Forum Übersicht - Die Straßen der Stadt » Zum Strand

--> Im alten Quartier

Draußen dreht sie sich zu Sundara um. „Ist ein ganzes Stück zu gehen bei der Scheißhitze. Aber wir kommen an einem Brunnen vorbei. Hostinos sei Dank viel zu schleppen haben wir ja nicht. Trotzdem schwitze ich schon wieder wie verrückt in dem Backofen.“: murrt Ira. Sie beeilt sich nicht. Im Gehen erzählt sie: „Hab was am Strand gefunden. Du weiß schon, Metchablick und so. War sicher einmal eine feine Hütte. Jetzt ist sie ziemlich herunter gekommen. Aber im Großen und Ganzen ist sie intakt. Nur auf einer Seite ist das Dach bedient. Ja und dann liegt noch eine Menge Dreck herum. Hat sogar ein kleines Badehaus im Hof. Ein zwei Wochen dauert es sicher die Hütte halbwegs herzurichten. Aber dafür gibt’s Metchablick, eine riesige Veranda, Badehaus und Brunnen im Garten. Den Backofen hätt' ich fast vergessen. Da ist vom Brotbacken bis Viljanabraten alles drinn.“: schwärmt sie Sundara vor. „Von sowas hab ich immer geträumt. Besonders in dem feuchten Drecksloch Ziost.“ Sie verdreht die Augen. „Kannst dir nicht vorstellen wie wir da gehaust haben.“ Ira biegt in die Hauptstraße ein. „ Bin mir nur nicht sicher ob das Dach den Sturm aushält. Sieht zwar nicht so aus, als wär es gestern beschädigt worden. Aber wer weiß? Wirst ja sehen. Im schlimmsten Fall kriechen wir halt in der Stadt irgendwo unter.“

Aufmerksam hört Sundara zu, und es ist augenscheinlich, als würde sie sich von Iras Begeisterung anstecken lassen. Aber irgendetwas scheint sie trotzdem zu beschäftigen. Und so leuchten ihre Augen zwar, so wie es wohl überhaupt nur Sundaras Augen können, trotzdem kaut sie die ganze Zeit auf ihrer Unterlippe herum, und zwischen durch wechselt ihr Blick gar einmal vor sich zu Boden. Und das ist nun wirklich etwas, das Sundara nie macht, wenn sie jemandem zuhört. Nur als Ira beginnt, von ihren vergangenen Wohnsituationen zu reden, beginnt sie doch etwas zu schmunzeln.

"Mach dir da einmal keine Gedanken," antwortet sie. "Weißt du, in der Zeit im Krieg, da haben wir auch nicht immer in Palästen übernachtet. Und du kannst mir glauben, wenn du einen Sturm in einem Erdloch verbringst, mit kaum etwas zu trinken und noch viel weniger zu essen, da ist dir eigentlich alles egal. Ein Wunder, dass wir nicht alle am Fieber krepiert sind, das kann ich dir sagen... Und na gut, ich denke, ein bisschen was können wir ja noch machen an dem Dach, bis der Sturm kommt. Und wer weiß, vielleicht ist der hier auch nur ein laues Lüftchen. Ich meine, hier scheint ja gar nichts so zu sein als anderswo. Aber der Backofen, der klingt gut. Naja, ich habe zwar keine Ahnung, wo wir Mehl herkriegen sollten, aber so manches läuft hier schon herum, das ziemlich danach aussieht, als würde es in so einem Ofen gar nicht mal so schlecht sein."

Sie geht während Ira her, und je länger sie Laufen, desto mehr verfällt sie immer mehr ins Grübeln. Schließlich bleibt sie stehen und fasst Ira am Arm. Sie geht nun ganz nahe zu ihrer Seite, schaut sich kurz um und flüstert ihr dann etwas ins Ohr, die Hände als Trichter verwendend.

"Sag mal, hat das Haus eigentlich auch einen Keller, oder, noch besser, einen Zugang zu den unterirdischen Gängen?"

Sagt es, macht einen Schritt nach hinten und lässt die Arme wieder sinken. Neugierig schaut sie Ira an.

