Forum Übersicht - RE: 3.Tag/Bei Misaki - 6

Es ist nur ein schmales Lächeln bei dem Gefühlsausbruch Sundaras, das darauf hindeutet das Misaki dieses Zwischenspiel wahrnimmt. Für den Moment sagt sie nichts und widmet sich dem Essen. Erst als sie sich an den gerösteten Fleischstückchen in der pikanten Soße mit verschiedenen Gemüsen satt gegessen hat und ihr Besteck zur Seite gelegt hat richtet sie ihren Blick auf die Elurierin. „Schön das es euch nichts ausmacht, Ira Gesellschaft zu leisten. Ich wollte euch ohnehin darum bitten. Ich komme zwar die nächsten Tage regelmäßig zu ihr, aber es wäre wirklich von Vorteil, wenn sie jemand den ganzen Tag über im Auge behalten könnte und sie von Unsinn, wie zum Beispiel laufen ohne Stock oder heftigen Waffenübungen, abhalten würde.“ Schmunzelnd wendet sie sich an Ira: „Du brauchst mir jetzt nicht zu sagen, das es nicht notwendig ist und du dich auf jeden Fall an meine Anweisungen halten wirst. Morgen wirst du sehr wahrscheinlich keine Schmerzen mehr spüren und ich habe dich trotz Schmerzen durch den Garten humpeln sehen, als wolltest du einen Rekord darin aufstellen.“ Misaki zwinkert ihr zu und oberflächlich betrachtet strahlt Misaki wieder die heitere Ruhe aus, die gewöhnlich von ihr ausgeht. Die ältere Frau stellt ihr gebrauchtets Geschirr auf ein Tablett. „Ich lasse euch jetzt für eine Weile alleine. Ich muß noch einige Vorbereitungen treffen.“ Geschmeidig erhebt sich Misaki und verläßt mit dem Tablett in der Hand die Veranda.

Ira wird rot. Es ist nicht leicht sie in Verlegenheit zu bringen. Aber Sundara hat es geschafft. Im Handumdrehen und ordentlich dazu. „Danke.“: sagt sie leise weil ihr nichts besseres einfällt. Dann stochert sie ein bißchen in ihrem Essen herum. Sundara hat sie wirklich überrumpelt. Erst mit der Asnivala und jetzt das. Erst als Misaki redet, schaut Ira wieder auf. Sie lächelt über die Einschätzung der Älteren. So ganz unrecht hat sie ja nicht. Das Herumsitzen geht ihr schon mordsmäßig auf die Nerven. Erst als Misaki draußen ist sagt sie zu Sundara. „Nochmals danke. Du bringst mich ganz schön in Verlegenheit. Ich….“ Was es auch ist, sie spricht es nicht aus. Erst nach einem kleinen schiefen Grinsen redet sie weiter. „Du kennst mit einfach nicht. Deshalb magst du mich. Kann nur so sein.“ Dann wir sie ernst. „Was hältst du von der ganzen Geschichte? Wer kann einer Frau wie Misaki das Reden verbieten? Wer zwingt sie?“ Ira schüttelt leicht den Kopf. „Das stinkt, sag ich dir. Ärger als ein Kadaver in der Sonne. Hast du den Zorn in ihrerer Stimme gehört? Ich war ja auch hin und wieder stinksauer auf die Garnison. Aber das ist mehr, viel mehr. Das ist schon Haß.“

Sundara lacht kurz verschmitzt auf, und die Augen senden einen kleinen, überaus freundlichen Blitz zu Ira.
„Bist du dir da wirklich so sicher,“ antwortet sie dann etwas ernster, „dass nicht du es ist, der dich nicht so gut kennt? Ich meine, dass du dir so sicher bist, ich könne dich nicht mögen können? Ich sagte dir ja schon, du erinnerst mich einfach ganz stark an eine Person, die ich sehr mochte. Und die sich selbst auch nicht besonders leiden konnte und sich deshalb immer wieder im Weg war. Und, ganz ehrlich, du hast mir noch nie eine geknallt. Insofern scheine ich bei dir ja schon einen Schritt weiter zu sein.“

Dann wird sie wieder ganz ernst. Ihr Blick geht zu der Tür, durch die Misaki eben verschwunden ist. Eine Weile bleiben ihre grün-blauen Augen an der Tür hängen, nachdenklich, während ein Bein ihren Stuhl nach hinten schiebt und schließlich das Knie über der Tischkante auftaucht, die Ferse vor sich auf die Stuhlplatte gelegt. Die rechte Hand kramt schließlich eine Zigarette hervor, die sie gedankenverloren ansteckt.

