Forum Übersicht - Der Platz der Tänzerin » Unerwartete Begegnung

Langsam erklingen Lenari, Sundara und Brokh die Stufen zu dem Platz. Dem Geruch von Rauch hat sich nun eindeutig auch der eines kochenden Eintopfes beigemengt, und wenigstens Sundara läuft dabei das Wasser im Mund zusammen. Es ist dabei ziemlich einerlei, ob dieser Eintopf nun überaus köstlich, genießbar oder auch absolut erbärmlich duftet - Hunger ist schließlich nicht nur in der Röhre der beste Koch. Mögen Lenari und Bokh ihren Plausch fortführen? Sundara scheint ihn nicht mehr zu hören, sie schaut gebannt auf das Gebäude, aus dessen Schornstein der Rauch steigt und aus dessen geöffneter Tür dieser für sie allzu betörende Duft kommt. Doch etwas anderes kommt ebenso aus der Tür, und dieses Andere scheint Sundara aus ihren lukullischen Träumen zu reißen.

Das Andere ist Ira Verra, die plötzlich rennend die Schankstube verlässt. Sofort fallen Sundara freilich die nassen Bahnen unter Iras Augen auf. Im ersten Moment wird ihr Gesicht überaus ernst, der Blick abschätzig. Sundara hat schließlich genau bemerkt, wie Ira sie angeschaut hat, als sie vorhin kurz die Fassung verloren hatte. Und nun zeigt sie den dreien ganz klar, dass sie selbst auch nicht so aus Eis und Stahl gebaut ist, wie sie hier alle glauben lassen will. Der abschätzige Blick währt nur einen Augenblick. Kurz ziehen ich ihre Augenbrauen zusammen, die Zunge fährt über ihre Lippen. Zielstrebig geht sie Ira nun entgegen. Sie breitet die Arme aus, bereit, die Blondine mit den großen Brüsten abzufangen. Ihre Augen nehmen wieder den sanftmütigen, beruhigenden, gewinnenden Ausdruck an. Und so ganz einfach wird sie es Ira auch nicht machen, einfach vorbeizurennen.

"Hey, hey, hey," ruft sie ihr entgegen. "Was ist denn los?"

Ira kann durch den Tränenschleier nicht viel sehen. Sie rennt einfach auf den Platz hinaus. Aber irgendwann bemerkt sie die verschwommene Gestalt. Jetzt breitet die Gestalt auch noch die Arme aus. Im Rennen hält sie sich eine Hand vors Gesicht. Sie will nicht das man sie so sieht. Diese Schande kann sie nicht auch noch ertragen. Als die Stimme erklingt, ändert Ira die Richtung. Sie läuft jetzt weg von der Gestalt. Auf die Häuser am Platzrand zu. Mit ihrem Puls hämmert ein Wort in ihrem Kopf. Ausgelöscht! Ausgelöscht! Alles ausgelöscht! Sie kann das Schluchzen nicht zurückhalten. Schnell kommt das dunkle Viereck eines Hauseingangs näher. Sie will sich verkriechen, wie ein angeschossenes Tier.

Nur kurz richtet ssich Lenaris Aufmerksamkeit auf die über den Platz rennende Ira, die völlig aufgelöst wirkend davonhastet, ohne auf Sundaras Frage zu reagieren. "Na vielleicht hat sie jetzt auch mal bissel drüber nachgedacht," stellt sie achselzuckend fest, während sie Iras Weg verfolgt. "Ich würd sie in Ruhe lassen, keiner will gern heulend gesehen werden."
Sie mustert das Haus, aus dem die Blonde gerade gestürmt kam. "Vielleicht kennt sich da drin einer aus und kann ein wenig Licht ins Dunkel bringen." mit dieser Hoffnung betritt sie wenig später den Schankraum.

-> Schenke zum SIlberkrug

Sundara ist drauf und dran, der Blonden nachzusetzen.

"Wegrennen bringt doch nichts," ruft sie ihr hinterher. "Und alleine sein ebenso nicht. Rede doch mit mir, vielleicht kann ich dir ja helfen."

Aber im Endeffekt hat Lenari Recht. Es bringt ebensowenig, hier jetzt ordentlich Druck auszuüben. Vielleicht war das Weinen ja ein gutes Zeichen. Vielleicht hat sie gerade eben erst sich ihre große Angst vor den Sragon eingestanden. Vielleicht ist gerade dies ein erster Schritt, ihren Verstand wieder zurückzukriegen. Aber sie wird sich bemühen, einmal mit ihr zu reden. Ihr sagen, dass Angst normal sei und all das Zeug. Aber nicht jetzt, nicht in einem panischen Anfall. Es sah hier nicht gefährlich aus. Es sah nicht so aus, als würde sie hier dem nächsten Sragon in die Hände laufen.