Wie er es auch dreht und wendet, es will einfach nichts zusammen passen. Die Dringlichkeit seines Oberbefehlshabers und dann die belanglosen und teilweise widersprüchlichen Worte dieser als Serv verkleideten Botin lassen ernstliche Zweifel an der ganzen Geschichte aufkommen, trotz richtigen Parole. Im Gedanken achtet er nicht viel auf seine Umgebung und so sieht er Ira und die Elurierin erst als sie bereits in Rufweite sind. Für einen Augenblick überlegt er, ob er nicht einfach in einer Nebengasse verschwinden soll, aber dann läßt er es bleiben und geht weiter. So wie er tragen die Beiden ihr ganzes Gepäck mit sich herum. Zwar hat er keine Lust sich wieder mit Ira auseinander zu setzen, aber mit der Elurierin wollte er ohnehin wegen der Entdeckungen im Keller unter Lenaris Bleibe sprechen. Immerhin war es möglich, daß sie die Türe zu Sundaras Schlüssel gefunden haben könnten. So bleibt er stehen und spricht Sundara an. „Etnschuldigt, habt ihr einen Moment oder seid ihr in Eile?“ Die Andeutung eines Lächelns unterstreicht die Ironie seiner Frage. Das Einzige was sie hier im Überfluß haben ist Zeit und Hitze. Ira nickt er zu und sieht dann wieder zu der Elurierin.

Ira wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Naja, hatt's nicht geheißen da draußen gibt’s irgendwo einen Hof? Vielleicht kann man diesen Typen was rausreißen. Frisches Brot, das wär schon was. Ich wär auch schon mit Fladenbrot zufrieden. Oder du schießt uns was. Eigentlich egal was, Hauptsache Fleisch.“ Dann zuckt sie im Gehen mit den Achseln. „Keller? Ich hab keine Ahnung. Ich hab nicht nachgeschaut. Aber gut möglich das unter dem ganzen Dreck irgendwo eine Kellertür ist. Unterirdische Gänge?“ Ira schaut neugierig zu Sundara. „Was willst du denn mit unterirdischen Gängen? Oder weißt du was was ich nicht weiß?“: erkundigt sie sich. Da sieht sie Keresin auf sie zukommen. „So wie der drein schaut muß ihn irgendeine Schlampe rausgeworfen haben.“: äzt sie vor sich hin. Aber sie hält den Mund als er näher kommt. Es ist ihr viel zu heiß um Spaß an einer Stänkerei zu haben. Sie bleibt stehen und nickt zurück. Sie sagt nichs, schaut nur von von Einem zum Anderen.

Ironie ist ein passender Ausdruck. Wenn die Ironie für Sundara wohl etwas anders liegt als von Keresin angenommen. Schließlich wollte sich Sundara einen weiteren übermäßig gemütlichen Tag zum Teil damit vertreiben, ein kühles Bad zu nehmen. Sie scheint zwar weniger zu schwitzen als Ira, aber trotzdem glänzt ihre Stirn recht verdächtig. Nun ist ja bekanntlich die Hausbesichtigung mit der Vorovisin dem Bade vorgeschoben worden. Und als nun auch Keresin mit einem Anliegen kommt, scheint ihr die so heiß ersehnte Abkühlung noch ein gutes Stück abhanden zu kommen. Nun denn, vorerst spricht Sundara ja noch mit Ira Verra, noch bevor Keresin dazu stößt und dazu beiträgt, dass ein Tag der Langeweile zu einem ziemlich ereignisreichen werden könnte.

Jedenfalls hat Sundara wohl nicht umsonst geflüstert, als sie den Keller angesprochen hat. Sie schaut Ira nun recht erschrocken an, als sie die Antwort in voller Lautstärke gibt, verzieht ihr Gesicht wie von Schmerz beseelt und legt sich ihren Zeigefinger auf die Lippen. Dann sieht sie sich um, ob denn irgendwo etwas zu sehen wäre, das "Denen", wie die Elurierin die Herrscher der Insel zu nennen pflegt, ihr vermeintliches Geheimnis verraten könnte. Nun hat sie Yresen ja eingehend davor gewarnt, vor dem, das sie nun erblickt. Und obwohl er anscheinend Sundaras Vertrauen gewonnen hat, folgt sie ihm wohl nicht in allem was er sagt. Es ist nämlich Keresin, der Böse, der, der genausogut ein Angma sein könnte, den sie erblickt. Und so weicht der erschrockene Gesichtsausdruck auch prompt einem freundlichen, herzlichen Lächeln. Ja, es scheint wohl, als hätte die Bogenschützin ihren Disput mit dem Vorovisen ad acta gelegt. Iras Stichelei verwandelt das freundliche Lächeln in ein belustigtes, ohne jedoch irgendwelchen Argwohn in ihrem Blick hervorzurufen. Und da ist Keresin auch schon bei dem recht heterogenen Paar angekommen.