„Alles hier stinkt,“ sagt sie schließlich, und erst jetzt kehrt ihr Blick zu Ira zurück, legt sich wieder in dieser unnachahmlichen Art in den ihren. „Und was Misaki betrifft, ich sag dir, das Einzige, das ich mich mit Bestimmtheit zu sagen getraue, ist, dass sie eine ganz und gar außergewöhnliche Frau ist. Entweder da gibt es noch jemanden, der noch viel außergewöhnlicher ist, oder aber, der einfach einen ganz ganz langen Hebel in der Hand hat, oder Misaki spielt uns etwas vor, und das zugegebenermaßen sehr sehr gut. Jedenfalls, wenn wir rauskriegen wollen, was hier los ist, wird das kein Kindergeburtstag, da bin ich mir immer sicherer.“

Sie zieht nun an ihrer Zigarette, ohne den Blick von Ira abzuwenden. „Was mich betrifft, ich will wissen, was das hier ist. Aber ich brauche dich dabei. Ich bin mir immer sicherer, dass ich das allein nicht kann. Und... vielleicht finden wir beim Stöbern ja auch was, um deine Asnivala zu bezahlen.“

„Was heißt da ich kann mich nicht leiden? Ich mag mich! Jetzt mit den Zähnen und der geraden Nase sogar sehr.“: schnappt Ira zurück. Dann grinst sie. „ Das mit dem im Weg stehen, da kann vielleicht was dran sein.“ : gibt sie zu. „Aber warum sollte ich dir eine knallen? Damit ich mir tagelang deine verschwollene Visage anschaun kann? Nein danke. Aber reiz mich nicht. Sonst überleg ich's mir.“ Mit ihrem typischen Grinsen schaut sie Sundara an. Als sich ihre Blicke treffen schaut Ira nach einem Moment weg. Daran das sie Sundaras Blick nicht standhalten kann liegt es sicher nicht. Erst nach ein paar Atemzügen schaut sie Sundara wieder an. Ihr Grinsen ist wie weggewischt. Ernst hört sie ihr zu. Dann schüttelt sie den Kopf. „Du kannst mich jetzt für blöd halten wenn du willst. Aber ich weiß, daß sie uns nichts vorspielt. Hier drin weiß ich es.“ Sie tippt sich mit dem Zeigerfinger auf die Herzgegend. „Ich hab keine Ahnung was es ist, aber irgendwas verbindet mich mit ihr. Ich versteh eine Menge nicht, aber das sie aufrichtig ist das weiß ich. Ich spür ihre Trauer und ihren Zorn. Irgendwer hat da einen ganz langen Hebel. Wie du so schön gesagt hast. Wenn wir Keresins Leichen mit einkalkulieren, dann hat dieser Irgendwer auch noch lijanverfluchte Magie im Arsenal. Nein, das wird kein Spaziergang durch die Seidenstrasse.“ Nachdenklich fährt sie sich durchs kurze Haar. „Wenn wir hier schon festsitzen und schön langsam glaub ich das, dann will ich wissen was in diesem Schutthaufen von Stadt gespielt wird. Ich bin mit von der Partie. Außerdem irgendwer muß ja auf deinen süßen, kleinen Hintern aufpassen.“: grinst sie Sundara an.

Sundara grinst, doch wirkt dieses Grinsen gar nichte so belustigt, als es wohl wirken sollte. Der Blick der hübschen Dunkelhaarigen legt sich jedoch noch mehr in den der Ira Verra.

"Der kleine, süße Arsch kann schon einiges aushalten," antwortet sie dann. "Wenn der aus der letzten Scheiße mit den Sragon rausgekommen ist, und das ist er wohl, sonst wäre ich ja nicht hier, dann weiß ich nicht, was den noch kaputtkriegen kann."

