Forum Übersicht - RE: Atem schöpfen - 3

„Eine neue Abzweigung genommen?“: wieder holt er die Worte des Spielmanns, dann nickt er. „Niemand kann aus seiner Haut heraus, auch ich nicht. Ich bin fast ein Vorovisianer und der bleibe ich, aber der Rest ist Geschichte. Ich habe die Nase gestrichen voll von dem ganzen Spiel. Ich bin des Tötens und der Intrigen müde, ich weiß also was ich nicht mehr will.“
Leise lacht er auf, als Javero vom Aussterben spricht.
„An dir ist ein Philosoph verloren gegangen. Deiner Theorie kann man nicht viel entgegenhalten, wenn man sich umsieht und nicht vergißt in den Spiegel zu schauen.“
Dann wird er still und sein Blick richtet sich wieder auf den Metcha hinaus.
„Das hat sie und sie hat für mich gelitten und mich immer noch geliebt. Sie hat mich sogar noch geliebt als ich über die Mauer gegangen bin.“
Er wischt sich über die Augen, wie um die Bilder, die er sieht, zu vertreiben.
„Mach mir keine leere Hoffnung, Javero, es ist auch so schlimm genug. Sie war deutlich, sehr deutlich.“: sagt er leise. Nur das leise Rauschen des Metchas und das Summen der Nachtinsekten, die ihre Kreise um die Lampen tanzen, läßt die Stille nicht zur Last werden. Sein Profil hebt sich wie ein Scherenschnitt gegen den Nachthimmel ab, bewegungslos und starr, sitzt er da und es scheint schon, als hätte er den Barden vergessen, da dreht er sich wieder zu ihm.
„Ich habe mich an jemand erinnert, der mir sehr nahe gestanden hat, als ich Tessya das erste Mal sah.“: beginnt er scheinbar völlig ohne Zusammenhang mit ihrem Gespräch und jetzt kann der Barde auch erste Zeichen von Trunkenheit erkennen.
„Du hast gesagt, daß einen Liebe über vieles hinweg sehen läßt, selbst wenn der Kopf es besser weiß. Es ist ein absurder, tragischer Witz und doch ist es die Wahrheit.“
Sein leises Lachen ist ohne Freude. „ Ein Reichsprovisor und eine edle Mondrai in verzweifelter Liebe verbunden. Natürlich war es eine hoffnungslose Tragödie, sie hat sich das Leben genommen und ich ...ich erinnere mich nicht wirklich daran, aber ich glaube ich habe mich auf den Weg gemacht den Tod zu suchen. Wir haben es gewußt und doch haben wir uns geliebt. Man entkommt ihr nicht, wenn sie dich in den Klauen hat und jetzt spüre ich die Klauen wieder, genauso hoffnungslos. Lache darüber wenn du kannst.“

