Forum Übersicht - Abgeschlossene Spielzüge » Nachtlager

Sobald Keresin und Ira Sundara ebenfalls auf dem Platz der Tänzerin gefolgt sind, bleibt diese stehen. Sie dreht sich zu den Beiden um. Ihr Blick birgt ein gehöriges Maß an Missfallen: zusammengezogenen Augenbrauen, große Augen, zusammengekniffener Mund.

"Wenn ihr mich fragt," meint sie dann, "ich traue dem Wirt keinen Vat weit. Ich kann mir zwar gut vorstellen, dass er uns nicht absichtlich täuschen will, aber irgendetwas ist bei dem doch nicht in Ordnung. Der lebt seit was weiß ich wie lange hier, und weiß nicht mehr über diese Stadt als wir selbst? Ist nie weiter als 2 Wegjhane von hier weg gewesen, weil er keine... KARTE hat? Und das alles in einer Betonung und einem Gesichtsausdruck, als würde in diesem Moment irgendein Gott oder Dämon oder was weiß ich ihn leiten? Nein, ich denke, alles was der uns gesagt hat, können wir ganz ruhig bei Seite schieben und sollten uns unser eigenes Bild von diesem Kaff hier machen. Insbesondere sollten wir diese Umgebung erkunden, die ja so überhaupt und voll und gar unbekannt zu sein scheint. Wäre doch gelacht, wenn es keinen Weg zurück gäbe. Ich hoffe doch nicht, dass wir irgendwo in der Westwildnis gelandet sind. Und als Nächstes würde ich gerne herausfinden, was es mit dieser Schönen, die im Dunkel thront auf sich hat. Aber vielleicht wissen wir da ja morgen früh mehr."

Sie schaut von Keresin zu Ira und wieder zurück.

"Jedenfalls sollten wir zusehen, dass die ruhig glauben, dass wir das alles einfach für gegeben halten," fügt sie noch hinzu. "Ich glaube nicht, dass es irgendetwas bringt, wenn wir hier jemand weiß Gott wie in die Mangel nehmen. Eher werden sie dann misstrauisch uns gegenüber, und dann erfahren wir erst recht nichts mehr."

Mit der Lampe in der Hand kommt Ira hinterher. Als die Elurierin stehen bleibt hält auch sie. „Naja, wenn ich ihn mir vorknöpfe könnten wir sicher sein, dass er nichts weiß. Und wenn er was weiß dann redet er garantiert. Aber stimmt schon. Solang wir nicht wissen mit wem wir es zu tun haben gehen wir es besser vorsichtig an .“ Ratlos zuckt sie mit den Achseln. „Ich hab keine Ahnung wer das sein soll die im Dunklen hockt. Vielleicht nur eine Redensart. Oder irgenein Götze den sie hier anbeten.“ Sie schaut Keresin an. „Also ich weiß nicht wie du das siehst. Aber ich besorg mir morgen als erstes eine ordentliche Waffe. Ich krieg ein lästiges Kribbeln zwischen den Schulterblättern, so ganz nackt. Dann können wir uns von mir aus die Füße schief laufen. Aber laßt uns gehen, sonst wird es wirklich noch dunkel.“