Nun jedoch verfliegt auch das Grinsen aus dem Gesicht, der Ausdruck wird nun ziemlich sachlich. Allein der Blick bleibt gleich intensiv, geht keinen Moment aus dem der blonden Schönheit am Tisch. Sie zieht noch einmal an ihrer Zigarette, dann erst kommt sie auf ihre augenblickliche Situation zurück.

"Weisst du, im Endeffekt ist das auch ziemlich einerlei. Wir können Misaki in unsere Pläne so und so nicht einweihen. Entweder du hast recht, und sie würde sich ein Bein für uns ausreißen lassen, dann bringen wir sie in Schwierigkeiten. Oder aber sie ist doch ihrem Vorgesetzten so hörig, dass sie ihm unsere Pläne verraten würde, dann können wir alles vergessen. Ich meine, wir wissen ja nicht, was der alles macht, um an seine Infos zu kommen. Ich will jedenfalls in das verfickte Hauptgebäude rein. Ich will so langsam alles das machen, wovor uns hier alle warnen. Ich meine, die wollen nicht, dass wir hinter das ganze kommen, also machen wir genau das Gegenteil."

Sundara steht nun auf, geht zum Geländer, schaut in den Mittagsregen. Eine Weile lang hat nun Ira also jegliche Gelegenheit, den "kleinen süßen Arsch" zu bewundern. Dann dreht sie sich wieder zu Ira um, zieht an dem Stummel zwischen ihrem Daumen und dem Zeigefinger. Der Ausdruck ist nun wieder weit freundschaftlicher, kumpelhafter, ein leichtes Grinsen umspielt ihre Lippen.

"Wenn du sagst, dass du dich magst, warum bist du dir dann so sicher, dass ich es nicht auch tun könnte? Man mag doch nette Menschen, oder?"

„Die Garde.“. sagt sie trocken auf Sundaras Frage. „Jeder von denen reißt dir den Hintern bis zum Kragen auf. Mir übrigens auch. Verglichen mit denen ist die Armee ein Angelverein.“ Für einen Moment ist sie still. Dann macht sie ein beschwichtigende Geste. „Ich glaub dir schon das du auf deinen Hintern aufpassen kannst. War nicht wirklich ernst gemeint.“ Dann grinst sie. „Aber süß ist er trotzdem dein kleiner Hintern.“ Sie hört Sundara zu und schüttelt dann den Kopf. „Natürlich können wir Misaki nichts sagen. Ich weiß nicht auf wen oder was sie geschworen hat. Aber ich weiß das sie ihren Eid nicht brechen wird. Egal wie sie sich dabei fühlt. Ich versteh das. Wär ungefähr so als hätte es jemand auf die Kanzlerin abgesehen hat und ich soll mitmachen.“ Dann verbessert sie sich. „Oder den Regenten wenns stimmt was Keresin gesagt hat.“ Nachdenklich wiegt sie den Kopf. „Ich weiß nicht. Irgendwie hab ich das Gefühl als ob uns jemand genau dort haben will. Das ganze Gerede von verboten und extrem gefährlich. So als wollten sie uns mit der Nase drauf stoßen. Vielleicht kalkuliert jemand genau mit diesem ausgestreckten Mittelfinger und dem Jetzt-erst-recht. Hast du dir das schon überlegt?“ Sie schweigt während Sundara in den Regen hinausschaut. Als sie sich umdreht schaut sie in Iras dunkle Augen. Sie verzeiht das Gesicht bei Sundaras letzten Worten. „Bei Lijans Titten! Wie sich das anhört! Die nette Tante Ira oder so was in der Art. Da war ja Biest noch schmeichelhaft!“ Ganz kann sie das Grinsen nicht unterdrücken.

Sundara zieht kurz die Augenbrauen hoch, sieht Ira dann belustigt an.