Lenari ist inzwischen in das Gebäude gegangen, in dem anscheinend Eintopf gekocht wird. Ihr Magen knurrt hörbar. Sundara hat kein Geld, aber vielleicht würde man ihr ja trotzdem einen Teller abtreten. Sie könnte danach ja den Hof fegen. Sie hätte auch den Abort geleert für einen Teller Eintopf. Eine kurze Weile schaut sie noch der Blonden nach, dann geht auch sie in den Gasthof.

Sie merkt kaum, daß sie schon im Haus ist. Ihr Fuß verfängt sich an irgendeinem Gerümpel. Sie stürzt. Schlägt sich Ellenbogen und Stirn auf. Sie spürt es nicht. Sie rappelt sich irgendwie hoch. Kriecht auf allen Vieren weiter. Bis in eine Ecke. Es ist dunkel in dem Raum. Ira kauert sich in die Ecke. Zieht die Beine an. Umschlingt sie mit ihren Armen und legt den Kopf auf die Knie. Die Leere in ihr ist betäubend. Sie bebt, schluchzt vor sich hin. Ihre Tränen nässen das Kleid. Sie merkt es nicht. Sie merkt auch nicht, daß sie ihren Oberkörper wiegt. Vor und zurück, immer wieder. Der Schmerz treibt sie. Zieht einen dunklen Schleier vor ihr Inneres. Bis nichts mehr ist, nur Tränen, Dunkelheit und das Wiegen. Vor und zurück, vor und zurück.

<---- Silberkrug
Um die grün-blauen Augen macht sich Keresin im Moment keine Gedanken. Noch immer ist er überwältigt von der Tragweite dieser Neuigkeiten. „Gut, kommt mit.“: sagt er im Gehen. „Aber wartet bis ich mit ihr gesprochen habe. Sie wird vermutlich schon auf mich nicht gut zu sprechen sein, wenn ich sie in so einer Situation störe, aber euch würde sie vermutlich die Augen auskratzen. Es gilt in meiner Heimat als Schande, Trauer und Schmerz in der Öffentlichkeit zu zeigen.“ Fügt er hinzu.
Keresin folgt dem Fingerzeig der Elurierin Die Schatten sind schon lang und im Inneren der Häuser ist es dunkel. Beim zweiten Haus, daß er sich vornimmt, bemerkt Keresin Spuren im Staub und Moder des türlosen Eingangs.
„Es sieht so aus als ob sie hier hergelaufen ist. Bitte wartet hier und erspart ihr die Schande.“
Er betritt den dahinter liegenden Raum und schließt für einen Moment die Augen um sich an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Er kann dann weitere Spuren ausmachen. Es sieht so aus als ob Ira hier gestürzt wäre. Er folgt den Kriechspuren in den anderen Raum. Hätte sie ein dünkleres Kleidungsstück getragen, hätte er sie mit ziemlicher Sicherheit übersehen. „Ira?“: frägt er in Näherkommen. Dann kann er sie besser ausmachen. Sie sitzt auf dem Fußboden, die Knie angezogen, die Beine mit den Armen umschlungen, das Gesicht an die Knie gepresst. Sie wiegt sich vor und zurück, immer wieder. Für einen Moment erstarrt Keresin. Das sieht nicht gut aus. Er ist sich klar, daß er sämtliche Grenzen überschreitet, die Tradition und Anstand ziehen, aber er weiß sich nicht anders zu helfen. Zuerst kauert er sich zu ihr und streicht ihr sanft über das kurze Haar. „Ira, Ira, hörst du mich. Vorovis lebt! Wir sind nicht geschlagen.“ Doch sie rührt sich nicht. Noch ein paar Mal versucht er es, dann setzt er sich neben sie in den Schmutz legt ihr einen Arm um die Schulter und zieht sie sanft zu sich, versucht das verrückte Pendeln ihres Oberkörpers zu unterbinden, sanft ihr Haar streichelt, während er beruhigen aus sie einredet, ihr immer wieder sagt, daß Vorovis lebt und vorovisianische Soldaten am Feind stehen.

Der dunkle Metcha wiegt sie. Es ist Nacht und es ist gut. Sie spürt nichts mehr. Nur das Auf und Ab. Sie hat jedes Gefühl für Zeit verloren und jetzt verliert sie sich im Auf und Ab. Aber da ist etwas. Sanft und zart. Sehnsucht tropft in den dunklen Metcha. Sie spürt Wärme, Geborgenheit. Lehnt sich an und die Wellen werden schwächer. Eine Stimme dringt schwach durch die Nacht. Eine vorovisianische Stimme. Sie versteht die Worte nicht. Aber der Klang der Stimme tut gut. Dann spürt sie den Arm um ihre Schulter. Jemand hält sie. Ohne Nachzudenken klammert sie sich an den Mann. Legt ihr Gesicht an seinen Hals. Die Stimme webt immer noch ihr Netz. Da versteht sie. „Vorovis lebt.“ Sie reißt die Augen auf. Tränenschleier, Dunkelheit und Keresins Stimme, die ihr sagt, daß Vorovis lebt. Es dauert aber dann versteht sie. Rückartig hebt sie den Kopf. „Vorovis lebt?“. Ihre Stimme ist leise und kratzig.