"Na ich weiß nicht..." hinterfragt der Barde mit gemütlicher Skepsis, ohne dabei wirklich viel Herzblut in die Diskussion zu bringen. "Die Haut wird einem ja irgendwie in jeder Kultur übergestreift. Vorovis hat dir eben am meisten gegeben in deinem Leben, aber jetzt bist du hier, also was hält dich noch in dieser Haut, außer der Zwang so zu sein wie es dem Volk vorgeschrieben wird?" neugierig mustert er das sich absetzende Profil, schüttelt dann den Kopf und nimmt noch einen Schluck ehe er antwortet. "Das sind keine leeren Hoffnungen, ich verspreche dir ja nichts. Du solltest bloß nicht frühzeitig aufgeben, immerhin sind erst ein paar Tage vergangen. Natürlich ist sie jetzt sehr deutlich gewesen, aber sie war auch noch viel deutlicher, bevor ihr euch ausgesprochen hattet. Jetzt empfängt sie dich in ihrem Haus und hält es sicherlich ganze 2 Lautenstücke mit dir aus - wenn das nicht ein Fortschritt ist." die kleine Albernheit wird von einem Grinsen begleitet, birgt aber relativ deutlich die Grundaussage.
Die nächsten Worte lassen den Mann geräuschvoll durch die Lippen ausatmen, während er den Blick ebenfalls wieder zum Metcha hin wendet und sich nachdenklich am umwucherten Kinnbärtchen zupft. "Was wäre ich für ein Spielmann über eine Tragödie zu lachen" protestiert er mit halbherzig gerunzelter Stirn. "Das wäre tatsächlich Stoff für ein Theaterstück. Nur dass es leider keine sehen wollen würde. Die Chirà würden eine tragische Liebe zwischen ihresgleichen und einem Vorovisianer als verachtenswerte Posse betrachten und die Vorovisianer würden vermutlich schon im Prolog die Hauptdarstellerin erschießen." er hebt etwas bedauernd die Hände. "Das macht die Gesellschaft mit uns, weil sich alle in der Haut, die uns Kultur und Religion anziehen, sehr wohl fühlen und nichts hinterfragen." den Kopf in die Hand stützend hängt auch er einen Moment lang seinen Gedanken nach und lässt den letzten Schluck Rum im Becher kreisen. Das Schellenband bimmelt leise, während der Fuß in unruhiger, aber wohl unbewusster Bewegung wippt. "Dein Leben gleicht wirklich einer Tragödie, Hel." spricht er nach einigen Momenten wieder, ohne den Älteren jedoch anzusehen. Alle weiteren Worte, die sich sicherlich in dem regen Geist bereits geformt haben, lässt er unausgsprochen. Die Strandung hier konnte genau so gut als belohnender Neuanfang, oder auch als weitere Marter in einem nie endenden Drama gedacht sein. Ein unbehaglicher Schauder lässt den jungen Man seine Lümmelposition verlassen und sich den Nacken reiben. Nie waren Grenzen in so hübschen Linien gezogen worden, doch blieben sie nunmal das was sie waren. Mit einem leisen Lachen schüttelt Javero den Kopf, um den Gedanken zu verscheuche. "Bei dir muss man sich in Acht nehmen, deine Melancholie ist ansteckend." wirft er Hel spaßig vor.

„Es ist nicht nur das, was einem vorgeschrieben wird. Es ist verdammt wohltuend, sich nicht mehr um Konventionen, Rang und Tradition scheren zu müssen. Wenn du all diese Äußerlichkeiten, alle Parolen und alles Propagandageschwätz abziehst, bleibt immer noch ein Kern. Etwas das für einen selbst wahr ist und damit Wert hat. Das ist die Haut aus der man nur sehr schwer herauskommt, wenn überhaupt.“
Er füllt sich seinen leeren Becher mit Wasser aus dem Krug und stürzt ihn hinunter. Nachdenklich spielt er mit dem Becher.
„Es stimmt was du sagst. Vor ein paar Tagen ist sie noch vor mir davon gelaufen. Irgendwie setzt bei mir der Verstand aus wenn es um Vella geht.“
Er schüttelt den Kopf und schenkt sich etwas Rum ein. Entweder merkt er es nicht mehr oder ist es ihm nach der Menge Rum egal geworden, daß sich seine Erleichterung über diese simple Erkenntnis so deutlich in seinem Gesicht abzeichnet.
„Samt dem männlichen Hauptdarsteller, dem Regisseur und dem Autor.“: ergänzt er die Aussage des Barden über das fiktive Stück mit einem zynischen Schmunzeln.
„Du vergißt das Wichtigste, Javero. Jeder von uns hat Eigeninteressen, jede Gruppe, jeder Organisation, jeder Staat verfolgt Interessen und die stoßen naturgemäß zusammen. Kultur und Religion das sind nur die Larven, deren man sich bedient, um die Tatsache zu verdecken, daß es nur um eines geht, Macht. Wenn mein Leben einer Tragödie gleicht, dann habe ich mir das zum allergrößten Teil selbst zuzuschreiben. Das zu verleugnen, wäre reine Selbsttäuschung.“
Er läßt den Rum in seinem Becher kreisen und sieht dann auf ohne davon zu trinken. Er schmunzelt immer noch, als er weiterspricht.
„Du bist ein gefährlicher Mann, Javero. Du hast die seltene Fähigkeit die Menschen dazu zu bringen, dir ihre Köpfe und Herzen zu öffnen. Vielleicht ist es nicht einmal eine Fähigkeit sondern einfach deine Natur. Drüben auf der anderen Seite, in meinem Einflußbereich hätte ich dich verschwinden lassen, hättest du dich nicht bereit erklärt auf die eine oder andere Weise für mich zu arbeiten.“
Sein Lächeln wird breiter.
„Gut das wir hier sind.“