„Dafür, dass sie dir den Arsch bis zu den Ohren aufgerissen haben, ist er ja ganz ansehnlich zusammengewachsen. Ich weiß ja nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber irgendwie scheinen alle hinter deinem Hintern her zu sein, und weniger hinter dem der kleinen Sundara,“ antwortet sie. „Und naja, die kleine nette Tante Ira... da hast du wohl recht, das klingt in der Tat etwas sonderbar. Einigen wir uns also eher darauf, dass die Ira nicht nur so aussieht, dass Delvan dagegen ziemlich unterkühlt wirkt, sondern sonst auch ziemlich in Ordnung ist?“

Sie zwinkert Ira zu. Dann dreht sie sich wieder zu dem Garten, kramt sich noch eine Zigarette hervor und steckt sie sich an.

„Da ist freilich was dran,“ sagt sie dann mit reichlich natchdenklichem Unterton. „Wir hatten da so einen alten Soldaten, der hatte ziemlich was auf dem Kasten, der hat Bücher gelesen, kannst dir nicht vorstellen. Hat mal gesagt, das hieße verkehrtologische Psychie oder so ähnlich. Vielleicht haben die das Buch ja auch gelesen.“

Sie zieht noch mal an ihrer Zigarette, bläst den Rauch in den Regen. Dann dreht sie sich um, setzt sich mit einem Sprung auf das Geländer, sieht Ira ernst an.

„Nur, warum wollen die uns in dem Haupthaus haben? Warum wollen die uns in der Nacht rumlaufen sehen? Ich meine, was bringt es ihnen wohl? Du wirst jetzt sagen, du machst ihnen den Gefallen trotzdem nicht. Da ist ebenso was dran. Aber... so viel ich bisher gesehen habe hier, tagsüber, das ist so viel Friede Freude Eierkuchen, da finden wir nie was raus. Das ist einfach nicht echt.“

Sie zieht noch einmal an ihrer Zigarette, dann fügt sie hinzu: „Ich war übrigens mit Gronk in der Nacht unterwegs. Nicht lange, nur kurz Wasser holen. Und irgendetwas war da in der Nacht, irgendetwas hat uns beobachtet. Ich weiß das, ich habe das gefühlt. Wir wollten einfach nur Wasser holen, haben uns also nicht sonderlich drum gekümmert. Aber eben, irgendetwas geht hier in der Nacht vor sich, was es bei Tag nicht gibt. Und was es nicht gibt, wenn man einfach nur vor einem Haus sitzt und Wache hält. Ich meine, ich habe jetzt zwei Mal Wache geschoben hier. Das zweite Mal habe ich wenigstens ein Kaninchon geschossen.“

„Haben sie auch nicht. So verblödet bin ich nicht mich mit der Garde anzulegen. So viel saufen kann ich gar nicht. War nur ein Beispiel.“ Ira schaut Sundara zweifelnd an. „Wer war hinter meinem Hintern her? Der Wirt.“ Ira schnaubt abfällig. „Der wär auch hinter einem Barangua her wenn es Titten hätte. Und wer ist dieser unterkühlte Delvan?“ Ira versucht gleichgültig drein zu schauen. Aber Sundara merkt wahrscheinlich das ihr das Kompliment gefällt. Sie hört Sundara zu. „Hm, ich hab nur ein einziges Buch zu Ende gelesen. Das wars sicher nicht. Aber man braucht kein Buch dafür. Was die davon haben fragst du? Ganz einfach. Ablenkung! Sie wedeln uns mit einen Köder vor der Nase herum um uns von der richtigen Fährte abzulenken. Ich krieg die Worte Misakis nicht aus dem Kopf. Nichts ist hier wie es auf den ersten Blick ausschaut. Die Schauergeschichten vom Haupthaus….“ Ira schüttel den Kopf. „Die sind wie die Glocke des Ausrufers. Schaut her! Hier bin ich das böse Geisterschloß. Außerdem schauts verdammt groß aus. Da kann man sicher eine halbe Ewigkeit Steine umdrehen.“ Sie zuckt mit den Achseln: „Jetzt frag mich aber nicht wovon sie uns ablenken wollen. Ich hab keine Ahnung. Vielleicht irre ich mich auch. Aber ich werd das Gefühl nicht los, daß die uns wie Baranugas am Nasenring herum führen wollen.“ Ira trinkt einen Schluck Tee. „Das soll auch nicht heißen das wir uns diese Bruchbude nicht ansehen sollen. Ein bißchen stöbern kann nicht schaden. Nur verbeißen sollten wir uns da nicht.“ Dann hört sie aufmerksam zu. Zustimmend nickt sie. „Glaub ich dir aufs Wort. Das mit der Nacht ist was anderes. Der Wirt hat echt Angst gehabt. Das hat der nicht gespielt. Wenn ich wieder voll da bin werden wir uns Lampen besorgen und einen Nachtspaziergang machen. Vielleicht können wir Keresin überreden mitzugehen. Schlecht wärs nicht. Apropos Keresin! Was glaubst du hat er damit gemeint daß diese Metallviecher wer baut? Ich glaub nicht das er bloß so daher geredet hat.“