Er ist schon der Verzweiflung nahe, als er eine Veränderung in Iras Haltung spürt und er atmet auf, als sie sich an ihn lehnt. Schwächer aber immer noch wiegt sie sich hin und her. Plötzlich schlingt sie ihre Arme um ihn, hält ihn legt ihr Gesicht an seinen Hals. Tränen und Rotz netzen seine Haut und sein Hemd, aber das stört ihn nicht. Dann endlich, Ira hebt ihren Kopf und obwohl es nicht mehr als ein krächzenden Flüstern ist, spricht sie. Keresin fällt eine ganze Wagenladung Steine vom Herzen. Dann beginnt er ihr zu erzählen. Davon das auch er wie sie selbst einige Jahre verschwunden gewesen war, daß die Schlacht vor den Mauern Estichas geschlagen worden war und sie gesiegt hatten. Er erzählt ihr die ganze Geschichte wie er sie von der Elurierin mit den schönen Augen gehört hat. „Aber du kannst selbst mit ihr sprechen, wenn du willst. Ich habe sie mitgebracht. Sie wartet draußen? Willst du mit ihr reden?“

Sie läßt Keresin los. Die Freude über die Neuigkeit wischt alle Schmerzen weg. Sie schämt sich nicht einmal. „Das ist die beste Nachricht meines Lebens.“ Sie steht auf. Putzt sich instinktiv den Schmutz vom Kleid. „Danke.“: sagt sie zu ihm. Ihre Stimme ist voller Wärme. Dann wischt sie sich über die Augen und über die Nase. Sie freut sich, daß Keresin die Ketzerin warten gelassen hat. Sie hätte sich in Grund und Boden geschämt, wenn sie sie vorher gesehen hätte. Noch einmal putzt sie sich ab. Wischt sich übers Gesicht. Dann folgt sie folgt Keresin nach draußen.

Viel mehr als ihre Umrisse kann Keresin nicht erkennen, ihre Gesichtszüge nur erahnen im Dämmerlicht. Doch die Wärme ihres einfachen Danks berührt ihn. In all dem Irrsinn mit dem er die letzten Stunden konfrontiert war, ist Ira der einzige Lichtblick. „Du brauchst mir nicht zu danken, Ira. Der schönste Dank ist dich wieder auf den Beinen zu haben.“: sagt er leise und dem Tonfall nach meint er was er sagt. Kurz vor der Türöffnung hinaus auf den Platz mit dem Brunnen dreht er sich nach ihr um, will sich vergewissern ob sie ihm nachkommt. Als sie ins Licht tritt, daß durch die Öffnung in den Raum fällt, mustert er sie und erschrickt. Aber das Blut das auf ihrer Haut trocknet stammt nur aus oberflächlichlen Kratzern. Dann tritt er hinaus auf den Platz. „Danke das ihr gewartet habt.“: sagt er zu Sundara. „Ich wäre euch wirklich dankbar, wenn wir uns zusammen setzten könnten und ihr erzählt Ira was ihr mir erzählt habt.“ Dann lächelt er ein wenig. „Und ich werde die Gelegenheit nützen, euch mit Fragen zu durchlöchern. Sollen wir zurück in die Schenke gehen?“

Hinter Keresin taucht Ira auf. Sie schaut schrecklich aus. Ihr Kleid ist dreckig. Auf der Stirn, am Ellenbogen und an einem Knie ist Blut. Ihre Augen sind rot und geschwollen. Das Gesicht verschmiert. Aber sie weint nicht mehr. Sie schaut die Elurierin skeptisch an. Sie wirkt immer noch durcheinander aber nicht mehr panisch. Freundlich ist ihr Blick nicht. Aber auch nicht feindseelig. Sie schaut zu Keresin, dann zur Elurierin. „Ich weiß nicht wie es euch geht. Aber ich brauch was zu trinken.“ Sie senkt den Blick, schaut sie ihre Hände an. Ihr Blick wandert tiefer. „Bei Lijans Titten! Ich schau aus wie ein Mistkutscher.“ Sie schaut zum Brunnen. „Wenn ihr wollt ihr könnt schon vorgehen. Ich muß mich ein bißchen waschen. So könnt ich mich nicht einmal in Iresens Puff sehen lassen.“ Sie schaut Keresin an. Man kann sehen, daß es ihr wirklich peinlich ist, so vor der Elurierin herumzulaufen. "Dauert nicht lang.": sagt sie entschuldigend in Richtung Sundaras.