Der Spielmann gibt einen nachdenklichen Brummlaut von sich, zieht die Beine in den Schneidersitz und schnipst eine Mücke von seinem Arm, die ihn gerade als nächtliche Mahlzeit auserkoren hat. "Ein Kern..." echot er mit wiegendem Kopf. "Das klingt nach etwas, was man definitiv nicht loswerden kann und wohl auch nicht sollte. Was bleibt denn sonst noch, wenn schon die Hülle fort ist?" sich etwas zur Seite über die Stuhllehne neigend mustert er Hel forschend von der Seite. "Du meinst also, dass dir Vorovis eine Wahrheit gegeben hat, hinter der du trotz allem Abstand und neutraler Betrachtung voll und ganz stehen kannst? Die Religion war es ja offenbar von Anfang an nicht. Das Gedankengut hast du überwiegend aber auch bereits eifrig boykottiert. Also, was macht die schwarze Stadt aus, dass du dich mit ihr identifizierst?" in der Stimme des Barden ruht die stete, ehrliche Neugierde, ein ganz wertfreier Drang etwas zu verstehen.
"Ja natürlich..." erwidert Javero mit einem leichten Nicken. "Irgendjemand hat die Kostümchen für die Masse ja entworfen und sorgt dafür, dass sie nicht aus der Mode geraten. Aber es gibt auch die, deren Eigeninteresse darin besteht zu leben und leben zu lassen. Deren Stimme ist nur einfach nicht laut genug, da sie sich nicht der Mittel bedienen wollen, die in dieser Welt den Ton angeben. Es ist eine Krux...der Fluch des Promecheus. Kennst du die Legende?"
Nach einem weiteren Schluck Rum hebt der Spielmann den Kopf in den Nacken und blickt zum Himmelsleuchten empor, ehe Hels Worte ihn stutzen und schließlich leise auflachen lassen. "Ja wahnsinnig gefährlich..." meint er mit einem schiefen Lächeln zu Hel. "Ich fühle mich wirklich geschmeichelt, dass du mir überhaupt deine unschätzbar wertvolle Aufmerksamkeit gewidmet hättest, Reichsprovisor." er lupft spöttisch seinen nicht vorhandenen Hut in Hels Richtung. "Aber ich bin mir ganz sicher du hättest effektivere Methoden gehabt den Leuten die Köpfe zu öffnen, als einen unzuverlässigen Tagedieb mit seinem zweifelhaften Charme loszuschicken."

„Wenn du mit Gedankengut die Treibjagden gegen Andersrassige meinst, die bornierte Selbstüberschätzung aller Möglichkeiten und die sinnlosen Grausamkeiten, damit hast du Recht. Deswegen habe ich gesagt ich bin fast ein Vorovisianer.“
Er schweigt für einen Moment, bringt etwas Ordnung in seine rumbewegten Gedanken.
„Ich habe es selbst erst in den Gefechten in der Zitadelle wirklich verstanden, aber ich weiß nicht ob ich es so in Worte fassen kann, das du mich verstehst. Vielleicht kommt Standhalten dem am nächsten was ich meine. Standhalten selbst in den hoffnungslosesten Situationen, den Untergang vor Augen trotzdem nicht weichen ohne nach persönlichen Gewinn und Verlust zu fragen. Ein Standhalten das der tiefen inneren Überzeugung entspringt, seine Pflicht zu tun so gut man es vermag, bis zum letzten Atemzug. Das ist für mich die Seele der Schwarzen Stadt.“
In seiner Stimme und seinen Worten klingt nur Aufrichtigkeit und ein wenig Zweifel, die richtigen Worte gefunden zu haben um verstanden zu werden.
„Vorovis hat mir meine Ehre und meinen Stolz zurückgegeben.“: fügt er leise hinzu, bevor er einen Schluck aus seinem Becher nimmt. Er schüttelt den Kopf als ihn der Barde nach der Legende fragt.
„Promecheus? Nein, nie gehört.“: gibt er ohne Zögern zu.
Bei den nächsten Worten Javeros lacht er auf und quittiert das Lüften des imaginären Hutes mit einem Neigen des Kopfes.
„Du hättest diese Aufmerksamkeit verdient, Javero. Natürlich kann man nahezu jeden zum reden bringen, wenn man die notwendigen Mittel zur Hand hat und den Aufwand nicht scheut. Geeignet wenn man eine spezielle Information dringend braucht aber schlecht, wenn man wissen möchte, wie Leute wirklich denken. Sie mich an, ich breite mein Leben vor dir aus, so als wären wir alte Freunde, die zusammen durch dick und dünn gegangen sind. Unterschätze dich nicht.“

