Forum Übersicht - RE: Erkundungstour - 4

Shasla seufzt: „Ich weiß, ich weiß. Das Dumme ist nur, daß ich schlecht aufhören kann, besonders…..“. Sie unterbricht sich. „Ist ja egal. Ob Vierzehn Geschwister hat? Ich habe keine Ahnung, wahrscheinlich, denn die Servs sehen sich verdammt ähnlich. Sie haben statt Namen Nummern. Ob es sich einfach so eingebürgert hat oder sie tatsächlich von ihren Eltern nummeriert werden weiß ich nicht. Sie reden nicht darüber, das heißt wenn sie überhaupt reden. Sie verstehen jedes Wort das man zu ihnen sagt, aber aus irgendeinem Grund sprechen sie nicht gern. Weiß die Göttin warum.“ Auch Shasla füllt sich jetzt ihre Schüssel mit Brei. Dazu nimmt sie einen Löffel von den getrockneten, kleingehackten Früchten, einen von den gehackten Nüssen und etwas Honig. Nachdem sie gekostet hat, rührt sie noch etwas Honig in ihren Brei. „Nach dem Frühstück zeig ich dir dann die Echse, die zu zerlegen ist. Vierzehn wird dir helfen, damit du nicht alles suchen mußt.“ Die Schmiedin leert noch einen Becher Tee. „Wenn du willst sage ich dir sie soll dich nachher zum Lantisgarten führen, damit du dir die Hütte ansehen kannst.“ Immer noch durstig schenkt sie sich Tee nach und trinkt einen kräftigen Schluck.

„Servs ?“ das Wort ist Lenari offenbar gänzlich unbekannt. „Hab ich noch nie gehört...sind das hier die ..hmm.. Bediensteten ?“ setzt sie denn auch umgehend hinzu, während sie ihren Brei löffelt. „Sicher das erledige ich nachher wie ausgemacht und das mit der Hütte wäre wirklich nett von Euch, vielen Dank. Dann kann ich dort vielleicht meine ganzen Reichtümer lagern,“ fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu, besitzt sie doch nur das, was sie tags zuvor am Strand bei sich getragen hat.

Kauend nickt die Schmiedin. „Ja, soetwas in der Art. Sie verrichten alle Arbeiten für die es keine besonderen Fähigkeiten oder Ausbildung braucht. Die Meisten leben bei Roald draußen, aber in der Stadt gibt’s auch ein paar. Bei Stanchek arbeiten zwei oder drei und bei mir auch.“ Durstig trinkt sie ihren Becher leer. „Laß es langsam angehen, du mußt dir wegen der Echse keinen Fuß ausreißen. Ausgenommen ist sie schon, du mußt sie nur zerlegen und die besseren Fleischstücke in dünne Streifen schneiden.“ Shasla schenkt sich wieder Tee ein. „Nichts zu danken, macht mir ja keine Mühe. Schau dir das Haus an. Zieh ein wenns dir gefällt. Der Garten ist voll mit verwilderten Lantis. Aber wenn es dir nicht paßt, kannst du gern noch ein paar Tage hier bleiben.“

„Rumsitzen bin ich nicht gewohnt...keine Arbeit, kein Lohn und ein hohler Magen.“ erwidert Lenari mit einem Schulterzucken, während sie ihren leeren Teller zur Seite schiebt und nach einer der kleineren Schüsseln greift. „So lecker frühstücken übrigens auch nicht,“ fügt sie noch hinzu, was bei der dünnen Statur auch so offensichtlich ist. . Die Übernachtung in einem gemütlichen Bett hat ihr sichtlich gut getan, die Verwirrung und Besorgnis des vergangenen Tages erscheinen im hellen Sonnenschein nicht mehr ganz so wild. Was Unterkunft und Verpflegung angeht, hat sie sich an diesem fremden Ort – zumindest bis jetzt – im Vergleich zu vorher deutlich verbessert. In einträchtigem Schweigen widmen sich die beiden ihrem Frühstück, ehe sich die junge Frau zufrieden zurücklehnt und in den hellen Morgen blinzelt. „Habt ihr eigentlich hier Nachtwächter oder so was in der Art ?“ erkundigt sie sich nach einer Weile unvermittelt. „Ich bin heute nacht kurz aufgewacht und dachte...naja als wäre da draußen jemand. Irgendetwas hat grün geleuchtet – ich hab zwar noch nie grüne Laternen oder sowas gesehen, aber vielleicht gibt’s das ja hier.“ fügt sie noch erklärend hinzu.

