Forum Übersicht - Das Spiel - abgeschlossene Threads » Wind & Segeltuch

In ungewöhnlich starken Böen schickt Sanikas seinen Atem an diesem frühen Nachmittag über den Strand, wo er den feinen Sand teils peitschenartig gegen die Hauswände und in die Gassen hinein jagt. Beschwingten Schrittes flaniert der stadtbekannte Barde unvertraut enthusiastisch in Richtung Vellas Behausung. Der Wind zerwühlt verspielt die Locken und lässt den Barden immer wieder nach der Haarpracht raffen, um sich ein offenes Sichtfeld zu verschaffen. Er trägt ein weißes Bündel unter dem Arm, während er mit wenigen flinken Schritten die Veranda erklommen hat. "He, Sanjavela! Gehst du mit Tarà steigen lassen?" ruft er ins Haus hinein, noch ehe er die Tür erreicht hat.

Die Haustür ist wegen dem starken Wind zu. Vella sitzt im Wohnzimmer. Vor ihr steht eine Vase mit einer Lantis. Auf ein dünnes Brett hat sie ein Blatt Papier gesteckt. Sie zeichnet. Vella hört den Spielmann, aber versteht nicht was er sagt. So geht sie zu Tür und macht auf. In einem knöchellangen Kleid steht sie da und lächelt Javero an. Ihr langes Haar ist wieder zu einem dicken Zopf geflochten. Die Finger der rechten Hand sind geschwärzt. Sie freut sich ihn zu sehen. Ein Blick wandert zum Bündel unter seinem Arm. „Ich hab dich rufen hören. Aber nicht verstanden was du gesagt hast. Komm doch rein. Der Wind ist heut ganz schön stark.“ Sie tritt zur Seite und hält dem Barden einladend die Türe auf.

"Jaha! Das ist ja das Gute!" ruft der Spielmann freudig zu ihr herüber, während er schwungvoll die Stufen zur Veranda hinauf nimmt. Er tritt nah an sie heran und blick mit zerwühltem Haar und kindischem Unfug im Blick zu ihr hinab. "Der Wind ist gerade recht. Lass uns Drachen steigen lassen. Das ist lustig." verspricht er ihr und beginnt mit quirliger Ungeduld auf den Fußballen zu wippen. "Na, kommst du mit?" der Hundeblick, welcher ihr aus den warmen braunen Augen zugeworfen wird, lässt wahrlich nur schwerlich eine Ablehnung zu.

Zweifelnd schaut ihn Vella an. „Meinst du?“ Der Wind ist ihr nicht geheuer. Nicht einmal hat sie starker Wind bei ihren Überfahrten unter Deck gezwungen. Sie bekam Kopfschmerzen davon. Aber als sie der Barde erwartungsvoll anschaut, nickt sie. „Also gut. Aber ich muß mir noch was anderes anziehen. Komm rein.“: sagte sie. Vella führt den Barden ins Wohnzimmer. „Ich komm gleich.“ Sie verschwindet im Schlafzimmer. Kurz darauf kommt sie zurück. Sie hat einen langen Rock an und eine leichte Bluse. Den langen Zopf hat sie im Nacken aufgesteckt. „Wir können.“: sagte sie. Sehr begeistert wirkt sie nicht. Sie geht dem Barden zuliebe mit.

Dem Barden ist wohl ganz und garnicht daran gelegen Vella zu einer Unternehmung zu entführen, zu der sie sich durchringen muss. So schaut er ihr auch bereits etwas unschlüssig nach, als sie im Schlafraum verschwindet, verharrt dann selber geduldig im Wohnzimmer, um auf sie zu warten. Das Segeltuch wird erstmal irgendwo abgelegt, sodass er sich mit freien Händen umwendet, als sie in den Wohnraum zurück kehrt. Unter einem Lächeln neigt er den Kopf zur Seite. "Ich glaube jetzt habe ich es eben gewittern hören!" behauptet er in schauspielerischer Meisterleistung und hebt ergeben die Arme. "Tja, dann verschieben wir das besser, ein Unwetter ist wirklich zu gefährlich!" Sanikas selber hätte das Gerüttel an den Fensterläden nicht besser intonieren können, als der Wind ruppig gegen die Hauswand fegt und so die Worte des Spielmannes theatralisch untermalt. "Kann ich bleiben, bis es vorüber gezogen ist?" erkundigt er sich, hatte er Vella ja nun um ihrer Gesellschaft willen aufgesucht und wollte nun nicht einfach wieder gehen.