Zustimmend nickt Keresin. „Machen wir. Zuerst die Schmiedin und dann sehen wir dazu, das wir einen Weg finden hier wegkommen.“ Er sieht zu Sundara. „Die ganze Geschichte samt den Wirten stinkt wie ein toter Fisch in der Sonne, da gibt es gar keine Frage.“ Dann setzt er sich in Bewegung. Das Haus mit der rotbraunen Türe ist nicht zu übersehen. Keresin rückt das Messer in seinem Hosenbund zurecht, um im Notfall schnell ziehen zu können, dann steckt der den Schlüssel ins Schloß und dreht ihn um. Ein leises Klicken ertönt und die Türe läßt sich problemlos öffnen. Keresin schaut in einen dunklen Flur und läßt Ira mit der Lampe an sich vorbei und dann Sundara. „Dann machen wir zuerst einmal einen Rundgang.“ Der Flur führt gerade aus in einen größeren Raum. Rechts entlang der Außenmauer, in der ein kleines, vergittertes Fenster eingelassen ist das ein wenig Licht spendet, erstrecht sich eine Abzweigung, die zu einer hölzernen Treppe ins Obergeschoß führt. Der Flur weist links und rechts je eine Türe auf. Die Rechte öffnet sich in einen Lagerraum, mit Gerümpel, einigen Regalen und Kisten, die Linke führt in die Küche, die mit einem gemauerten Herd, einem steinernen Becken, zwei Tischen und Regalen ausgestattet ist. Auf einem der Tische finden sich zwei Öllampen, die Keresin mit Lampenöl aus seiner Tasche füllt und mit Iras Laterne anzündet. Eine gibt er Sundara, die Andere behält er selbst. Im hinteren Teil der Küche führen vier Treppen hninter zu einem kleinen Vorratsraum, der abgesehen von ein paar Gefäßen leer ist. Auch die Küche ist nur spärlich mit Holzgeschirr und zwei Kesseln ausgestattet. Der große Raum in den der Gang führt, weist zwei große Fenster und eine Flügeltüre hinaus auf die Veranda auf. Sowohl Fenster als auch die Türen bestehen aus Holzrahmen, in denen hölzerne Lamellen eingelassen sind, die sich mit einen einfachen Schieber öffnen und schließen lassen. Keresin öffnet nach der Reihe die Blenden an Fenstern und Türen. Draußen dämmert es schon. Der große Raum ist fast leer, nur ein Tisch und ein Stuhl teilen sich mit einigen Tonflaschen eine Ecke. Ein Blick hinaus auf die Veranda zeigt ihnen einen Tisch und Stühle und auf der anderen Seite eine geschnitzte hölzerne Sitzbank. Der Garten ist zwar nicht völlig verwachsen aber einigermaßen verwildert.

Zurück im Haus steigt Keresin die Treppe hoch, die in einen kurzen Flur führt. Etwa zwei Vat nach der Treppe führt rechts eine Türe in einen größeren Raum, der bis auf eine Truhe und einen Sessel leer ist. Auch hier öffnet Keresin die Blenden und im schwindenden Licht zeigen sich zwei in die Decke eingelassene Eisenringe. Der Flur führt weiter in einen kleineren Vorraum. Rechts führt ein türloser Durchgang in einen größeren Raum, der etwas besser eingerichtet ist und zwei Fenster so wie eine Türe aufweist, die hinaus auf einen Balkon führt. Auch hier öffnet Keresin die Schubblenden an Fenstern und Türen. Ein Schreibtisch mit Stuhl, Regale, einige Truhen und ein kleiner Tisch mit zwei Sesseln machen den Raum fast wohnlich. Keresin öffnet die Türen und tritt hinaus auf den großen Balkon, der jedoch nicht überdacht ist. Von hier aus kann man einen kleinen Pavillion sehen, der sicher das Badehaus ist und etwas entfernt davon den Abtritt. Zurück im Zimmer bleibt noch eine Türe auf der linken Seite des Zimmers, die in ein weiteres Zimmer führt, das zum Großteil mit geflochtenen Matten ausgelegt ist. Bahnen feiner engmaschiger Gaze bilden an eisernen Ringen an der Decke befestigt ein Zelt, das den Schlafplatz auf weiteren geflochtenen Matten vor lästigen Insekten schützt. Ein niedrige geschnitzte Truhe und ein kleines Tischchen auf dem eine unglasierte Vase steht, die ein geschmackvoles Gesteck aus trockenen Zwiegen enthält und ein Rollbild aus feinem Stoff, das ein Portrait einer Frau mit exotischem Gesichtschnitt zeigt, vervollständigen die Einrichtung. Über allem liegt eine dünne Schicht Staubes. „Gar nicht so übel.“:meint Keresin der sich das Portrait näher ansieht und es ist nicht klar ob er damit das Gemälde oder das Haus meint. Dann dreht er sich zu den beiden Frauen um. „Was meint ihr?“

