihm zu. „Sonderauftrag, Tarnung, dann kanns nur um Spionage gehen. Brauchst mir nicht zu antworten. Ich weiß wie das ist. Kannst dich auf mich verlassen. Ich halte den Mund.“
Sie wartet bis Keresin eingeschenkt hat. Sie hebt den Becher. „Auf die Fünf!“ Aber mit Probieren hält sich Ira nicht auf. Sie kippt den Becher auf Ex. So schnell, daß ihr ein paar Tropfen Wein übers Kinn laufen. Mit einem Seufzer stellt sie den Becher auf den Tisch. Wischt sich mit dem Unterarm übers Kinn. „Verdammt! Das hab ich notwendig gehabt.“

Keresin bekommt einen Hustenanfall. Als er wieder normal atmen kann, schaut er Ira entgeistert an. „Bist du von allen guten Geistern verlassen, Ira? Du kannst doch nicht auf die Fünf trinken. Oder willst du den Kopf verlieren? Den bist du nämlich los, wenn das jemand hört außer mir.“ Er schüttelt den Kopf. „Was ist los mit dir, Ira? Zuerst meldest dich als Rottenführer der Garnison und jetzt läßt die Fünf hochleben? Darf ich dich daran erinnern, daß es keine Garnison mehr gibt, auch die Fünf nicht. Oder bist du eine Anhängerin der alten Ordnung? Ira, das wäre Hochverrat! Du kennst doch die Befehle! Ich müßte dich auf der Stelle exekutieren. Reiß dich am Riemen! Ich bitte dich!“ Leise aber eindringlich redet Keresin auf Ira ein. Keine Drohung nur ehrliches Entsetzen schwingt in seiner Stimmte mit. Er sucht im Blick ihrer dunklen Augen nach irgendeinem Zeichen, das ihm hilft sie zu verstehen.

Jetzt schaut Ira Keresin engeistert an. Dann kommt der Ärger hoch. „Bist du irre, oder was? Hochverrat? Ich hab den Fahneneid geschworen! Dazu steh ich! Wenns sein muß bis zum Tod.“ Ira wird jetzt lauter. „Was ist das überhaupt? Spinnt ihr alle? Zuerst kommt mir die Ketzerin mit dem zerstörten Vorovis! Jetzt du. Was soll das heißen, keine Garnison, keine Fünf? Ist hier was in der Luft das ihr alle durchdreht?“ Ihre Augen blitzen. „Jetzt hör mir zu. Hör mir genau zu. Ich war gestern mit vier Kameraden auf Sauftour. Die sind alle im Blauen Banner! In der ganzen Stadt laufen die Geburtstagvorbereitung. Für die Kanzlerin! Wir haben im Ankertau angefangen. Dann quer durchs Hafenviertel. Irgendwo hats dann ausgesetzt. Heute bin ich hier aufgewacht. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich weiß nicht wie ich hergekommen bin. Aber ich weiß daß ich Rottenführer im Blauen Banner bin und das ich den Fünf diene. Bei Lijans Titten! Ich lüge nicht!“ Zum Schluß ist Ira ziemlich laut geworden. Laut genug das sie jeder hören kann.

Einiges funkelte da in Iras Augen, Entrüstung, Zorn, Verwirrung, aber Falschheit sieht Keresin nicht. Der Geburtstag der Kanzlerin! Der Tag an dem der Jamachan geputscht hatte, der Tag an dem Vorovisianer gegen Vorovisianer gestanden hatte, ein Tag den Keresin nur zu gern vergessen hätte. Ira wird in ihrer Aufregung immer lauter und ihre Stimme ist in der ganzen Taverne zu hören. Keresin kann es einfach nicht verstehen. Vielleicht hatte Ira Recht und es war wirklich etwas hier, daß ihre Gedanken verdrehte. Doch er verbannt diesen Gedanken aus seinem Kopf. Es war auch ohne unbewiesene Vermutungen schwer genug, irgendeinen Sinn in ihrer Lage zu erkennen.
„Ira, ich habe nicht deinen Eid angezweifelt! Ohne schwerwiegende Gründe würde ich das niemals tun. “: redet er beruhigend auf sie ein. Er braucht nicht zu erwähnen, daß es eine tödliche Beleidung wäre, einen Vorovisianer fälschlich des Verrates zu bezichtigen, die nur mit Blut abzuwaschen werden kann. Das wissen sie Beide. „Ich glaube auch nicht das du lügst. Nur...“ Dann unterbricht er sich. Der Gedanke der ihm durch den Kopf geschossen ist, war verrückt, unlogisch und zutiefst verstören, aber das war die ganze Geschichte. Ihr Aufwachen hier in dieser Ruinenstadt, diese Schenke hier mit ihrem Wirt, ganz abgesehen von der Frage wie sie hier her gekommen waren, einfach alles spottete jeder logischen Erklärung. Keresin zögert noch einen Moment, frägt sich ob sie ihn nicht endgültig für verrückt halten wird, sucht nach den Worten in die er seine Überlegung kleiden könnnte. Schließlich gibt er es auf und stellt Ira eine einfache Frage. „Ira, welches Datum hatten wir gestern?“