"Standhalten... so etwas wie Beharrlichkeit? Eine sicherlich nicht zu verachtende Eigenschaft. Dann hast du wohl die Perle in einem Haufen Scheiße gefunden." erwidert der Barde mit schalkhaft glimmenden Augen, doch der fast schon obligatorischen Veralberung folgt schließlich noch ein etwas nachdenklicheres Nicken und eine vage Handbewegung. "Ich bin nicht sicher, ob ich es in der Intensität nachempfinden kann, die du dafür empfindest. Ich würde es sicherlich allzu schnell als Starrsinn betiteln, aber ich habe es auch immer eher vorgezogen zu weichen, als stand zu halten." er hebt leicht die Schultern und muster Hel neugierig. Unterschiedlicher könnten die beiden Charaktere wohl nicht sein, die hier zusammen sitzen. "Und was hast du mit deinem Stolz und deiner Ehre so angestellt?" erkundigt sich der Barde freimütig, ehe er noch eine Schluck nimmt, um den Becher erneut zu leeren. Mit dieser Frage hätte man rechnen können, ist sie scheinbar einfach nur neugierig und ohne Hintergedanken gestellt und doch dürfte Hel mittlerweile erahnen, dass sie relativ gezielt und auch kritisch gesetzt ist.
"Keine Sorge, ich unterschätze mich nicht. Ich weiß was ich kann." erwidert er mit einem kleinen Schmunzeln. "Ich habe nur absolut kein Interesse an derartiger Aufmerksamkeit, Hel. Ich bin als niemand geboren und möchte auch gerne niemand bleiben, denn freier kann man kaum sein." sich noch einmal nachschenkend verlagert der Barde seine Sitzhaltung ein wenig und trommelt mit den Fingernägeln einen kurzen Rhythmus auf seinem Becher, als ginge ihm eine Melodie durch den Kopf. Schließlich lacht er leise und hebt die Schultern. "Hätten wir uns unter anderen Umständen kennen gelernt, würdest du auch nicht hier mit mir sitzen und mir dein Leben breit treten. Machen wir uns nichts vor." lächelt er unbefangen. "Die Kulisse hier spielt mir eindeutig in die Karten."
"Promecheus..." nimmt er schließlich die Legende von vorhin nochmal auf, schüttelt jedoch nach einem kurzen Moment des nachdenklichen Grübelns den Kopf. "Ich werde sie dir ein andermal erzählen. Ich bin neugierig wie du das Lied interpretierst."