So machen sie sich also auf zum Haus. Vor demselben nimmt Sundara ihren Bogen aus dem Köcher und spannt ihn auf. Ein Pfeil wird aufgelegt. Dann betreten sie das Haus, Keresin geht voraus, Sundara bildet die Nachhut, stets bereit auf ungebetene Gäste zu schießen. Dadurch macht sie freilich den Großteil des Rundgangs im Rückwärtsgang. Die Lampe streift sie sich dabei einfach über den linken Arm. Dadurch wird es wohl über der Lampe etwas heiß werden, aber es scheint auf jeden Fall auszuhalten zu sein. Es ist in ihrem Gesicht nicht auszumachen, ob ihr das Haus jetzt besonders behagt oder nicht. Wenn man einmal von ihrem Gehabe absieht, das ganz darauf schließen lässt, als ob sie sich im Feindesland befände. Die zwei in die Decke eingelassenen Eisenringe führen dann aber doch ein gehöriges Stirnrunzeln herbei.

"Eines ist sicher," meint sie dann, "ich habe wenig Lust, morgen früh an diesen Ringen aufgehängt zu sein. Wissen die Götter, wozu diese Ringe sonst da sind..."

Dafür scheint ihr der Raum mit den Matten schon mehr zu behagen. Kurz entflieht sie der kriegerischen Haltung, geht in die Knie und prüft die Weichheit der am Boden ausgelegten Matten. Freilich, ein fürstliches Himmelbett ist es nicht, doch für jemanden, der es gewohnt ist, im Freien und dort einfach irgendwo zu schlafen scheinen sie doch einen schier unerreichbaren Luxus darzustellen. Dementsprechend zufrieden ist auch das Lächeln, das der Raum auf ihr Gesicht zaubert. Dafür lässt sie das Bild, das Keresin so anzieht, vollends kalt. Als sich Keresin nun an sie und Ira wendet, ist es Sundara, die zuerst antwortet.

"Hätte nicht der komische Wirt dieses Haus vorgeschlagen, ich würde es für fast perfekt halten," antwortet sie. "Die Veranda eignet sich recht gut zum Wachdienst. Wenn wir den Tisch umkippen, bietet er Deckung, und man hat eine gute Aussicht über den Garten. Auf allen anderen Seiten würde ich allerdings Türen und Fensterläden verriegeln. Man kann alleine nicht vier Seiten eines Hauses ordentlich überwachen, also sollten wir zusehen, dass etwaige Gefahr nur von einer Seite droht. Also, von mir aus können wir ruhig die erste Nacht hier verbringen, und morgen schauen wir weiter."

Sie sieht nun zu Ira, gespannt darauf, was sie dazu sagt.

Kaum über der Schwelle hat Ira ihr Messer in der linken Hand. Wieder hält sie Messerrücken an Unterarm, Spitze nach Oben. Zuerst leuchtet sie, damit Keresin und die Elurierin etwas sehen können. Als die anderen Lampen brennen, stöbert kurz durch die Küche. Im großen Zimmer mit der Türe nach draußen, nimmt sie sich die Flaschen vor. „Mist! Leer.“: stellt sie fest. Auf die Veranda geht sie nicht. Im Obergeschoß entspannt sie sich dann immer mehr. Die Ringe an der Decke fallen ihr auch auf. Als Keresin die Tür aufmacht geht sie hinaus auf den Balkon. Sie schaut sich genau um. Im Zimmer mit dem Netz weiß sie dann wozu die Ringe angebracht sind. „Das Zimmer da drüben muß auch ein Schlafzimmer sein.“ Sie deutet auf das Netz. „Dafür sind die Ringe. Nicht blöd!“ Sie steckt ihr Messer weg. „Paßt.“: sagt sie zu Keresin. Als Sundara ihren Vorschlag macht, überlegt sie kurz. „Ich weiß nicht.“ Sie kratzt sich einen Mückenstich. „Wenn du mich fragst, ich sag das Obergeschoß. Vom Balkon hast du ein besseres Schußfeld. Der einzige Zugang ist die Stiege. Unten haben wir zwei große Fenster, die Tür auf die Veranda. Nicht zu vergessen, die Eingangstür. Der Lattenkrempel da..“: sie deutet auf die Fenster. „...hält niemanden auf. Ein Tritt und das Zeug ist aus dem Weg. Hier oben haben es Angreifer schwerer. Sie müssen die Treppe hoch. Die kann leichter gehalten werden, als das große Zimmer unten. Also ich bin für Oben.“