„Etwas zu Arbeiten findet sich schon für dich, keine Angst.“: sagt die Schmiedin zwischen zwei Schlucken Tee. „Und den Magen bekommst du dabei auch voll. Aber ganz wie du willst.“ Shasla angelt sich eine von den Früchten und beißt hinein. „Nachtwächter?“: frägt sie mit vollen Mund und ißt den Bissen auf, bevor sie weiter redet. „Wozu einen Nachtwächter……..“ Doch als Lenari von dem grünen Leuchten spricht, wird die ohnehin nicht gesunde Gesichtsfarbe Shaslas um noch eine Spur bleicher. „Grünes Leuchten? Möge uns die Macht Ksotos beistehen!“: stößt sie hervor. „Wo hast du das Licht gesehen. Wo?“ Das Gesicht der Schmiedin hat einen gehetzten Ausdruck angenommen.

Lenari dreht den Teebecher in Händen und will gerade einen Schluck nehmen, als der Becher bei Shaslas Reaktion auf halbem Wege zum Stocken kommt. „Ähmm...draußen ? Ganz kurz nur war da so ein komisches Glühen... ist das was Schlimmes ?“ erwidert sie vorsichtig und legt fragend den Kopf ein wenig schief, während sie den Becher wieder zurück auf den Tisch stellt. „Aber ich hab noch halb gepennt, vielleicht wars ja auch nur Einbildung.“ versucht sie die offenkundig besorgte Reaktion der Schmiedin abzuschwächen.

„Einbildung? Nein, Mädchen das war keine Einbildung, ganz sicher nicht.“: schüttelt die Schmiedin ihren kahlen Kopf und im Gegensatz zu Lenaris Bemühen scheint ihre Besorgnis zu wachsen statt besänftigt zu werden. „Wo hast du das Leuchten gesehen? War es nahe oder weit weg? Versuch dich zu erinnern, Lenari, es ist wichtig und es ist kein Spiel oder eine Verrücktheit von mir, das kannst du mir glauben.“ Shasla hat sich ein wenig vorgebeugt. „Dieses Leuchten..dieses Glühen, das ist das Geisterlicht und wo dieses Licht ist, da sind die Yurei nicht weit. Erinnere dich Mädchen, wo hast du es gesehen?“: sagt sie eindringlich. Ihre Augen, die an den Lippen Lenaris hängen, füllen sich langsam aber merkbar mit Tränen.

Unwillkürlich lehnt sich Lenari ein wenig zurück, als sich die umso viel größere Schmiedin vorbeugt und dabei mehr als beunruhigt wirkt. Da war es wieder dieses Wort..Yurei...damit kann der Neuankömmling absolut nichts anfangen, daher wirkt Shaslas Sorge um so ansteckender. Als diese dann auch noch die ersten Tränen fließen, verflucht sich die Brünette im Stillen, beugt sich wieder vor und greift nach Shaslas Hand. „Ich wollte Euch nicht beunruhigen, echt...“ ein wenig ratlos zuckt sie mit den Schultern. „Ich bin heute nacht wach geworden, keine Ahnung wieso. Da war so ein heller grüner Lichtschein im Zimmer...es kam von draußen, hat durch die Fensterläden durch geleuchtet. Ich bin aufgestanden und hab rausgeschaut, aber da war es schon wieder weg. Sonst hab ich nichts gesehen, also bin ich wieder schlafen gegangen.“

Die Schmiedin hört Lenari zu ohne sie zu unterbrechen, sie zuckt auch nicht zusammen als die junge Frau die Hand auf ihre legt. Für einen Moment greift Shasla nach der Hand die auf der Ihren liegt. „Du verstehst mich nicht, Mädchen. Ich bin es nicht die besorgt sein muß, daß gilt dir.“ Sie wischt sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und in ihren Zügen zeichnet sich jetzt Entschlossenheit ab. „Ich weiß nicht ob es an diesem Haus liegt oder ob ich es bin auf der der Fluch liegt. Ich habe Erji nicht geglaubt und alles als Legende und alte Mythen abgetan, bis die Yurei sie mitten in der Nacht geholt haben, aus diesem Haus, aus unserem Bett. Ich mag dich, Mädchen und ich will nicht schuld sein, daß dir das gleiche Schicksal widerfährt. Unter Tags bist du sicher, sie kommen nur nachts, aber Erji hat gesagt, daß es Plätze gibt an denen sie auch bei Tag sehen. Du mußt raus aus diesem Haus! Vergiß die verdammte Echse, den Dolch schenke ich dir. Vierzehn wird dir etwas zu Essen und was du sonst noch brauchst zusammenpacken und dich in den Lantisgarten führen. Bis zur Dämmerung mußt du ein Versteck haben für die Nacht. Vielleicht hast du Glück und sie finden dich nicht. Wenn du mich sehen willst, dann komm auf keinen Fall hier her, komm zu mir in die Schmiede.“ Shasla ruft nach Vierzehn.

