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<-Schenke

Alle, die sie bislang kennengelernt hat, treiben sich gerade am Platz der Tänzerin oder in der Nähe herum, alle scheinen den ersten Eindrücken nach genauso wenig über die Situation zu wissen wie sie selbst. Bislang hat sie sich auch selbst durchs Leben geschlagen, deshalb überquert Lenari den Platz mit weiten Schritten und steuert willkürlich auf eine der abzweigenden Straßen zu.

Geisterlichter ! Klar ! Und dazu noch eine verlassene Stadt, verfallen und öde. Die Götter haben sich wahrlich einen bösen Scherz erlaubt oder schlicht ein bisschen zuviel Rauschkraut inhaliert...

Hatte der komische Kauz von Wirt vorher nicht irgendetwas von einer Schmiede erwähnt ? Vielleicht wäre der Besitzer dieses Gewerks gewillter, ein paar Fragen zu beantworten. Da die junge Frau keine Ahnung hat, wo besagte Schmiede zu finden ist, streift sie auf gut Glück durch die verzweigten Gassen, es ist ja erst Nachmittag. Was soll da schon passieren in einer Stadt, in der niemand wohnt.

Ziellos wendet sich die junge Frau in Richtung Norden und folgt der Straße, immer auf der Suche nach einem weiteren Ansprechpartner. Ein lautes Klirren lässt sie wenig später innehalten und eine der Abzweigungen nehmen, immer in Richtung des nun lauter werdenden Geräusches. Vorbei an einem Haus, dass anscheinend bewohnt wird, hin zu einem weiteren halb verfallenen Gebäude, in dem wohl gearbeitet wird. Ein paar Schritte davor bleibt sie stehen und betrachtet den kleinen Schmelzofen, der vor sich hin raucht, vom Besitzer ist auf den ersten Blick nichts zu sehen. „Sichara ! Ist jemand hier ?“ Suchend blickt sie sich um, sucht zwischen den Stapeln an Gerümpel und Schrott nach dem Werkstattbesitzer.

Auf den ersten Blick sieht es hier nacht totalen Chaos aus. Beim näheren Hinsehen aber kann man erkennen, daß hier durchaus eine gewisse Ordnung herrscht. Schrott und Gerümpel ist säuberlich nach Material getrennt. Das Klingen des Schmiedehammers wird vom Geräusch einer Säge untermalt, das aus dem anderen Gebäude dringt. Zuerst rührt sich nichts, als Lenari ruft, dann aber hört sie eine laute, tiefe Stimme die einer Frau gehört. "Ich kann jetzt nicht weg vom Amboß. Wenn du was willst von mir, dann komm rein." Wieder klirrt der Schmiedehammer auf Metall.

Als tatsächlich eine Antwort zu hören ist, atmet Lenari erleichtert auf und sucht sich vorsichtig einen Weg zwischen den einzelnen Stapeln hindurch. In dem Gerümpel findet sich sicher der ein oder andere nützliche Gegenstand, aber freche „Selbstbedienung“ schafft wohl nicht gerade gute Voraussetzungen, so dass die junge Frau alles schön am festgelegten Platz lässt und gleich darauf das zweite Gebäude betritt, welches wohl die Werkstatt darstellen soll.

Schon draußen ist es wahrlich warm genug, doch hier ist noch spürbar heißer, sprühen Funken bei jedem wuchtigen Hammerschlag. „Kann ich was helfen ? Was halten oder so ?“ hört die Meisterin ihre Besucherin zwischen zwei Schlägen vorsichtig anbieten.