Vella hört den Wind pfeifen und ist gar nicht bös das der Barde die Strandpartie verschieben will. „Gute Idee. Bei dem Wind bleibt man besser zu Hause.“: sagt sie und lächelt den Barden an. Sie löst ihren Zopf wieder, der ihr über den Rücken fällt. „Was für eine Frage. Du kannst bleiben solang du willst.“: antwortet sie ihm. Sie schlüpft auch aus der kurzen Jacke. „Ich freu mich das du gekommen bist. Komm doch.“ Vella führt Javero ins Wohnzimmer. Sie legt ihre Jacke über einen Stuhl. Der Barde wird vielleicht merken, daß Vella selbstsicherer und gelöster wirkt. „Magst du was essen? Ich hab was fertig. Willst du Wein oder Tee?“: erkundigt sie sich fröhlich.

Der Spielmann gluckst leise, als Vella sich so bereitwillig auf die Planänderung einlässt. Er folgt ihr ohne Weiteres in die Wohnstube und zieht dort den Gurt der Laute über den Kopf, um diese an den Sessel zu lehnen. "Ohja, sehr gerne." erwidert er auf das Angebot zur Verköstigung. "Gerne Wein, wenn du da hast."
Während die Gastgeberin wohl in die Küche wuselt, stromert der Spielmann kurz durch den Raum und betrachtet die stilsichere Dekorationselemente, welche Vella so atmosphärisch zu setzen wusste, dann erst macht es sich auf einem Sessel gemütlich. Ein Bein unterschlagend lümmelt er sich in das Polster und betrachtet wie der raue Wind die feinen Blüten vom Baum schüttelt. Erst als Vella zurückkehrt, richtet er sich wieder etwas auf und lächelt ihr warm entgegen. "Wie geht es dir Sanjavela? Du schaust fröhlich aus."

Vella kommt mit einem Tablett aus der Küche. Ein großer Teller mit scharfem Bohneneintopf riecht angenehm. Sie stellt den Teller dem Barden hin. Auch die offene Flasche Wein und einen Becher. Für sich selbst hat sie kalten Tee gebracht. Sie setzt sich zu Javero.
„Mir geht’s gut.“: sagt sie lächelnd. „Wie sagt man das am Besten? Ich glaub ich bin noch einmal über meinen Schatten gesprungen.“ Sie erzählt ihm die Geschichte mit der Milch. „Ich hab mich auf die Veranda gesetzt. Wer glaubst du ist da in der Früh mit der Milch gekommen? Diese Priesterin! Ich hab geglaubt mir bleibt das Herz stehen. Aber dann hab ich an das gedacht, was mir Hel gesagt hat. Ich bin nicht davon gelaufen! Ich hab meinen ganzen Mut zusammen genommen. Obwohl mit die Panik bis oben stand. Ich hab ihr gesagt, sie soll gehen. Das ich sie nicht sehen will. Es war ein ordentlicher Schock! Mir hab noch eine Jhane danach weiche Knie gehabt. Aber ich hab meine Angst überwunden. So wie bei Hel.“

Wie bereits bekannt, vermag ein Teller mit warmem Essen auf wundersame Weise die gesamte Aufmerksamkeit des Barden in Beschlag zu nehmen, sodass jede Gesellschaft für diesen Moment zur absoluten Randnotiz verkommt. So hat Javero auch bereits den Löffel in der Hand und hängt über dem Eintopf, während Vella ganz ungestört die Geschichte mit der Milch erzählen kann. Dass ihr aber zumindest ein halbes Ohr des Barden offen steht, merkt sie spätestens, als er überrascht aufschaut, den Löffel sinken lässt und zumindest für die letzten Worte die gebührende Aufmerksamkeit hervor bringt. "Oh, das ist ja großartig, Vella!" entfährt es ihm ehrlich begeistert, als die zierliche Frau ihren Erfolg beschreibt. Er rutscht etwas herum, obwohl der Teller noch nicht ausgekratzt ist, stützt dabei die Hände auf dem emporgezogenen Oberschenkel ab und lächelt ihr warmherzig entgegen. "Siehst du mal zu was du im Stande bist. In der kurzen Zeit! Das ist wirklich toll." kurz entschlossen neigt er sich vor und schließt die zierliche Frau kurz herzlich in die Arme, ehe er wieder von ihr ablässt. Er verbleibt in der Vella zugewandten Position, greift nun aber wieder nach dem Teller und hebt ihn sich auf den Schoß, um die Reste etwas gesellschaftstauglicher zu vertilgen. "Was hat dir Hel denn geraten, dass es dir so viel Sicherheit verschafft hat?" erkundigt sich der Spielmann nun mit deutlicher Neugierde in der Stimme.