Sundara scheint mit den Ausführungen Iras nicht ganz zufrieden zu sein. Sie wiegt den Kopf hin und her, zieht den Mund etwas schief.

"Daran habe ich auch gedacht," sagt sie dann. "Aber die Treppe ist nur dann gut zu verteidigen, wenn ein eventueller Angreifer auch die Treppe zu erobern sucht. Wenn er allerdings einfach unten bleibt, dann sind wir oben eingeschlossen. Was das Schussfeld angeht, ist der Vat Erhöhung der Veranda für die Ausmaße des Gartens absolut ausreichend. Der Vorteil wäre dann halt, wenn die Angreifer die Veranda attackieren, und sie sind in der Überzahl, könnten wir halt auf der anderen Seite des Hauses entkommen. Wenn wir oben sind, brauchen die nur das ganze Haus in Brand zu setzen, und wir werden gegrillt wie ein Majina-Braten. Haltet mich jetzt für verrückt, aber wenn ich uns in dieser Nacht den Garaus machen wollte, ich würde genauso vorgehen."

Schließlich zeigt sie auf ihren Pfeilköcher, in dem noch genau vier Pfeile stecken.

"Und ewig viele Angreifer kann ich hiermit eh nicht abhalten."

Sie sieht zu Ira und dann zu Keresin.

"Ein Fenster ist übrigens sehr leicht zu verteidigen. Kaum steckt jemand den Kopf durch, hat er ein Messer im Hals. Ich meine, ich will niemandem etwas vorschreiben, und wenn ihr euch nach oben zurückziehen wollt, bin ich natürlich dabei..."

Sie lässt den Satz unvollendet, sieht nun zu Keresin, darauf wartend, dass er auch seine Meinung dazu kundtut.

Ruhig hört sich Keresin die Argumente der beiden Frauen an. Sundaras Befürchtungen hält er für an den Haaren herbei gezogen, denn wer würde ihnen schon das Haus über dem Kopf anzünden wollen? Hier wo niemand das Übergreifen eines Brandes verhindern würde, hieße das dieses Stadviertel vermutlich samt der Schenke abzufackeln. Außerdem wer wäre so verblödet seinen Kopf durch das Fenster eines belagerten Hauses zu stecken? Für gewöhnlich sprang man die Stiefel voraus durchs Fenster. Aber so wichtig war ihm die Angelegenheit nicht, um einen ernsten Streit von Zaun zu brechen. „Ihr seid die Bogenschützin. Wenn ihr sagt, daß für euch die Veranda ideal ist, dann soll mir das recht sein.“ Für einen Moment überlegt er. „Die Küche hat auch nur einen Eingang, ist also auch gut zu halten, wenn man uns in die Zange nimmt und wir uns dorthin zurück ziehen müssten. Wer will die erste Wache übernehmen?“

Füße zuerst, Kopf zuerst, für Sundara war klar: Wenn jemand durch ein Fenster in ein Haus eindringt, so ist er während des Durch-das-Fenster-steigen nicht in der Lage, sich ordentlich zu verteidigen, und ob der Messerstich in den Hals, in die Leistengegend oder in den Rücken trifft, ist für den Eindringling dann auch von sekundärer Bedeutung. Aber letztendlich hat sie noch selten Häuser verteidigt, ist ihre Kampferfahrung doch zum Großteil auf offenem Feld erlangt worden. Und da sie ja die Gedanken Keresins nicht erraten kann, wird sie auch nichts darauf erwidern.