Sundara zuckt mit den Schultern. Sie zieht an ihrer Zigarette, bläst den Rauch unter das Dach.

„Ich werde aus Keresin nicht schlau,“ antwortet sie. „Ich meine, der ist so verkopft, der sagt kein Wort ohne einen Hintergedanken. Der ist nicht hier her gekommen, weil er einfach auf dich steht - und wenn ich so sehe, wie er dich ansieht, dann tut er das so fix, wie die Welt eine Röhre ist. Der ist hier her gekommen, weil er uns halt ebenso braucht wie wie wir ihn... oder vielleicht sogar ein bisschen mehr, weil er ist allein, und wir sind zu zweit. Und naja, das war ja auch ganz nützlich, was er uns verklickert hat. Das mit den heißen Metallstäben und so. Umso mehr wundert es mich halt, dass er dann plötzlich so eine Roputanscheiße daherfaselt. Ich habe schon viele Handwerker gesehen, die haben die wunderbarsten Dinge hergestellt, und so einiges habe ich auch schon gebaut. Aber von alleine durch die Röhre fliegen, das habe ich noch nicht gesehen. Das ist kein Handwerker. Das kommt direkt von den Göttern. Und ich weiß ja nicht, wie das in Vorovis ist, aber in Estichà ist es meist nicht so gesund, solche Sachen zu behaupten.“

Sie zieht wieder an ihrer Zigarette, schaut Ira nachdenklich an. Dann zuckt sie wieder mit den Schultern. „Du bist Vorovisin, du bist von ihm verurteilt worden. Du musst wissen, ob du mit ihm zusammenarbeiten willst. Ich verlasse mich da auf dich. Aber eines sage ich dir, wenn der mir bei der ersten Gelegenheit eine Klinge zwischen die Rippen haut, dann nimm ich es dir übel.“

Sie grinst sarkastisch bei den letzten Worten, nur um dann wieder ernst zu werden. Sie zieht an ihrer Zigarette, seufzt tief.

„Ich weiß weder ein noch aus. Vielleicht solltest du wirklich mal versuchen, den Wirt unter den Tisch zu saufen. Betrunkene sind ja oft ehrlicher. Vielleicht kriegen wir da mehr heraus. Und, naja, wenn du mir beibringst, wie das geht, dann kann ich dir ja ein bisschen helfen dabei. Außer du sagst, ich wäre da nur hinderlich.“