Es freut Vella das es den Barden schmeckt. Als sie Javero umarmt, erwidert sie die Geste kurz. "Wenn man Angst hat, dann setzt irgendwie das Hirn aus. Bei mir zumindest. Ich weiß es ist kindisch und dumm. Ich bin so lang davor weggelaufen. Erst jetzt hab ich begriffen, daß man stehen bleiben muß. Bei Hel hast du mir geholfen und dann hat er mir geholfen." Sie schaut ein bisschen verschämt auf ihre Hände. "Das klingt jetzt auch wieder dumm. Ich hätte nur einen Moment nachdenken müssen. Dann wär ich auch von allein drauf gekommen. Aber es ging nicht. Hel hat mir gesagt, daß sie hier allein ist. Sie kann mir keine Wache schicken. Niemand kann mich verhaften und das es hier keine Tempel gibt und keine Folterkeller. Das ich mich nicht vor einer einzigen Chira fürchten muß." Sie trinkt einen Schluck Tee. Dann schaut den Barden an. "Weißt du, er hat noch was gesagt. Deshalb hab ich ihm das mit der Milch gar nicht erzählt. Ich will nicht, daß es noch mehr Ärger gibt. Er hat gesagt, daß sie zuerst an ihm vorbei muß, bevor sie mir was tun kann. Ich weiß was das bedeutet."Sie schaut wieder auf ihre Hände. "Ich will nicht abstreiten, daß es mich irgendwie beruhigt. Aber auf der anderen Seite.....besser er weiß es nicht."

"Das ist sicher nicht dumm, Vella. Du hast viel durchgemacht, da wäre wohl jeder weggelaufen." erwidert der Spielmann, nachdem er den Teller leergekratzt und auf dem Tisch abgesetzt hat. "Außerdem hast du dich deiner Angst nun gestellt und das alleine zählt." Er greift nach dem Wein, hält ihn aber vorerst nur in den Händen und lauscht stattdessen der weiteren Schilderung. Er nickt sacht, beobachtet die Miene der zierlichen Frau und brummt schließlich nachdenklich, während er sich am Kinnbärtchen zupft. "Da hat Hel wohl ganz recht." stimmt er einvernehmlich zu. "Hier gibt es keine Tempel und kein Machtgefüge mit dem man seine Taten rechtfertigen könnte." er zögert kurz, lächelt dann zuversichtlich und hebt die Hand, um einen Zeigefinger unter das Kinn der Vorovisianerin zu legen und den scheuen Blick wieder in die Höhe zu dirigieren. "Kopf hoch, Murana! Kein Grund befangen zu sein. Es ist wirklich sehr nachsichtig von dir, dass du es für dich behalten willst, um den Frieden zu wahren. Aber ich glaube ich kann dir ein Wenig der Sorge nehmen. Ich kenne Tessya mittlerweile ein bisschen. Sie wird Hel keinen Grund geben dich beschützen zu müssen und Hel kann das sicherlich auch ganz gut einschätzen." Seine Hand zieht sich wieder zurück, stattdessen hebt er das Glas an die Lippen und nimmt einen Schluck vom Wein. Die dunklen Augen bleiben dabei unentwegt auf Vella ruhen. "Du bedeutest ihm wohl wirklich noch sehr viel, hm?" erkundigt er sich vorsichtig, ließ ihre eigene Vorsichtsmaßnahme doch recht weit blicken.