--> Schenke

In Stancheks Taverne geht es weiterhin zu wie im Taubenschlag, verlassen nun die beiden Brüder den offenen Schankraum und treten aus dem hölzernen Vorbau heraus in die schwüle Nachmittagssonne. „Hast du das mit den Geisterlichtern gehört?“ erkundigt sich Gronk leise bei seinem Bruder, während sein Blick über den Platz schweift. Er entdeckt Keresin samt der dunkelhaarigen Begleiterin in der Nähe und auch die Blonde steht bei ihnen – offenbar alle wohlauf und voll bekleidet obwohl die Frau mit den kurzen Haaren etwas ramponiert aussieht. „Lass uns Proviant besorgen und dann einen Unterschlupf für die Nacht suchen. Das ist mir hier alles nicht geheuer…“ legt der Riese die Stirn in tiefe Furchen, was dem bärtigen Gesicht einen noch bedrohlicheren Ausdruck beschert.

Der Ältere steht, beide Hände tief in die Hosentaschen vergraben noch in dem Schatten, den das Vordach der Schenke auf den Platz wirft. Den Kopf etwas in den Nacken gelegt betrachtet er die Gebäude, als Gronk neben ihn tritt und ihm etwas zuflüstert. Prompt erhellt sich sein Gesicht etwas und er sieht zur Seite, wobei sich die Mundwinkel nach oben verziehen.“ Geisterlichter“, wiederholt er langgezogen und für einen kurzen Moment vibriert sein Brustkorb. „Gut, dass du bessere Ohren hast als ich. Wunderbar, dann gibt es hier vielleicht doch noch regen Verkehr“, folgt er Gronks Blick zu dem Trio am Brunnen:“ Nein, den Verkehr meinte ich nicht. Lichter… Schiffe, Boote, hrm. Du weißt schon“, sieht er wieder zu seinem Bruder. Er nickt bei dem Vorschlag und weist in Richtung einer der Häuser“, Denke hab schon was gefunden. Holen wir noch das Kaninchon..“

Gronks Lippen gleiten dümmlich auseinander, als sein Bruder mit Erheiterung reagiert, anstatt entsprechend besorgt zu sein und als der Weißhaarige dann auch noch regen Verkehr prognostiziert, rutschen seine Brauen so schnell nach oben, dass sie fast an den Haaransatz stoßen. „Hölle man, wie kommst du denn jetzt auf Schiffe???“ wirft der Riese beide Arme in die Luft und schüttelt den Kopf. „Der meinte damit keine Schiffe….Verkehr…oh man, der war gut…“ ein sachter Seitenstoß mit dem Ellenbogen und ein Grinsen, dann wird der Riese prompt wieder ernst. „Nein man! Irgendwas von Yurei hat der gefaselt und dass es Nachts gefährlich ist. Glaub kaum, dass er damit ne Meute ausgehungerter Seebären auf Landgang gemeint hat.“ Wüst reibt sich Gronk den Nacken, nickt seinem Bruder dann aber zu. „Gut, lass uns in den Gebäuden nachsehen, ob wir ein Seil finden, dass noch nicht verrottet ist.“ Schickt er sich dann an loszustapfen, direkt auf das nächstgelegene Gebäude zu…

Als Ira und Keresin das Gebäude verlassen finden sie Sundara auf einem niedrigen Mäuerchen sitzend. Sie hat in einer Hand eine neue Zigarette, über die Schenkel liegt die Asnivala. Sie sieht auf die Gravierung auf der Waffe. Sie weint nicht, doch schaut sie höchst nachdenklich und traurig aus. Als sie die beiden bemerkt, steht sie auf, steckt die Asnivala in die Scheide und schaut die beiden zart lächelnd an. Sie sagt nichts. Sie steht da, schaut Ira an. Ihr Bick ist warmherzig, und die Freude, Ira wieder gefasst anzutreffen, nimmt ihr wohl jeder ab. Sie geht nicht auf die beiden zu, und doch scheint sie durch ihre Augen doch nahe zu sein. Als Ira meint, sie müsse sich waschen gehen, nickt sie einfach. Dass sie sich auch irgendwann mal versorgen sollte, scheint sie komplett vergessen zu haben. Sollte sich Ira dann auch entfernen, wird sie sich wieder auf ihr Mäuerchen setzen. Das Misstrauen scheint eher einseitig zu sein, wenigstens kennt man es der Elurierin nicht an.