"Ich kann gerne die erste Wache übernehmen," sagt sie also. "Sollte es brenzlig werden, schreie ich, so laut ich kann, dann könnt ihr euch in die Küche zurückziehen, während ich versuche, so lange wie möglich die Stellung zu halten. Inzwischen haut ihr Euch aufs Ohr - und ich sage es euch gleich: Ich bin eine ganz lausige Hebamme..."

Freilich verzieht sich ihr Mund beim letzten Satz zu einem breiten Grinsen. Dann geht sie auch schon auf die Veranda. Mit einiger Anstrengung kippt sie den Tisch zur Seite. Die Beine sind zwar etwas wackelig, die Platte ist jedoch aus massivem Holz gezimmert, und sollte ihr ausreichende Deckung gegen irgendwelche abgefeuerten Pfeile bieten. Sie zieht dann den Tisch vor die Tür der Veranda. Und um das Wegschieben des Tisches für einen etwaigen Angreifer wenigstens etwas zu erschweren und zu verlangsamen, legt sie die Stühel rund um den Tisch. Sie nickt zufrieden. Besser kriegt sie diese improvisierte Barrikade mit den bescheidenen Mitteln nicht hin, und das ganze Mobiliar des Hauses will sie nun doch nicht opfern. Sie spannt ihren Bogen auf und legt ihn neben sich auf den Boden. Dann setzt sie sich hinter dem Tisch auf ihre Fersen. Der Tisch hat genau die richtige Breite, die nicht sehr großgewachsene Frau praktisch zur Gänze zu verdecken, und doch kann sie über die Tischkante sehr gut den Garten überblicken. Es würde einen wahren Kunstschuss brauchen, sie aus dem tiefergelegenen Garten über die Kante hinweg ernsthaft zu treffen. Es dauert eine kleine Weile, bis sie mit der Bequemlichkeit ihrer Haltung einverstanden ist. Dann dreht sie sich um.

"Gute Nacht, ihr Beiden," sagt sie dann, bevor sich ihre Aufmerksamkeit wieder dem Garten widmet. "Ich wünsche eine angenehme Nachtruhe!"

Iras Blick auf Keresin ist nicht freundlich. Aber sie fügt sich ohne Widerspruch als er sich für Unten entscheidet. Aber dann wird sie böse. „Zurückziehen wenns brenzlich wird?“: schnappt Ira. „Wofür hältst du mich? Für eine Elurierin? Die verdammte Küche ist die letzte Stellung.“ Sie funkelt Sundara böse an, reißt sich dann aber zusammen. „Schrei wenn sie uns angreifen. Dann werden wir sie zurückschlagen, gemeinsam. Überrennen sie uns, dann halten wir das Drecksloch von Küche gemeinsam. Oder wir fallen gemeinsam.“ Ira meint es ernst. Zu dem Scherz mit der Hebamme verzieht Ira nur das Gesicht. Sie sagt nichts dazu. Sie schaut sich die Kerze in ihrer Laterne an. Dann stellt sie sie auf den Boden. „Weck mich wenn die Kerze ausgeht. Sollte ungefähr hinkommen. Ich nehm die zweite Wache.“ Sie rechnet nicht mit Protest. Die Mittelwache ist unbeliebt. Weder vorher noch nachher bekommt man genug Schlaf. „Ich seh mich noch ein wenig in der Hütte um. Dann leg ich mich aufs Ohr.“ Sie schaut zu Keresin und macht ihm ein Zeichen mit dem Kopf. Sie will mit ihm reden. „Dann paß schön auf.“: sagt sie Richtung Sundara und geht in die Küche.