Mit einem leichten Kopfschütteln widerspricht Hel dem Barden. „Nein, Beharrlichkeit ist zumeist Starrsinn, reine Bequemlichkeit nicht außerhalb der hergebrachten Bahnen denken zu müssen. Ich meine die Freiheit sich entscheiden zu können. Lange genug war ich absolut deiner Meinung, zehn Schritte zurück und einen Bogen schlagen, wenn es zu teuer wird stehen zu bleiben. Ich hätte gelacht, wenn mir einer erzählt hätte, was ich dir jetzt gesagt habe.“
Wie eine Welle schlägt die Erinnerung über ihm zusammen.
„Meine Frau ist beim Kampf um das innere Tor der Zitadelle gefallen. Sie ist nicht gewichen, trotzdem ich befohlen hatte nur hinhaltenden Widerstand zu leisten. Das ist Vorovis, Javero.“
Er verstummt für eine kleine Weile.
„Ich habe sie verschenkt. In ihrem Schatten ist kein Platz für Ehre und Stolz. Wenn du ihr dienst, dann tust du ihren Willen, verrätst deine Freunde, wechselst deine Persönlichkeit wie abgetragene Kleidung, gehst dorthin wo sie dich haben will.“
Mit dem Becher in der Hand hört er Javero zu.
„Das verstehe ich schon, daß du kein Interesse an solcher Aufmerksamkeit hast, selbst wenn es sich nur um ein Gedankenspiel handelt. Ich wünsche dir nur, daß es hier niemals dazu kommt, daß du diese Aufmerksamkeit auf dich ziehst. Mich kannst du dabei getrost vergessen, ich habe genug von diesen Spielen. Aber ich bin hier vielleicht nicht der Einzige, der sich auf diese Art von Spiel versteht. Also achte auf deinen Hintern.“
Der Rhythmus den der Barde mit den Fingernägeln auf seinem Becher klopft läßt ihn verstummen. Es dauert etwas bis er antwortet.
„Ich bin in der Gosse aufgewachsen und ich habe es nicht vergessen. Vielleicht wäre ich unter anderen Umständen weniger deutlich gewesen, das mag sein. Aber ich wäre mir auch in Vorovis nicht zu gut gewesen, um mit dir einen zu heben.“
Neugierig frägt er nach: „Welches Lied?“

Erneut liegt ehrliches Bedauern in den Augen des Barden, als Hel über seine Frau spricht. "Verdammt, wie viele Frauen hast du eigentlich noch zu Grabe tragen müssen, Hel?" entschlüpft es ihm fassungslos aber wohl eher rhetorisch, reibt er sich dabei die Stirn, als könne er es kaum fassen erneut von einer zerstörten Liebe zu hören. "Diese Freiheit klingt für mich eher nach der Wahl zwischen Abort und Jauchegrube. Tut mir leid, ich verstehe es sicherlich einfach nur nicht." er hebt leicht die Schultern und tatsächlich liegt kurzzeitig so etwas wie Frustration in seinem Blick, was aber mittlerweile auch dem Rumkonsum geschuldet sein könnte. Es war wohl eh erstaunlich wo der hagere Mann das alles hinsteckte, ohne auch nur ansatzweise angetrunken zu wirken, aber sicherlich handelte es sich hierbei auch um routinierte Gewohnheit.
Geräuschvoll bläst er die Luft aus, kratzt sich mit skeptischer Miene am Hinterkopf und schmälert die Augen, während er Hel betrachtet. "Du bist wirklich nicht leicht zu verstehen." gesteht der Spielmann offen, aber mit einem schiefen Grinsen. "Kaum bist du den Fesseln deiner Geburt entkommen und hast Stolz und Ehre erlangt, verschenkst du diese wieder und begibst dich zurück in eine Knechtschaft. Bist du Masochist?" mit neugierig gelupfter Braue blickt er Hel durchaus etwas provokant entgegen, lacht aber schließlich und nimmt noch einen Schluck Rum. "Ach, wer einen Narren zum Spielen auffordert, muss mit gezinkten Karten rechnen." erwidert er unbekümmert. "Aber es freut mich sehr, dass du um meinen Hintern besorgt bist. Ich werde gewiss darauf Acht geben." er schenkt Hel ein feines Grinsen, richtet sich dann etwas auf und schaut zu seiner Laute, die immer noch am Tisch angelehnt steht. Kurzentschlossen erhebt er sich und greift danach, legt sich das Instrument um und testet die Stimmlage der Saitenso routiniert, wie andere den Sitz ihrer Kleidung ordnen. "Gut, ich sing's dir vor. Danach will ich wissen, wie du es interpretierst." legt er die Bedingung dieses kleinen Ständchens fest, wartet noch auf eine Zustimmung und beginnt dann auch schon die Nacht mit einer Melodie zu beleben. Wider der sonstigen Art des Bardens lieber gemütlich herum zu lümmeln, scheint es hierbei eine gewisse Notwendigkeit zu geben aufrecht zu stehen und auch ohne jegliches Gespür für musikalische Darbietungen erkennt man rasch, dass dieses Stück auf eine gewisse Art zum Leben erweckt wird. Mag es dem Text geschuldet sein, oder der leicht angerauten Stimme des Musikers, doch es ist spürbar, dass ihn mit diesem Lied mehr verbindet, als bloße Unterhaltungssucht.