Wütend schaut sie Keresin an. Erst als er erklärt das er ihren Eid nicht anzweifelt beruhigt sie sich ein bißchen. Aber nicht sehr. Die Einschränk die er macht ärgert sie wieder. Was heißt da nur? Sie merkt den veränderten Gesichtsausdruck. Sie will schon fragen was los ist. Dann fragt er nach dem Datum. Für einen Moment verschlägts ihr die Sprache. Sie schaut ihn fragend an.
„Keresin, was ziehtst du da jetzt ab? Was soll die blöde Frage nach dem Datum? Ja, ich diene in der Garnison. Aber du brauchst nicht glauben, daß ich keine Ehre im Leib hab. Ich lüg nicht. Aber wenn du Spielchen spielen willst, bitte. Gestern war der 28. nein der 29. Omajas. Willst du das Jahr auch wissen? Wir haben 231. Wie späts gewesen ist als wir im Ankertau eingefallen sind, weiß ich nicht mehr. Was willst du noch wissen? Ob ich Unterwäsche getragen hab? Oder was ich getrunken hab?“ Ihr Sarkasmus ist ätzend. „Wars das jetzt?“: erkundigt sie sich. Dann greift sie nach dem Krug und schenkt sich ein.

Das sich sein Magen auf Faustgröße zusammen zieht hat nichts mit Iras Sarkasmus zu tun. Es dauert eine kleine Weile bis er ihre Aussage soweit verdaut hat, daß er wieder Worte findet. Mit beiden Händen fährt er sich durchs Haar, versucht seine Fassung zumindest soweit wieder herzustellen, daß er sprechen kann ohne das ihm die Stimme zittert. 29. Omajas 231! Nach einem stummen Stoßseufzer, sieht er Ira in die Augen. „Ira, ich habe dir zugehört. Jetzt höre bitte mir zu. Ich weiß, daß es in deinen Ohren absolut verrückt und unwahrscheinlich klingen wird, aber ich gebe dir mein Ehrenwort als Offizier der Reichsarmee das ich die nackte Wahrheit sage. So wahr mir Hostinos helfe!“ Er schluckt noch einmal bevor er weiterspricht.
„Am 8. Derrakhan 231, also ein wenig mehr als einen Monat nach deiner Sauftour, am Geburtstag der Kanzlerin, die Feierlichkeiten als Tarunung nutzend, unternahm der Jamachan einen Putschversuch um die Kanzlerin nach dem Muster der elurischen Regentin zur Alleinherrscherin zu machen. In allerletzter Minute hatte jedoch der Reichsprovisor Detori Arana Wind von der Sache bekommen und die reichstreuen Kräfte um sich geschart. Es war auch so knapp genug. Nur der Hierophant überlebte die Anschläge des Jamachans, drei Regenten vielen den Meuchlern zum Opfer. In der ganzen Stadt wurde gekämpft, das Rathaus ging in Flammen auf, aber die Erzverräterin wurde getötet und schließlich die Zitadelle erstürmt. Der Hierophant bestieg den verwaisten Warriagthron als Herrscher, der Jamachan und die Verräter wurde ausgelöscht. Aber um welchen Preis! Vorovisianer kämpfte gegen Vorovisianer und es war ein verdammtes Blutbad! Ich weiß es, denn ich habe an diesem Tag gegen die Verräter gekämpft! “ Er schluckte schwer als die Erinnerung ihn zu übermannen droht. „Ich war dabei, Ira!“

Es fällt ihr schwer zuzuhören. Immer wieder schüttelt sie den Kopf. Iras Augen sind dauernd in Bewegung. Suchen in Keresins Gesicht nach Anzeichen von Lüge oder Wahnsinn. Putsch in Vorovis? Aufruhr und Bürgerkrieg? Sie kann es einfach nicht gauben. „Sag mir das es nicht wahr ist.“: flüstert sie heiser. Aber sie schaut in seine Augen und jede Hoffnung sinkt. Warum sollte er sich so was ausdenken? Ja warum? „Willst du mich fertigmachen?“: sagt sie heiser. „Willst du mich komplett irre machen? Wenn das wahr ist, war ich mindestens 40 Tage verschwunden. Wo war ich? Keresin, wo war ich?“ Iras Herz hämmert wie verrückt. „Wie soll ich dir das glauben?“ Sie greift sich an den Kopf. Für einige Atemzüge lang sagt sie nichts. Dann schaut sie ihn voll an. "Schwörs mir! Schwör mir das es wahr ist!"