Es steht deutlich in ihren dunklen Augen. Sie glaubt dem Barden kein Wort wegen der Chira. „Du kennst diese...diese Priesterin mittlerweile?“: fragt sie und betont das letzte Wort. Blanker Haß bricht einen Augenblick in ihrer Stimme durch. Ihre Augen werden etwas schmäler, als sie Javero anschaut. Sie ist still, überlegt kurz. Dann ändert sich etwas. Der Barde wird es sicher spüren können. „Es ist deine Sache mit wem du dich abgibst.“: sagt sie kühl. Die völlige Offenheit und Unbefangenheit die sie bis jetzt in seiner Gegenwart gezeigt hat ist fort. Es ist keine Ablehnung die Javero entgegenschlägt. Aber die Vertrautheit ist weg. Auch ihr Blick ist distanzierter. Auf die Frage nach Hels Gefühlen geht sie gar nicht ein. „Willst du noch etwas essen? Es ist noch genug da.“: erkundigt sie sich.

Der Plötzliche Hass in Vellas Stimme fährt dem jungen Mann als kaltes Schaudern die Wirbelsäule hinab. Er muss einmal Schlucken, bevor er auf ihre Worte etwas erwidern kann. "Sicherlich habe ich sie kennen gelernt, Vella." erklingen seine Worte leise. Aufmerksam forschen seine Augen nach dem Stimmungswechsel, doch er strahlt weiterhin unnachgiebige Ruhe aus und auch ihre plötzliche Distanz scheint ihn nicht zu schrecken. "Ich verurteile niemanden ohne ihn zu kennen. Ich habe Hel nicht verurteilt, obwohl du nicht die Einzige warst, die mich zu beginn vor ihm gewarnt hat. Denkst du nicht, dass das die richtige Entscheidung war? Und die selbe Chance habe ich auch Tessya eingeräumt. Ich mache mir mein eigenes Bild, aber das heißt nicht, dass ich deine Empfindung nicht respektiere und nachvollziehen kann. Sei mir nicht böse deswegen, Murana. Bitte." die gebräunte Stirn legt sich in leichte Falten, während die dunklen Augen den Blick der Vorovisianerin suchen. Für eine weiteren Portion Essen kann er sich gerade nicht erwärmen, ist ihm das Empfinden der zierlichen Frau wohl deutlich wichtiger.

„Das hast du schon gesagt.“:gibt sie zurück. „Ja, ich hab dich vor Hel gewarnt. Aber vergleich ihn nicht mit dieser...dieser..“ Sie findet nicht das Wort das ihren Abscheu ausdrückt. „Das hat er nicht verdient. Was er auch alles angerichtet hat.“ Zornig funkeln ihre Augen. „Räum ihr Chancen ein soviel du willst. Das ist deine Sache. Ich halt dich nicht auf!“ Als er dann etwas von nachvollziehen sagt, wird sie wirklich zornig. Sie springt auf. „Du redest schon daher wie diese Heuchler! Gar nichts kannst du nachvollziehen, überhaupt nichts!“ In ihrem Zorn tut sie etwas, das sie sonst nie getan hätte. Für einen Moment zieht sie ihren Rock hoch. Große, paarweise Narben ziehen sich häßlich über ihre Oberschenkel. Auch auf den Waden hat sie Narben. Schnell läßt sie den Rock wieder fallen. „Jetzt mach dir dein Bild! Lern sie nur kennen, diese Schinder!“ Zornig stampft sie mit dem Fuß auf. „Aber erzähl mir nichts mehr von nachvollziehen!“ Ihre Wangen sind gerötet und ihre Augen blitzen.

So rasch wie die Zornesröte in Vellas Wangen steigt, scheint gleichzeitig jegliche Farbe aus dem Gesicht des Spielmannes zu weichen. Sein Blick zuckt hinab, flirrt kurz über die entblößten Schenkel und ruckt von Vella fort noch ehe diese ihren Rock wieder sinken lassen kann. Seine Lippen schmälern sich zu blutleeren Strichen und seine Hände ringen sich verkrampft um den Weinbecher, während er den wütenden Ausbruch über sich ergehen lässt. Er schluckt einmal schwer, entlässt gepresst die Luft aus den Lungen und hebt dann erst wieder den Blick in die zornfunkelnden Augen der Vorovisanerin. "Verzeih Vella." erwidert er mit rauer Kehle, aus welcher die Beklommenheit klingt. "Ich hatte keine Vorstellung... das war nicht meine Absicht." Die dunklen Augen gleiten wieder von ihr ab und richten sich auf die sich kräuselnde Oberfläche des blutroten Weins. " Ist es dir lieber, wenn ich gehe?" fragt er leise und rutscht auf dem Sofa herum, um seinen Becher auf den Tisch zu schieben.