Es ist ein leicht anzügliches Grinsen mit dem Keresin auf die Bemerkung Sundaras reagiert. Als Ira gereizt die Elurierin wegen der Zumutung anfaucht, sich abzusetzen im Falle eines Angriffs, nickt Keresin zustimmend. „Genauso werden wir es halten wenn wir angegriffen werden. Die Wache gibt Alarm und dann stellen wir uns gemeinsam dem Feind.“ Wie zu erwarten gewesen war, wehrt er sich auch nicht dagegen, daß Ira die zweite Wache übernehmen will. Er sieht Sundara noch durch die geöffnete Türe dabei zu, wie sie sich mit den Möbeln verbarrikadiert, dann läßt auch er ein „Gute Nacht!“ hören und folgt Ira.

Wohl zieht Sundara gehörig die Augenbrauen zusammen, sagt aber nichts zu der nicht gerade diplomatischen Ausdrucksweise der Ira Verra. Wie sie nun aber hinter ihrem Tisch hockt, die Augen auf den Rand des Gartens gerichtet, denkt sie etwas darüber nach. Irgendwie wird ihr klar, warum Elurier und Vorovisen wohl nie zusammenkommen werden. Sundara hat keine Ahnung, ob sie nun Elurierin, Yedeitin oder wer weiß was ist. Jedenfalls befremdet sie die Logik der blonden Vorovisin. Eine Stellung halten bis auf den letzten Mann - noch dazu wenn diese Stellung absolut gar nichts zu bedeuten hat, keinerlei Vorteil für einen eventuellen Krieg darstellt? Sich also komplett sinnlos abschlachten lassen - wo soll da ein Ehrgefühl aufkommen? Was hat man damit anderes bewirkt, als eben einige Stürme früher über die Eisfelder zu wandeln?

Die Nubianda erscheinen und reißen die junge Frau kurz aus ihren Gedanken. Wie schön sie sind! Es sieht wahrlich danach aus, als würden sie miteinander tanzen. Aber wer weiß schon, was sich diese Vögel dabei denken? Ist ein Tanz, ist es ein Wettstreit, ist es gar ein Kampf? Sundara erinnert sich an ihre Zeit in Estichà, sie erinnert sich an Chelia und ihre Übungen mit der Asnivala. Auch dies hat wie ein Tanz ausgesehen, und war am Ende doch nur Vorbereitung für einen Krieg - ein Krieg, der ihrer Freundin am Ende wohl das Leben gekostet hat. Oder etwa nicht? Sundara weiß es eigentlich nicht, denn noch war sie ja am Leben, als sie plötzlich hier her gekommen ist.

Ihre Gedanken gehen zurück zu Ira. Wie Chelia wohl mit ihr ausgekommen wäre? Eigentlich eine dumme Frage, denn höchstwahrscheinlich wäre wohl eine der beiden inzwischen verletzt, oder vielleicht sogar tot. Aber sie haben ähnliche Eigenschaften - das Resolute, das Impulsive, das Starrköpfige. Aber Ira ist viel kühler als Chelia und... naja... bei Chelia wusste jeder, wie er dran war. Ira hingegen - konnte sie sie nun als Freundin oder als Feindin bezeichnen? Es wird sich wohl noch zeigen müssen. Und sie hat eine Ahnung, dass der Vorovise, dieser Keresin, da auch noch ein gehöriges Wörtchen mitreden könnte. Der war noch viel schwerer zu durchschauen, wenn er auch viel pragmatischer wirkt als die Blonde.

Halt! Was war das? Ein Rascheln reißt Sundara aus ihren Gedanken. Es ist ein Vogel, der wohl im Laub einen Wurm vermutet hat. Sundaras Blick geht zu der Laterne. Eine halbe Jhana vielleicht noch, dann ist ihre Schicht zu Ende. Sundara gähnt. Ja, es war ein anstrengender Tag gewesen.