"Erkenne die Menschen,
ihr Geist ist erfroren,
gezwungen, zu leben
in ewiger Nacht.
Erhöre ihr Klagen,
ihr Feind ist die Kälte,
verdammt, zu warten
in ewiger Wacht.

Im Schweif des Kometen,
vor nachtschwarzen Wolken,
steige ich brennend
vom Himmel herab.
Die Hand hält das Feuer,
mein Geist die Erkenntnis,
trage ich der Götter
Gebote zu Grab.

Ich bringe euch Feuer,
die Kraft zu erkennen.
Ich bringe euch Feuer,
den Zorn der Götter auf die Welt.

Ich bringe euch Feuer,
die Macht zu verbrennen.
Ich bringe euch Feuer,
und Asche, die vom Himmel fällt.

Erkennen heißt Freiheit,
sich selbst zu entscheiden:
kein Schicksal ist
von den Göttern erdacht.
Den Geist zu entflammen,
die Saat der Erkenntnis,
hat aus den Menschen
selbst Götter gemacht.

Mein Werk ist verrichtet,
die Grenze gefallen,
Unwissenheit ein
gebrochener Fluch.
Meine Strafe jedoch
wird unfassbar erscheinen,
wie ein von Göttern
geschriebenes Buch.

Ich bringe euch Feuer,
die Kraft zu erkennen.
Ich bringe euch Feuer,
ein Lodern, das die Nacht erhellt.

Ich bringe euch Feuer,
die Macht zu verbrennen.
Ich bringe euch Feuer,
und Asche, die vom Himmel fällt.
~Saltatio Mortis - Prometheus~

De letzten Töne verklingen, lassen die Stille der Nacht noch viel allumfassender zurück. In den Augen des Barden liegt ein Glimmen, steht es außer Frage, dass seine Gedanken kurzzeitig in einer gänzlich anderen Atmosphäre verweilt haben, viel mehr Gehört und gesehen haben, als das einfache Solo eines Lautenspielers jemals hätte vermitteln können. Aufmerksam blickt er Hel entgegen.

Schweigen ist die einzige Antwort auf die Frage des Barden nach seinen Frauen. Seine Gedanken schweifen ab, wandern zurück. Nicht einmal der Rum vermag diesen Scherben die scharfen Kanten zu nehmen. Erst als der Barde vernehmlich ausatmet, kehrt er in die Wirklichkeit dieser Nacht zurück. Leicht schüttelt er den Kopf.
„Nein, Masochist bin ich keiner. Man gibt nur leicht etwas aus der Hand, das scheinbar keinen Wert hat. Was bedeutet schon Ehre wenn du in ihrem Schatten wandelst? Sie nimmt dir die Ketten, die dich niederdrücken und die, die sie dir stattdessen anlegt, spürst du nicht. Erst wenn du einen Schritt von ihrem Weg abweichst, weißt du das du sie trägst. Erst wenn du zu verstehen beginnst, daß du nur eine Spielfigur bist, die sich nicht bewegt sondern bewegt wird, fängst du an zu begreifen. Wäre ich nicht nach Vorovis zurück gekehrt, hätte ich vielleicht nie zu Zweifeln begonnen.“
Die gezinkten Karten entlocken ihm ein schwaches Grinsen.
„Nicht nur Narren spielen mit gezinkten Karten. Reines Eigeninteresse, daß ich mich um deinen Hintern sorge. Mit wem sollte ich sonst bechern und tiefschürfende Gespräche führen?“:gibt er mit einem Anflug von Zynismus zurück. Als sich der Barde erhebt, nach der Laute greift und seine Bedingung nennt, akzeptiert Hel mit einem Kopfnicken. Als die ersten Akkorde erklingen, lehnt sich Hel zurück. Er lauscht dem Vortrag Javeros mit halbgeschlossenen Augen und so sitzt er auch noch, als der letzte Ton des Liedes schon verklungen ist. Erst nach einer Weile richtet er seinen Blick auf den Barden.
„Ich wollte ich hätte das schon vor dreißig Jahren verstanden.“: sagt er leise. Er fährt sich mit beiden Händen durch das kurze Haar, sucht in den Rumnebeln nach den richtigen Worten.
„In diesem Lied stecken alle meine Zweifel, alle Gedanken mit denen ich mich in den letzten Jahren herum geschlagen habe. Ich habe in der Kälte und nach ihren Geboten gelebt. Doch ich habe zu Zweifeln begonnen. Wo ist die Freiheit sich entscheiden zu können, wenn deine Freiheit einzig und allein darin besteht, den Weg zu gehen, den sie dir vorzeichnet? Dieser Zweifel war der Funke, der das Feuer entzündet hat. Jetzt brennt es und ich werde es irgendwann wissen ob es mich wärmt oder ob ich darin verbrenne. Aber sei es wie es sei, ich bin kein Spielstein mehr. Das höre ich in deinem Lied.“