Das Gebäude das Lenari erblickt ist nicht viel mehr als eine Ruine. Das Obergeschoß besteht nur mehr aus einem Mauerrest, im Erdgeschoß ist bis auf eine Art Pfeiler eine Längswand komplett entfernt. Im Hintergrund glüht eine Schmiedeesse, hängen Werkzeuge in Regalen, den Blasebalg bedient ein bis auf den Lendenschurz nackter, schweißüberströmter Mann dessen Kopf völlig kahl geschoren ist und davor steht der große Amboß. Der muskelbepackten Frau, die daran arbeitet und ihr den Rücken zuwendet wird nur ein Wort gerecht, gewaltig! Sie ist sicher zwei Vat groß, wenn nicht noch größer, Schultern fast so breit wie die des Hünen Gronk, wie Taue treten ihre Armmuskeln hervor als sie den Hammer schwingt. Bis auf ein Lendentuch und die dicke Lederschürze der Schmiede ist sie nackt. Lenari kann den breiten Streifen grünschillernder Schuppen sehen, der sich von ihrer Hüfte bis zum Hinterkopf erstreckt. Ihre Haut glänzt vom Schweiß wie eingeölt. Noch einmal schlägt sie zu das die Funken spritzen und dann steckt sie die Klinge, an der sie arbeitet, in das Becken neben dem Amboß. Zischend steigt dichter, elendiglich stinkernder Dampf auf und hüllt sie für einen Moment ein. „Bin gleich soweit.“: tönt es aus der sich setzenden Wolke. Die Frau trägt die Klinge zur Esse und steckt sie am Rande, dort wo die Hitze gering ist in die Kohlen. Dann dreht sie sich um und kommt auf Lenari zu. Enorme Brüste wogen unter der Schürze, doch sie passen zu der Schmiedin, die trotz ihrer riesenhaften Gestalt proportioniert und fraulich wirkt. Lachend stemmt sie die Fäuste in die Hüfte und schaut auf Lenari herab. „Was willst du mir helfen? Du hebst dir doch schon am Hammer einen Bruch.“ Lenari fallen die geschwungenen Reihen kleiner Schuppen auf, die bei der Schmiedin die Augenbrauen ersetzten. „Ich bin Shasla. Brauchst du was?“

„Es gibt bestimmt auch kleinere Hammer. Auch nicht ganz so große Leute brauchen Werkzeuge.“ Die halbe Portion ihr gegenüber grinst nur bei Shaslas Bemerkung – ein selbstironisches Schmunzeln, ist das Argument der Schmiedin kaum zu entkräften. Klein und zäh wirkt die junge Fremde, sicher kein behütetes Fräulein aus gutem Hause, eher ein Straßenmädchen, darauf deutet jedenfalls die schäbig wirkende Kleidung und der schlechte Haarschnitt hin. Lenari tritt einen kleinen Schritt zurück, um besser zu der wesentlich größeren Schmiedin aufsehen zu können. „Ich bin Lenari. Ich bin hier...gerade erst angekommen und suche nach einer Bleibe. Ich habe Euch hier arbeiten gehört und dachte, vielleicht könntet ihr mir einen Tipp geben.“

„Schon richtig. Aber das ist meine Schmiede. Ich hab die Werkzeuge für mich gemacht, nicht für Hänflinge wie dich.“. Das Grinsen nimmt dem gutmütigen Spott auch die allerletzte Spitze. Als ihre Besucherin einen Schritt zurücktritt sagt sie. „Keine Angst ich fress dich schon nicht auf.“ Das Grinsen der Sramen wird noch breiter. Lenari kann jetzt die vernarbten Brandwunden an ihren Unterarmen sehen, die sich wie Spinnennetze über ihre Haut ausbreiten. „Lenari heißt du.“: stellt die Schmiedin fest. Dann lacht sie, als Lenari etwas von Bleibe sagt. „Mädchen du kannst dich hier breit machen, wo du willst, wenn dich keine verschlossene Türe daran hindert. Hier gibt’s eine Menge Platz. Oder du versuchst es bei Stanchek im Silberkrug. Ist nicht weit. Nur die Straße links runter, bis du auf den Platz der Tänzerin kommst, dann siehtst du den Schuppen schon.“