Sie hat sich nicht getäuscht. Da ist noch eine Kerze. Sie zündet sie an Keresins Lampe an. „Ich möcht mir den Lagerraum anschauen.“: sagt sie und geht voraus. Sie schaut ob ihr Keresin nach kommt. Dann schließt sie die Tür, rückt sich eine Kiste zurecht und setzt sich. Jetzt ist sie sicher, daß sie die Ketzerin nicht mehr hören kann. „Ich versteh es zwar nicht, daß du der Ketzerin recht geben mußtest. Aber gut, du bist der Offizier. Die redet nur Scheiße, sobald sie den Mund aufmacht. Jeder Rekrut im zweiten Monat hat taktisch mehr drauf. Ich trau ihr nicht weiter als ich ein Roputam werfen kann. Wie soll das jetzt weitergehen? Willst du die jetzt mitschleppen? Ich glaub nicht das es eine gute Idee ist. Wir sollten nicht beide schlafen, wenn die Wache schiebt. Besser einer von uns behält sie im Auge. Aber was noch viel wichtiger ist, kaufst du der die Geschichte ab, die sie da erzählt hat? Mit Kampf an unserer Grenze und so?“ Ira schaut Keresin an. „Es klingt total verrückt. Das was du mir erzählt hast, ist auch abartig. Aber du bist Vorovisianer, die eine Ketzerin.“ Ira schlägt die Beine übereinander. Wie zufällig rutscht dabei das Kleid ziemlich hoch.

Keresin folgt Ira in den Abstellraum und hockt sich wie sie auf eine Kiste. Das sie nicht erfreut gewesen war über seine Entscheidung weiß er. Ruhig, wie es so seine Art ist, hört er sich an, was Ira zu sagen hat, dann überlegt er für einen Moment, bevor er ihr antwortet. „Ira, ich glaube nicht das wir hier in unmittelbarer Gefahr sind. Uns hier anzugreifen, paßt einfach nicht ins Bild. Wenn man uns tot sehen wollte, hätte man sich nicht die Mühe machen brauchen uns hier her zu verfrachten. Gut, ich kann mich irren. Vielleicht ist das Ganze auch nur ein perverses Spiel, indem wir das Wild sind. Aber ich halte das nicht für wahrscheinlich. Deshalb habe ich ihr ihren Willen gelassen. Vielleicht brauchen wir sie noch in den nächsten Tagen, bis wir einen Weg finden um hier zu verschwinden.“ Immer wieder irrt sein Blick zu Iras Oberschenkel. Was für eine Frau! Wäre da nicht dieser Garnisonsjargon und dieses Gossengehabe…..Keresin reißt sich von ihrem Anblick los.
„Das beantwortet auch deine nächste Frage. Ja, ich bin der Meinung, das es nicht ungünstig ist sie dabei zu haben, zumindest bis wir wissen wie das Kaninchon läuft. Das heißt natürlich nicht, daß ich ihr über den Weg traue, im Gegenteil. Ich werde sie im Auge behalten und du solltest das auch. Ob ich ihr das abkaufe mit der Schlacht und dem Krieg?“ Keresin hebt in einer vagen Geste die Schultern. „Sagen wir es so, ich halte es nicht für unmöglich. Wir sollten auf jeden Fall die Anderen fragen, was sich vor den Mauern Estichas abgespielt hat. Aber Ira, wenn wir hier noch lange reden, dann brauchst du dich gar nicht mehr hin legen. Laß uns später weiterreden.“ Keresin steht auf und öffnet die Türe. „Ich schlage vor, wir machen es uns in der Küche bequem.“

Sie tut so als ob sie seine Blicke nicht bemerkt. „Wie du meinst.“: antwortet sie kühl. „Aber behalt sie nicht zu sehr im Auge. Die wartet doch nur drauf.“ Dann steht sie auf und zieht sich das Kleid zurecht. Kurz angebunden sagt sie: „Ja laß uns morgen weiter reden.“ Sie macht die Türe auf und geht in die Küche. Dort breitet sie ihre Decke auf dem Fußboden aus. Sie bläst ihre Kerze aus und legt sich hin. Sie dreht Keresin den Rücken zu. Ihre Tasche schiebt sie unter den Kopf. Lächelnd schließt sie die Augen.