"Sie muss wirklich ganz schön was zu bieten haben, wenn man sich freiwillig in ihren Schatten stellt..." erwidert der Barde mit einem skeptischen Schmunzeln. "Ich bin eher ein Sonnenkind - schön warm und macht bessere Laune." er hebt vielsagend den Becher und prostet Hel zu. "Aber sag,...was ist aus den Ketten geworden? Vella sagte du hast ihr abgeschworen, aber du sagst du spürst ihre Klauen noch, also was für ein Zustand ist das gerade?" will er wissen, wobei er wohl ganz bewusst die drastische Metaphorik beibehält.
Hels Worte zu seinem Lied lassen ein Lächeln auf den bärtigen Zügen erscheinen, welches auf eine undefinierbare Weise dankbar wirkt.
"Dann hätten wir uns wirklich früher kennen lernen müssen." erwidert er, während er gemächlich die Laute von der Schulter zieht. Er setzt sie wieder ab und lässt die Finger dabei zärtlich über den Griff streichen, während er den Blick zum Metcha hin wendet. "Ja, wenn der Funke des Zweifels gesät ist, braucht man noch Mut ihn zu einem Feuer erwachsen zu lassen. Aber den Preis kann nicht jeder zahlen. Genau das ist der Fluch, den ich meine." noch einen Moment lang bleibt er stehen, wendet Hel halb den Rücken zu, während seine Gedanken kurz in die Ferne schweifen. Als er sich wieder umwendet, grinst er breit, schnappt sich seinen Becher und lässt sich wieder in den Sessel sinken. "Vielleicht wäre in diesem Falle ein wenig Standhaftigkeit von Nöten..." bringt er mutmaßend Hels Lieblings-Charakterzug ins Spiel, lacht jedoch schon wieder ungezwungen. "Ich hab' das Lied ewig nicht mehr gespielt. Irgendwie verrückt, dass da erst der vorovisische Reichsprovisor kommen muss, um den Sinn dahinter zu würdigen."

„Hat sie.“: gibt er widerwillig zu. „Ungefähr so, als ob du einen Teil von dir selbst heraus schneidest und wegwirfst. Sie war mehr als die Hälfte meines Lebens meine Zuflucht, aus ihr habe ich Kraft geschöpft. Sie war buchstäblich der Weg, das Ziel, Alles. Jetzt ist da leer, ein Riesenloch das ich jetzt füllen muß und ich weiß immer noch nicht, ob ich es fertig bringe. Ihre Krallen reißen nicht nur, sie können so sanft sein, wie die weichste Frauenhand. Sie lockt mich. Manchmal höre ich ihre Stimme in meinen Träumen. Es wäre so leicht, sich wieder fallen zu lassen. Aber genug davon“
In einer fahrigen Geste fährt er sich über die Stirn.
„Selbst wenn, wer weiß ob ich es damals verstanden oder dir überhaupt zugehört hätte. Es hat verdammt lang gedauert, bis der erste Funke da war. So als ob ich durch den ganzen Mist hindurch waten mußte, um auch nur anzufangen zu verstehen.“
Er nimmt seinen Becher führt ihn zum Munde und stellt ihn ohne zu trinken wieder zurück.
„Ich weiß auch nicht, ob ich den Preis wirklich zahlen kann. Aber ich sage mir, daß hier ist meine Chance, vermutlich die letzte die ich habe. Also werde ich standhaft bleiben müssen.“: gibt er mit einem schiefen Lächeln zurück.
„Nicht verrückter als die Tatsache, daß wir hier sind. Was bedeutet dir dieses Lied? Das es dir etwas bedeutet, konnte ich spüren.“