"Sichàra, Keresin," grüßt sie vorerst einmal den Mann, um dann aber auch gleich auf seine Frage zu kommen. "Ira wollte mir ein Haus zeigen, in das wir vielleicht ziehen werden. Aber ich glaube, so schnell wird es uns nicht davonlaufen. Was hast du auf dem Herzen?"

Nun wird Keresin wohl auch bemerken, dass es einzig Ira ist, die ihre wenigen Habseligkeiten bei sich hat, während Sundara einzig ihr beachtliches Waffenarsenal unter der sengenden Sonne der windstillen Insel spazieren trägt.

Wieder zeigt sich für einen Augenblick das ironische Lächeln auf Keresins Gesicht. „Auf dem Herzen habe ich nichts, zumindest hoffe ich das. Es geht eher darum daß wir vielleicht die Türe zu deinem angeblichen Schlüssel gefunden haben. Zumindest besteht eine gewisse Möglichkeit.“ Kersin erzählt in knappen Worten was Lenari und er in dem verschlossenen Keller gefunden haben. „Ich weiß nicht ob wir es waren, die da unten etwas aufgeweckt haben oder der leichte Erdstoß.“ Knapp beschreibt er den seltsamen, grünen Lichtstrahl. „Als wir uns aus dem Keller zurückgezogen haben, ist das Licht wieder erloschen. Es leuchtete also nur ein paar Herzschläge lang, aber ich kann nicht sagen, ob es gefährlich ist oder nicht. Wir befanden uns im toten Winkel als es zu leuchten begann. Wenn Lenari und ich es ausgelöst haben, dann wird es vielleicht wieder zu leuchten beginnen wenn wir da nochmals hinuntersteigen und nur Lijan weiß was das seltsame Licht anrichten kann. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering, daß es ausgerechnet die Türe ist, zu der du den Schlüssel gefunden hast. Ich nehme auch nicht an, daß der Gang in den nächsten Tagen einstürzen wird, wenn ihr es also eilig habt, mit der Quartiersuche, dann können wir es auch verschieben. Aber wenn du es riskieren willst, da hinunter zu steigen und es zu versuchen, ich bin dabei.“: erklärt Keresin. Er selbst hat es nicht wirklich eilig mit der Suche nach einem Quartier. Er hat schon eine Nacht im Freien verbracht und bei der Hitze in der verdammten Windstille mochte es in einem Garten weitaus angenehmer sein, als in einem geschlossenen Raum, auch wenn einem die Stechmücken zum Frühstück einiges Blut abzapfen sollten.

Ira schaut Sundara fragend an, als die erschrocken aus der Wäsche schaut und dazu den Finger auf die Lippen legt. Bei Lijans Hängetitten! Sie sind mitten auf der Straße! Außer Keresin ist weit und breit keiner zu sehen. Dann zuckt sie schicksalsergeben mit den Achseln. „Schon gut. War ja nur eine Frage.“: sagt sie und ist dann ruhig. Hier fängt wirklich jeder an zu spinnen. Die Frage war nur wie lang es dauert, bevor bei ihr die Schrauben locker werden. Sie schaut zu Keresen. Ira kann nicht sagen was, aber irgendwas war anders an ihm. Sie war eigentlich nicht in der Stimmung sich mit Keresin anzulegen. Aber als er von der Allianzketzerin redet, kann sie sich doch nicht zurückhalten. Sie grinst anzüglich. „Die Zaunlatte auch noch? Du läßt aber wirklich nichts aus, was?“: äzt sie. „Wie habt ihr denn das Licht aufgeweckt? In der Horizontalen?“: fragt sie süffisant feixend.