„Ich bin sowieso nicht besonders schmackhaft...denke ich...zuviel Knochen und zu wenig Fleisch.“ antwortet Lenari mit einem Lachen. „Ja da war ich schon, also bei Stanchek.“ bestätigt sie gleich darauf mit unverbindlichem Lächeln, geht aber nicht weiter darauf ein. „Ihr macht aber auch Werkzeuge für..hm..die anderen Leute hier oder ? Also...“ sie deutet vage mit der Hand in Richtung Straße. „Ich hab hier ja noch nicht besonders viele Bewohner gesehen, aber irgendwer wird hier ja noch wohnen, oder nicht ?“ Fragend legt sie den Kopf ein wenig schief und deutet dann auf die zahlreichen Brandnarben. „Zumindest einen Heiler habt ihr sicher – die sehen ganz schön fies aus.“

Wieder ertönt das laute herzliche Lachen der Schmiedin. „Ja, dich muß man erst in Speck wickeln bevor man dich runter würgen kann.“: feixt sie übers ganze Gesicht. „Ich mach alles, Werkzeug, Waffen, was so anfällt.“: sagt sie und deutet dann mit dem Daumen auf das zweite Gebäude aus dem das Geräusch einer Säge zu hören ist. „Ruki und seine Leute kümmern sich um die Holzarbeiten“ Shasla nickt zur Bemerkung Lenaris über die Bewohner. „Viel sind wir nicht, aber ein paar wohnen schon hier. Ständig meine ich.“ Dann lacht sie wieder. „Das sind bloß Kratzer. Sieht nur so wild aus, weil ich schon eine ganze Weile am Amboß stehe. Ein wenig Öl drauf und paßt schon. So was wie eine Heilerin haben wir, ja. Frag mich aber nicht wo sie wohnt, das weiß keiner. Sie ist einfach da wenn man sie braucht.“

Aufmerksam hört Lenari zu, jede noch so kleine Information über diesen seltsamen Ort scheint interessant. „Wieso wohnen hier denn so wenige ? Hier ist doch Platz für viel mehr Bewohner ?“ Die Schmiedin scheint jedenfalls kein Problem darin zu sehen, hier in einer halben Ruine zu arbeiten und in einer Stadt zu wohnen, die ihre besten Zeiten anscheinend lang hinter sich hat. „Hättet ihr auch ein Messer für mich... vielleicht leihweise ? Auch wenn das für euch wohl eher ein Zahnstocher sein dürfte.“ sie schaut betreten auf den Boden und scharrt ein wenig mit den Füßen. „Ich hab aber kein Geld, aber ich kann arbeiten, wirklich.“ Unsicher zieht sie den Kopf ein, wohl in Erwartung einer abschlägigen Antwort.

Achselzuckend hebt die Schmiedin die Hände. „Keine Ahnung, war sicher nicht immer so. Aber hier taucht immer wieder jemand auf. Manchmals sind es die schrägsten Vögel, die kein Wort verstehen und herumlaufen wie Verrückte. Aber die Meisten verschwinden die wieder, nicht viele bleiben.“ Prusten lacht Shasla los, als sich Lenari erkundigt, ob sie sich ein Messer borgen kann.
„Mädel, seh ich wie eine Messerverleiherin aus?“: lachend schüttelt sie den Kopf. „Was willst du denn haben? Etwas zum Butter aufs Brot schmieren oder etwas zum Halsabschneiden?“: erkundigt sich die Schmiedin während sie Lenari ungeniert von Kopf bis Fuß mustert. Für einen Moment überlegt sie. „Was kannst du denn? Kannst du kochen?“

Die unverhohlene Musterung zeigt der hünenhaften Schmiedin eine klein gewachsene, dünne und braungebrannte junge Frau mit schwieligen Händen. Die alten abgetragenen Stiefel und eine knielange dunkle Hose passen recht gut, das schmutzig-graue Hemd scheint eine Nummer zu groß und hängt locker herab. Als Shasla zu lachen beginnt und die Bitte nicht rundweg ablehnt, hebt sie hoffnungsvoll den Kopf. „Na eher letzteres, wenn hier schräge Vögel rumlaufen. Steine werfen ist nicht immer erfolgreich.“ gibt sie unumwunden mit einem Achselzucken zu, ehe sie sich ein wenig gerader hinstellt. „Ich hab in einer Schänke gearbeitet, Kochen, Bedienen und so. Also vergiftet hab ich noch niemanden.“ entgegnet sie auf die letzte Frage der Sramen.

