Forum Übersicht - RE: Marschtritt und Malam - 5

Langeweile ist der Barden Todfeind und so hat sich Javero recht bald eine Beschäftigung gesucht, nachdem die Tür so nachhaltig verschlossen und er alleine geblieben ist. Vor ihm auf dem Tisch türmt sich ein beachtliches Kartenhaus auf, reicht dem sitzenden Barden fast bis zum Kinn. Mit konzentrierter Miene und zwischen die Lippen geklemmter Zunge, setzt er gerade die beiden letzten Karten zu einer Turmspitze zusammen, als der Alte den Raum betritt. So bleibt dieser vorerst auch gänzlich unbeachtet und erst als Javero das grünliche Glühen aus den Augenwinkeln bemerkt, zittert seine Hand unmerklich und das empfindliche Gebilde bricht in sich zusammen. Mürrisch schürzt der Lockenschopf die Lippen und späht zur Tür, wo der hutzelige Mann bereits mit seiner unmissverständlichen Einweisung begonnen hat. Einen Moment lang wird der Fremde aufmerksam gemustert, dann zuckt Javero schmunzelnd mit den Schultern. "Da verlangt Ihr aber eine ganze Menge! Ich werde mir redlich Mühe geben, Großväterchen. Was kann ich denn für Euch tun?" Halbherzig schaufelt Javero die Karten mit den holen Händen zusammen und beginnt sie wieder in ein ordentliches Deck zusammen zu räumen.

[Haupthaus, gegen Mitternacht]

Erst noch ernsthaft willig zu kooperieren und mit der nötigen Bemühung dies auch zu veranschaulichen, wandelt sich der Gesichtsausdruck des Musikers recht rasch in ernste Verwirrung, um schließlich gar etwas dümmlich zu entgleisen und mit glasigem Blick durch den Greis hindurch zu blicken. Erst als dieser mit einer Hebung der Stimmlage eine Frage am Ende seines Monologes verdeutlicht, lauscht der Spielmann wieder auf und blinzelt sich ein paar Mal in den Raum zurück. "Was? Verzeihung, ich habe nach der Sache mit Vorgang RI 7 irgendwie den Faden verloren. Subjekt 04? Bin ich das? Ihr gebt uns ernsthaft Nummern? Das ist echt ein bisschen mmmh...krank, findet ihr nicht? Kann ich vielleicht die 01 sein? Das würde mir irgendwie besser gefallen..." er legt die Unterarme auf die zum Schneidersitz eingezogenen Knie und neigt sich mit einem Grinsen etwas vor. "Also wie war die Frage noch gleich?..."

[Haupthaus, gegen Mitternacht]

Sie kann nicht anders. Sie muß laufen. Bald ist ihre Bluse schweißnaß. Sorge und Zorn treibt sie an. Schon ist sie am Hafen und biegt in die breite Hafenstraße ab. Das einzige bißchen Kühlung ist der Luftzug durch das Rennen. Wird Mandelauge ihr Wort halten? Wird sie Hel heilen? Sie würde sich das Haar abschneiden, bis zur Kopfhaut für eine Antwort. Das Haupthaus ist hell erleuchtet. Als sie die Soldaten sieht wird sie langsamer. Sie bekommt eine Gänsehaut, als sie die Insektengesichter jetzt deutlich sehen kann. Doch stehen bleibt sie nicht. Sie geht die Stufen hoch und ihr Blick huscht von einem Soldaten zum anderen. Dann bleibt sie stehen. „Sichara!“: redet sie den Soldaten an. „Ist Hel Nergal im Haus? Hat man ihn her gebracht? Bitte sagt es mir.“

[Haupthaus, gegen Mitternacht]

Kaum fährt das brennende Zucken durch Javeros Körper, springt dieser mit einem Satz vom Tisch und versucht so viel Abstand wie irgendwie möglich zu dem glimmenden Stab zu bekommen. In Ermangelung an Fluchtmöglichkeiten, trollt er sich in die hinterste Ecke des Raumes, als könne er durch wachsenden Abstand auch die Wirkung des Stabes mildern. Unbehaglich reibt er sich über die Arme, behält dabei misstrauisch den Stab im Auge, welcher offenbar wirken kann, ohne ihn berühren zu müssen. "Exquisit, aha...wie schön..." murrt er leise und scheint nicht vor zu haben aus der Ecke wieder heraus zu kommen. "Ich hab beoachtet, wie sich Hel dieses komische Glasding aufs Auge gelegt hat. Es hat angefangen zu leuchten und er fing direkt an zu zucken, als hätte er Krämpfe. Dann lag er nur noch bleich wie ein Toter da. Ich bin direkt ins Haus gerannt - ich dachte wirklich, dass er stirbt! Hel hatte mir gesagt ich soll das Ding nicht mit bloßen Hände anfassen, also habe ich es mit einem Messer von ihm runter gehebelt." beginnt der Barde die Geschehnisse im Strandhaus zu schildern. "Es gab ein helles Licht...keine Ahnung was da passiert ist. Hel hat geschrien und dann..." der Spielmann hebt matt die Schultern und senkt betroffen den Blick. "Ich wollte ihm doch nur helfen..."