Fängt Sundara wirklich an zu spinnen? Es hat jedenfalls allen Anschein. Wenigstens wird sie nun, als Keresin zu erzählen beginnt, immer nervöser. Immer wieder unterbricht sie ihren beinahe hypnotisierenden Blick in seine Augen, immer wieder schaut sie die Straße hinauf und wieder hinab, um dann wieder den Blick in dem seinen zu vergraben, diesen unnachahmlichen Blick aus diesen so unvergesslichen Augen. Als er geendet hat, schaut sie zunächst kurz zu Ira.

"Ich erzähle dir alles nachher, bei der Tür," sagt sie nur kurz, bevor sie sich wieder an Keresin wendet. "Wir sollten uns beeilen. Sie dürfen uns nicht zuvorkommen, und wer weiß, was Die jetzt schon wieder gehört und mitgekriegt haben."

Sundara kennt den Weg ja zu Lenaris Haus. Und so wartet sie keineswegs auf eine Antwort, sondern spurtet los. Nun ist das Wetter an jenem Tag ja nicht gerade ein solches, das zu einem gemütlichen Jogging-Ausflug einlädt, aber Sundara scheint sich sehr wenig daraus zu machen. Ganz im Gegenteil. Sie rennt die Straße hinauf, als wäre ein Rudel wildgewordener Karkechs hinter ihr her. Und rennen, ja rennen scheint sie wirklich zu können. Gekonnt federt sie jeden Schritt ab, so dass der Bogen, der freilich in dem Köcher auf ihrem Rücken steckt, beinahe ruhig bleibt, und so dass das Geräusch ihrer Stiefel auf den Pflastersteinen fast unhörbar bleibt. Freilich rinnt ihr der Schweiß bald in Strömen über das Gesicht, klebt das zerrissene Hemd an ihren Schultern. Aber langsamer wird sie nicht, bis sie eben um die letzte Ecke biegt und den Garten der jungen Allianzlerin prescht.

----> Wieder im Lantisgarten

Keresin ist schwer aus der Reserve zu locken, aber die verdammte Hitze setzt auch ihm zu und so reagiert er nicht ganz so beherrscht wie gewöhnlich. „Wenn dir das Himmelsfeuer nicht gut tut, dann geh in den Schatten, steck den Kopf unter Wasser oder spring in den Metcha! Aber was auch immer du tust, verschone mich mit deinem Schwachsinn!“: schnappt er und wendet sich Sundara zu die nach einem kurzen Satz auch schon losläuft. Etwas verblüfft sieht er ihr nach, dann beschließt er die Gelegenheit zu nutzen. Er dreht sich zu Ira um und in seinem normalen, ruhigen Tonfall sagt er ernst: „Wir müssen reden, Ira. Alleine! Das was ich dir zu sagen habe geht nur uns Vorovisianer an. Es ist möglicherweise wichtig für Vorovis und für uns. Aber jetzt will ich sehen ob die Elurierin diese Türe öffnen kann.“ Keresin setzt sich in Bewegung Richtung Lantisgarten. Er läuft nicht, aber er trödelt auch nicht.

Als Keresin sie anschnauzt, nimmt Ira Haltung an. Sie drückt das Kreuz durch. Ihre Brüste zeichnen sich durch den dünnen Kittel deutlich ab. Mit einem umwerfenden Augenaufschlag flötet sie: „Zu Befehl, Legat!“ Nur das anzügliche Grinsen paßt nicht wirklich zu ihrem Auftritt. Da dreht sich Keresin weg und schaut Sundara nach. Ira stellt sich wieder normal hin. Sie hat schon eine ätzende Ansage auf der Zunge, als sich Keresin wieder zu ihr dreht. Aber sie verbeißt sich die Stänkerei. Keresin klingt so als ob es wichtig wäre. Sie nickt. „Wann immer du willst.“: sagt sie schlicht. Egal wie sehr sie sich über ihn gegiftet hat. Vorovis geht vor! Auch wenn es die Garnison und die Fünf gar nicht mehr gibt. Mit der Heimat macht Keresin keine blöden Witze. Er redet auch nicht einfach so daher. So weit glaubt sie ihren Landsmann schon zu kennen. Nachdenklich folgt sie ihm. Ihr Eid auf die Fünf, ihr Vorovis gehen ihr im Kopf herum. Sie glaubt nicht das Keresin gelogen hat. Aber was bedeutet das für sie? Wo steht sie?