Die Schmiedin läßt ein Brummen hören, dann nickt sie. „Also gut, Lenari, komm ich zeig dir was ich da habe.“ Sie dreht sich um und stapft hinein in die Schmiede. Bei einem Gestell, indem Pijuvas und Ansnivalas stecken, bleibt sie stehen. „Das sind keine Meisterwerke, aber gute, solide Klingen, auf die du dich verlassen kannst.“ Sie zieht drei kurze Klingen aus dem Gestell und legt sie auf einen Werktisch. Eine davon hat eine Form, die Lenari höchstwahrseinlich noch nie gesehen hat. Die Klinge ist etwa 25 Clat lang, einschneidig aber die Spitze sieht aus als wäre sie in schrägem Winkel abgeschnitten und dann angeschliffen worden. Die beiden anderen Klingen sind zweischneidige Dolche, einer etwas kürzer und mit schmalerer Klinge, einfach und schmucklos gearbeitet. „So, sag mir welche du haben willst und ich sag dir was ich dafür haben will.“: fordert sie die Schmiedin auf.

Das Nicken führt zu einem hoffnungsfrohen Lächeln, umgehend folgt Lenari auf dem Fuße. Weiter drinnen in der Schmiede steigt die Hitze wieder an, an die die Schmiedin wohl gewohnt ist, die junge Frau jedoch ins Schwitzen geraten lässt. Sie lässt ihre Blicke neugierig über die einzelnen Arbeitsplätze schweifen, ehe die beiden vor dem Werktisch stehenbleiben. „Darf ich ?“ kurz die Zustimmung abwartend, greift die Brünette vorsichtig nacheinander nach den drei Messern und wiegt sie in ihrer schmalen Hand. Keine Expertin, aber eine gewisse Übung kann die Schmiedin darin erkennen, stellt solch eine kleine Klinge doch das naheliegendste Hilfsmittel eines Stadtbewohners dar – schmal, leicht und gut bei sich zu tragen.

Die einschneidige Klinge scheint ihr etwas zu lang zu sein, der kürzere zweischneidige Dolch dagegen hat es ihr angetan. Keine spektakuläre Angriffswaffe, eher wohl als Verteidigungswaffe für Notfälle gedacht. „Die gefällt mir.“ meint sie nach einer Weile und legt den Dolch wieder auf den Tisch. „Was wolltet ihr dafür ?“

Im Gegensatz zum scheinbaren Chaos um das Gebäude herum herrscht in der Schmiede Shaslas peinliche Ordnung. Der Werktisch auf den sie die Dolche legt, ist mit Eisenblech beschlagen, daß die Spuren langen Gebrauches trägt. Die Schmiedin sieht Lenari zu, als sie den Dolch auswählt. „Gute Wahl.“: sagt sie. „Den hätte ich an deiner Stelle auch genommen. Wie für deine Hand gemacht.“ Sie schlägt nach einer Mücke, die sich auf ihren Oberarm gesetzt hat. „Was ich dafür haben will?“: sagt sie und schaut auf Lenari herunter. „Kochen kannst du, hast du gesagt. Gut! Ich mach dir einen Vorschlag. Ich hab eine Echse daheim hängen. Die muß ausgelöst und das Fleisch zum Trocknen hergerichtet werden. Das hat aber Zeit bis Morgen. Ich leg noch eine passende Scheide für den Dolch drauf, wenn du uns heute ein ordentliches Abendessen kochst. Fleisch gibt es in Hülle und Fülle, Gemüse und Gewürze auch. Wenn du möchtest kannst du die Nacht bei mir im Haus bleiben, denn heute Nacht würde ich an deiner Stelle nicht durch die Stadt streuen. Also was ist? Schlägst du ein?“ Sie hält Lenari ihre Pranke hin.