Einen Moment lang starrt Lenari die Schmiedin derart ungläubig an, als würde diese eine fremde Sprache sprechen. Flüche ? Geister ? Und wieso mit einem Mal verstecken ? Kurzzeitig hat es ihr wohl die Sprache verschlagen...doch statt Tränen oder großer Wutanfälle fängt sie völlig unvermittelt an leise zu lachen. Wahrlich kein vergnügliches Gelächter, eher ein verhaltenes, beinahe resigniertes Lachen bekommt Shasla zu hören. „Wäre auch zu schön gewesen, Essen und Wohnen für lau, kein Ärger mehr...danke dass ihr mir den Tag dann doch versaut. War fest zu erwarten.“ Mit einem Kopfschütteln steht die Brünette auf. „Aber ihr werd mich sicher nicht einfach so von irgendwelchen komischen Erscheinungen holen lassen, da könnt ihr sicher sein.“ Schon ruft die Schmiedin nach ihrer Bediensteten, währenddessen Lenari in das kleine Zimmer läuft um sich anzuziehen. Kurze Zeit später kommt sie wieder hinaus auf die Veranda, gekleidet in ihren alten Klamotten, ergänzt um den neuen Dolch. In ihrem Gesicht spiegeln sich Sorge und Beklemmung, aber auch eine gute Portion Wagemut und pure Dickköpfigkeit. “Morgen komm ich euch in der Schmiede besuchen.“ meint sie mit trotziger Miene.

Als Lenari der Schmiedin ins Gesicht lacht, verhärten sich Shaslas Gesichtszüge und auch sie steht auf. „Lach mich ruhig aus, es ist dein Arsch nicht der Meine. Sie sind hinter dir her, nicht hinter mir. Wenn du zu blöd bist das zu kapieren, dann soll es mir recht sein.“ Sie wendet sich Vierzehn zu, die soeben auf die Veranda tritt. „Pack ihr etwas zum Essen zusammen und führe sie zum Lantisgarten. Du weiß wo das ist?“ Die Kahlköpfige nickt. „Gut.“: sagt Shasla. „Wenn du sie abgeliefert hast, dann komm zurück und zerlege die Echse die unten hängt.“ Sie nickt Vierzehn zu und stampft ohne ein weiteres Wort ins Haus hinein. Als Lenari auf die Veranda tritt wartet die Kahlköpfige auf sie Mit einer Geste bittet sie Lenari ihr zu folgen. In dem Augenblick als sie das Haus betreten kommt Shasla angezogen aus dem Schlafzimmer. „Verspotten kann ich mich selbst, dazu brauche ich dich nicht. Also bleib mir vom Leib.“: läßt sie kurz angebunden Lenari stehen. Sie sagt auch nichts mehr Weg hinaus auf die Straße. Vierzehn bedeutet Lenari zu warten und geht in die Küche. Mit einem in Tuch eingeschlagenen Päckchen kommt sie zurück, daß sie Lenari reicht. Dann deutet sie in einer stillen Einladung auf die Eingangstür.

„Glaubt ihr echt ich halte das für lustig ? Für einen amüsanten Scherz ?? Dann habt ihr wahrlich schon zuviel Rum in Euch hineingeschüttet !“ hört sie Lenari noch rufen, während sie bereits mit großen Schritten davonstapft. Mit einem frustrierten Schnauben tritt das Mädchen unterdessen nach einem der hölzernen Hocker, der krachend durchs Zimmer schliddert, ehe sie ohne Begutachtung des Inhaltes nach dem Päckchen greift und Vierzehn zum ersten Male direkt ansieht. „Danke.“ ihre Stimme klingt gepresst, voll mühsam unterdrückter Emotionen, ehe sie auf dem Absatz herumdreht und ebenfalls auf die Straße hinaus läuft, von der Schmiedin ist schon nichts mehr zu sehen. „Knallt einem einfach sowas vor den Latz und nennt mich dumm, vielen Dank auch.“ Von ihrer Führerin in die richtige Richtung dirigiert, laufen die beiden schweigend zum avisierten Ziel – die eine wohl sowieso recht wortkarg, die andere gedanklich mit allem anderen beschäftigt, nur keiner Unterhaltung.

Es ist ein Durchschnittsgesicht, daß Lenari entgegensieht, wenn man vom fehlenden Haar absieht. Eines jener Gesichter, die man im Gedränge auf dem Markt sieht und schon ein paar Atemzüge später wieder vergessen hat. Bemerkenswert sind jedoch die Augen in der Farbe hellen Bernsteins, fast schon golden. Als sich Lenari bedankt, deutet Vierzehn eine kleine Verbeugung an und übernimmt draußen auf der Straße die Führung. Sie scheint keineswegs ungehalten zu sein, daß Lenari den ganzen Weg schweigt. Sie kommen an einem überdachten Brunnen vorbei, folgen der Straße Richtung Osten und biegen bei der ersten Abzweigung rechts ab. Nach ein paar dutzend Vat stehen sie vor einer recht gut erhaltenen Gartenmauer in der das Tor fehlt.

--→ Lantisgarten