[Im Haupthaus, gegen Mitternacht]

Der Spielmann grunzt trotzig, verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich mit den Schulterblättern gegen die Wand, wobei er einen Fuß anwinkelt, als wolle er es sich in seiner Ecke trotz allem gemütlich machen. "Hmm,ja das verstehe ich. Ich rechne es Euch hoch an, dass Ihr es überhaupt geschafft habt bis Mitternach wach zu bleiben - in Eurem Alter." spöttelt er routiniert, wobei sich fast schon konditioniert seine Muskeln anspannen, als wäre er es schlichtweg gewohnt nach solch einem Scherz Prügel zu kassieren, oder zumindest irgendjemandem ausweichen zu müssen. Bei der Frage runzelt sich die Stirn des Barden und obwohl es so wirkt, als würde er schlichtweg konzentriert darüber nachdenken, zeugt eine ungesunde Blässe um seine Nase davon, dass er die Brisanz der Worte durchaus wahrgenommen hat. Also hängt Hels Leben tatsächlich am seidenen Faden. "Danach..." kommt die Antwort dünn, ist sich Javero einen Moment lang wirklich nicht sicher. Er reibt sich kurz die pochende Schläfe, nickt dann aber etwas fester. "Doch danach! Sie lag schon auf dem Boden, als sie zerbrochen ist." sucht er den Blick des Grauhaarigen und versucht wohl darin zu lesen, ob das nun die gute, oder die weniger gute Information gewesen ist.

[Haupthaus, gegen Mitternacht]

Sie traut ihren Ohren nicht. Hat die Albtraumgestalt wirklich gesprochen? Mit großen Augen starrt sie den Soldaten an. Dann gibt sie sich einen Ruck. Langsam geht sie auf das Tor zu. Sie dreht sich noch einmal um. Will sehen ob der Insektensoldat irgendwas unternimmt um sie aufzuhalten. Aber es geschieht nichts. Sie legt die Hand auf die Klinke und drückt sie hinunter. Ohne Widerstand geht das Tor auf und sie schaut auf die Halle mit dem Stiegenaufgang. Noch einmal wirft sie einen schnellen Blick über die Schulter. Dann macht das Tor zu und ein paar Schritt in die Halle hinein. Die Wache hat etwas von erwarten gesagt. Aber sie kann niemand sehen. So beschließt sie zu warten.

[Haupthaus, Erdgeschoß, gegen Mitternacht]

Vella starrt die Frau an wie eine Erscheinung. Ihr erster Gedanke ist ihr eigenes Haar. Sie ist stolz auf ihr langes Haar. Es will ihr nicht in den Kopf, daß eine Frau sich so herrichten kann. Als sie sich auch noch verbeugt, ist Vella für einen Moment sprachlos. Aber sie folgt dann der Frau im blauen Kittel. Das Zimmer ist teuer möbeliert. Nicht Vellas Geschmack, aber die Möbel sind gediegen. Sie setzt sich. Immer noch verwirrt vom Auftreten der Frau. Als sie das Tablett hinstellt, ist Vella froh über das Wasser. Ihre Zunge klebt ihr am Gaumen. Sie trinkt ein Glas, bevor sie zum Tee greift. Sie schenkt sich eine Tasse ein. Dann schnuppert sie neugierig an dem kleinen Krug. Der Geruch von altem Rum steigt ihr in die Nase. Ganz gegen ihre Gewohnheit gießt sie ein wenig Rum in den Tee. Sie nimmt einen Schluck. Wärme breitet sich in ihr aus. Sie schaut zu der Frau, die wie ein Lakai an der Wand steht. "Ihr müßt doch nicht dort stehen. Setzt euch zu mir! Aber sagt mir, ist Hel hier? Hat man ihn ins Haus gebracht?"

"Wisst Ihr, was dagegen hervorragend hilft?" säuselt Javero dem bissigen Tonfall des Alten liebenswert entgegen. "Die unwissenden Narren nicht im Unwissen lassen. Was kann ich dafür, wenn Ihr Euch in Eurer eigenen Geheimniskrämerei verstrickt? Meine Schuld ist das ganz sicher nicht, ich habe nur getan was mir Mandelauge aufgetragen hat." er verschränkt störrisch die Arme vor der Brust, doch die kurz aufflackernde Erleichterung im Blick des Mannes entgeht ihm nicht. Dessen Worte entlocken dem Spielmann dann aber ein belustigtes Grunzen und es dauert einen Moment, bis dieser realisiert, dass es garkeine Scherzfrage sein soll. "Was ich damit bezwecken wollte...?" er kratzt sich lausbübisch grinsend durch die Locken und zuckt dann mit den Schultern. "Es ist goldig, dass Ihr annehmt ich hätte mehr damit bezwecke wollen, als zu kaschieren, dass ich Scheiße gebaut hab'. Ich wollte nicht, dass jemand mitkriegt, dass ich meine Finger im Spiel hatte, also habe ich versucht meine Spuren zu verwischen, bevor ich los bin um Hilfe zu holen'."

[Haupthaus, Nebenraum, gegen Mitternacht]

"Sie hat aber auch mit keinem Wort erwähnt, dass Hel mit diesem Glas-Ding herumspielen und danach halbtot auf der Erde herumkrampfen wird!" erwidert der Barde ungerührt standfest. "Ihr macht es Euch ziemlich leicht mich als Lügner darzustellen, nur Weil Ihr versäumt habt meinen Auftrag vernünftig zu formulieren und solchen Missverständnissen vorzubeugen." ein kurzer Blick huscht zu dem Leuchtstab, dann schnappen Javeros Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und er schweigt.
Als der alte Mann dann aber Anstalten macht den Raum zu verlassen, löst sich der Spielmann aus der Ecke und umrundet mit langen Schritten den Tisch. "Moment mal! Was soll das heißen, sie wird über meine Schuld oder Unschuld befinden? Wollt Ihr mich jetzt hier festhalten? Für wie lange? Und was passiert wenn sie denkt ich bin schuldig?"