Ira schüttelt den Kopf. „Da irrst du dich. Der steht nicht auf mich, nicht mehr.“: sagt sie bestimmt. „Ich habs deutlich gespürt als ich mit ihm geredet hab.“ Ira schaut Sundara abwägend an. Aber dann redet sie weiter: „Weißt du, ich hab gleich gewußt das er ein höherer Offizier ist. Schon als wir uns das erste Mal begegnet sind. Seine ganz Art. Die kennt man wenn man bei der Armee war. Naja...“: sie kratzt sich am Ohr. „Ich hab mir gedacht, den angle ich mir. Da hab ich noch gar nicht gewußt, daß er Legat ist. Das wär eine Riesenchance gewesen für mich. Ich bin ja nichts. Rottenführer in der Garnison. Wär ich mit dem zurückgekommen, das wär so gewesen als hätt ich im Kasernenscheißhaus einen Sack Dublonen gefunden. Verstehtst du? Ich hab ihn angemacht. Nicht auf die wilde Tour. Ich wollt ihn geil machen und ihm den Kopf verdrehen. Dann hätt ich ihn hingehalten, bis er weich gewesen wär. Aber was red ich, das kennst du ja. Ist auch nicht schlecht gelaufen. Bis ich im an die Kehle gegangen bin.“ Ira seufzt. „Da ist nichts mehr. Er hats mir deutlich gezeigt. Selbst wenn er mir was vorgemacht hat, was ich nicht glaub, das geht ihm gegen die Ehre. Obwohl er soweit gegangen ist...“ Ira reißt sich wieder zusammen. „Zusammenarbeiten? Weiß ich nicht ob er das will. Aber im Ernstfall könnt ich mir kaum jemand Besseren vorstellen. Der ist gut, glaubs mir. Ich hab da sicher die besseren Karten. Aber ich glaub nicht das er dir an den Kragen geht ohne Grund.“ Dann lacht sie. „Was soll ich dir beibringen? Das Saufen? Aber das nenn ich einmal einen Auftrag. Wirt unter den Tisch saufen. Das gefällt mir.“: grinst sie übers ganze Gesicht.

Sundara beginnt ebenfalls zu lachen. Sie hat die Zigarette fertig geraucht. Sie schnippt den Stummel in den Garten, und mit einem Satz springt sie vom Geländer. Sie kehrt zum Tisch zurück und setzt sich auf ihren Stuhl.

"Nein, nicht das Saufen," antwortet sie dann belustigt. "Ich denke, ich kann schon alleine auch Cervecha in mich reinkippen bis es zu den Ohren rauskommt. Ich meine das andere, das Bezirzen, das Anmachen. Das Sich Herrichten, so dass man möglichst anziehend erscheint. Ich meine, wenn du nicht der Meinung bist, ich wäre eh zu hässlich für so eine Aktion. Ansonsten ist es ja möglich, dass wir zu zweit viel mehr aus einem betrunkenen, möglichst liebestollen Wirt rauskriegen, als du alleine. Du musst mir eben nur sagen, was genau ich tun soll, und wie ich es tun soll. Ich habe da einfach wenig Übung darin."

Je weiter sie gesprochen hat, desto ernster ist Sundara geworden, und keinesfalls erweckt sie den Eindruck, als würde sie das, was sie sagt, nicht genauso meinen - und dass es ihr nicht verdammt ernst damit wäre. Und so ist der Blick, der wie immer tief in Iras Augen vergraben liegt, beinahe flehend zu bezeichnen.

"Was Keresin angeht," fährt sie nach einer kleinen Pause fort, "da denke ich, dass eben der Kopf befiehlt, nichts von dir zu wollen, der Schwanz würde sehr wohl. Aber eben hat der wohl genug Selbstkontrolle, dass der Kopf stets über dem Schwanz steht. Außer eben du schaffst es, dass er dich so respektiert, dass er zur Überzeugung kommt, dass du lebend in jeder Situation nützlicher bist als an irgendeinem vorovisianischen Galgen baumelnd, auf einem Pfahl steckend oder was weiß ich was ihr da unten so für Hinrichtungsmethoden habt. Wenn du das nicht schaffst, müssen wir halt sehen, was aus uns wird, wenn wir erst einmal wieder drüben sind."

Wieder macht sie eine kleine Pause, in der sie Ira ansieht, etwas forschend, absolut vertrauenserweckend, freundschaftlich, intensiv. "Bei mir ist es ja nicht viel anders, um ehrlich zu sein. Die Vorovisen würden mit mir wohl keine so große Freude haben, als Ketzerin, wie du immer so schön sagst. Und die Elurier, naja, da muss ich halt auch schauen. Da gehöre ich halt auch zu den Abtrünnigen, zu den Meuterern, die dem Befehl, nach Estichà zurückzukehren, nicht Folge geleistet haben. Die würden mir wohl ebenfalls den Arsch aufreißen, wenn ich wieder zurückkomme. Und alleine durch Vobra stromern um meine alte Einheit zu finden, das könnte halt auch gehörig ins Auge gehen, sollte die Situation da nicht endgültig unter Kontrolle sein. Und selbst wenn ich sie finde, Chelia ist ja wohl tot, und ich bin plötzlich verschwunden, gerade dann, wenn die Kacke so richtig am Dampfen war. Freudentanz würden die wohl auch nicht aufführen. Ich..."

Sie stockt, wird kurz rot, ihr Blick senkt sich augenblicklich auf die Tischkante. "Entschuldigung," murmelt sie. "Wollte dich da jetzt nicht wieder vollsülzen."

Einen Augenblick verharrt sie, den Blick gesenkt, dann schaut sie Ira wieder an. "Ich meine, es ist schon besser, wenn Keresin mithilft. Sonst ziehen wir es halt alleine durch, wenn du denn willst."

„Du hast echt ein Problem.“: sagt Ira halb im Spaß und halb ernst. „Mit deinen Augen und deinem Blick? Wenn du einem Kerl tief in die Augen schaust ist der streichfähig. Da krieg ich weiche Knie. Einen Hintern zum Anbeißen und auch sonst ein süßes Honigtöpfchen.“ Dann grinst Ira. „Für eine Ketzerin echt nicht übel. Also wo ist das Problem? Hab ein bißchen Selbstvertrauen! Du brauchst dir nur sagen ich bin eine Wucht und süß lächeln. Das langt völlig. Die Kerle sind einfach gestrickt. Was die wollen ist sowieso klar. Du brauchst nur erraten wie sie es haben wollen. Dann hast du sie am Haken. Klappts einmal nicht, dann hast du halt Pech gehabt.“ Dann schüttelt sie den Kopf. „Herrichten? Da fragst du echt die Richtige! Ich hab jahrelang nur Uniform getragen. Die Haare haben mir Kameraden geschnitten. Ab und zu einmal ein bißchen Parfum. Das war's mit herrichten!“

Als Sundara über Keresin redet schaut sie nachdenklich. „Ganz versteh ich ihn selber nicht. Auf den ersten Blick der typische hohe Offizier. Dann kommen solche Sachen wie zuvor. Das war praktisch ein Freibrief für mich solang ich hier bin. Aber nicht nur das. Er ist nicht der schrumpfhirnige Prinzipienreiter. Das er mir nicht mehr an die Wäsche will… Selbstkontrolle gut und schön. Aber irgendwie hab ich das Gefühl das er enttäuscht ist von mir. Es ist...“ Sie unterbricht sich. „Ist ja auch egal. Aber eins ist sicher. Tot will er mich nicht sehen. Sonst wär ich es schon.“ Dann schaut sie Sundara an. „Wenn wir überhaupt hier wegkommen. Langsam hab ich da Zweifel. Aber wenn, dann wartet auf mich das Kriegsgericht. Aber du bist auch nicht viel besser dran.“ Jetzt schneidet sie eine Grimasse. „Jetzt hör schon auf mit der Entschuldigerei! Wenn mich was stört sag ichs dir schon.“ Als sie weiterredet klingt sie nicht mehr bissig. „Ich red mit ihm. Wenn er nicht will, dann ziehen wir die Nummer halt alleine durch.“: sagt sie bestimmt.

Sundara schaut Ira mit großen Augen an. Dann geht ein eigenartiges Glitzern durch ihren Blick, die Mundwinkel zucken nach oben.

"Danke für die Blumen," lacht sie dann, "aber, meine Liebe, du hast weiche Knie, weil Keresin sie dir zerdeppert hat und nicht weil ich dir den Kopf verdrehe..."

Sie wird bald wieder ernster. Sie kramt eine neue Zigarette hervor, steht auf und springt wieder auf das Balkongeländer. Irgendetwas scheint sie dahingehend zu stören, einfach am Tisch zu rauchen. Sie steckt die Zigarette an, zieht einige Male daran. Sie schaut dabei vor sich zu Boden. Sie wirkt nachdenklich. Sie kaut auf ihrer Unterlippe. Dann schaut sie Ira wieder an. Sie schaut entschlossen aus, das Fröhliche von vorhin ist verschwunden. Eine leichte Falte zwischen ihren Augenbrauen deutet sich an.

"Ich will weg von hier," sagt sie. "Jemand hat mich hier her gebracht, ohne mich zu fragen. Dieser jemand soll mich nicht haben. Und dieser jemand wird dafür bezahlen. Ich war lange genug die kleine Sundara, über die man verfügen konnte. Das ist vorbei. Ein für alle Mal. Und wenn wir erst einmal drüben sind, wird sich alles zeigen. Niemand von uns beiden kommt vor ein Kriegsgericht, ohne es zu wollen. Es genügt, einfach nur nicht hinzugehen. Das ist deine Entscheidung. Deine ganz allein."

Sie sieht Ira einen kleinen Moment lang an, dann fügt sie hinzu: "Und sollte Keresin von irgendeiner Ketzerin gekillt werden, kann er dem vorovisianischen Kriegsgericht nichts berichten, und es gibt keinen Grund, dich anzuklagen. Auch das ist deine Entscheidung."

Sie springt vom Balkongeländer in den Garten. Rauchend geht sie nachdenklich im Regen auf und ab. Immer wieder kickt sie kleine Steine weg, die im Gras liegen. Und dies zut sie nun eine ganze Weile. Erst als die Zigarette aufgeraucht ist, kommt sie zurück. Obwohl sie wahrlich nicht großgewachsen ist, springt sie einfach über die Brüstung. Eine Sandale fällt von ihrem Fuß und schlittert unter den Tisch. Ein leichtes Schnauben begleitet ihn auf seiner Reise, dann setzt sich Sundara wieder hin. Mit dem nackten Fuß angelt sie nach der Sandale.

"Wo ist eigentlich Misaki hin?" fragt sie dann unvermittelt und schaut zunächst zu Ira, dann zu der Tür, durch die Misaki vor nun doch schon geraumer Zeit verschwunden ist.

In der Stille, die Sundaras Worten folgt, ist die Stimme Misakis durch Wände und Türe für einen Augenblick hörbar, doch unverständlich. Allerdings ist ihr Tonfall unverkennbar zornig, doch der Ausbruch nur von kurzer Dauer. Dann hören die beiden Frauen Schritte und diesmal öffnet Misaki die Türe ohne anzuklopfen. Ihre Augen blitzen und durch die Maske beherrschter Ruhe hindurch ist ihr der Ärger anzumerken:“ Ich muß mich entschuldigen für die Abwesenheit, aber ich habe Nachricht bekommen, daß es einen Notfall gibt. Jemand ist in eine der alten Fallen gelaufen, die es in der Stadt immer noch gibt. Ich werde dort gebraucht und muß euch für eine Weile alleine lassen. Ich hoffe das ich bald wieder zurück sein werde, aber versprechen kann ich es nicht.“ Mit diesen Worten wendet sich Misaki zum Gehen.

Schnell vergeht das Grinsen als Sundara weiter redet. „Ich will auch weg hier. Das hier ist der verdammte Arsch der Röhre. Aber...“ Ira zögert. „Es ist nicht nur was Misaki gesagt hat. Was du und Keresin erzählt habt...“. Sie schüttelt leicht den Kopf. „Ich hab mir einiges durch den Kopf gehen lassen. Zeit hab ich ja hier. Selbst wenn ich wegkomme, mein Vorovis gibt’s gar nicht mehr. Ich war eine halbe Ewigkeit weiß Lijan wo. Aber versteh mich nicht falsch. Ich geh zurück, wenn ich kann. Und ich werde kämpfen wenn sie mich lassen. Das ist gar keine Frage. Selbst wenn am Ende die Minen warten. Ich habs geschworen. Aber ...“ Ira zuckt mit den Achseln. „Ich weiß nicht wie ichs sagen soll...irgendwie hab ich ein komisches Gefühl. Ich weiß nicht..ob ich in dem Vobra noch zuhause sein werde. Verstehst du was ich sagen will?“ Ira wird von der Stimme Misakis unterbrochen. Dann geht auch schon die Tür auf. „Wenn hats denn erwischt? Jemand den wir kennen?“: erkundigt sich sich bei Misaki.