"Das klingt weniger nach einer religiösen Passion, als nach einer ausgewachsenen Sucht, mein Freund." kommentiert der Barde mit skeptisch gelupfter Braue. "Aber den Entzug hast du dir ja schon verordnet und hier sind die Bedingungen ja nun wirklich ideal. Genug Rum ist auf jeden Fall da, um sich ein Leben lang darin zu ertränken." er grinst, schiebt sich die Locken zurück und schwingt lümmelnd die Beine über die Sessellehne. "Eine weitere Frau in deinem leben...Hel Hel Hel..." gluckst er schließlich, wohl auch um die Schwermut nun doch wieder in etwas lockerere Bahnen zu lenken. "Vielleicht solltest du das Ufer wechseln." schlägt er ungezwungen vor und nimmt erneut einen Schluck Rum. Als Hel seine Frage stellt, hebt er etwas überrascht die Brauen, streicht sich kurz über den Bart und lächelt schließlich mit leicht zuckenden Achseln. "Naja, ich denke jedem Erschaffer bedeuten seine Werke etwas." erklärt er erst etwas vage, wippt dabei leicht abwesend mit dem Fuß und lässt das Glöckchen klimpern. "Aber es erinnert mich auch an eine Zeit, an die ich gerne zurück denke. Es ist schwer zu beschreiben - diese Atmosphäre, die Begeisterung einer Menge die deine Texte mitsingt und für deine Worte brennt. Das Gefühl Wände einzureißen und Brücken zu schlagen." die Stimme des Spielmannes klingt verklärt, als verweile er für den Moment seiner Worte in einer der Untergrundkaschemmen, um der wogenden Masse für die Dauer einer Nacht mit seiner Musik die Ketten des Geistes zu lösen. "Ich war damals noch recht übereifrig und dachte ich könnte wirklich etwas bewegen. Aber eine alkoholisierte Meute ist nicht unbedingt die beste Zielgruppe für anspruchsvolle Wortspiele und Denkanstöße." er grinst Hel zu und hebt prostend den Becher. "Darum war die Karriere des Feuerbringers recht schnell und undankbar wieder zu ende."

„Entzug mit einer Wagenladung Rum. Das lasse ich mir gefallen.“: grinst Hel dem jetzt die Trunkenheit anzumerken ist. „Das Ufer wechseln? Deine Ideen war schon besser. Haarigen Männerärschen kann ich nicht viel abgewinnen, nicht einmal wenn mir der Rum bei den Ohren herausrinnt.“
Er nimmt noch einen Schluck, verzeiht das Gesicht und stellt den Becher weg.
„Für heute reichts mir.“
Bei den nächsten Worten des Barden ist es nun an Hel überrascht die Brauen zu heben.
„Dein Lied?“ Im Tonfall ehrlicher Anerkennung sagt er nach einem Moment: „Respekt, Javero, beeindruckend, deine Worte.“
Für einen trunkenen Moment starrt er an ihm vorbei, in die Nacht hinein.
„Aber wenn du etwas bewegen willst, dann müssen deine Bilder einfach sein. Eine Masse Leute auf einem Haufen denkt nicht, sie fühlt. Also müssen deine Worte, deine Bilder direkt auf das Gefühl zielen, nicht auf die Gedanken.“
Schwankend setzt er sich auf.
„Ich bin besoffen, wie ein Matrose auf Landgang. Ich verziehe mich in mein Bett und Klappe zu. Wenn du willst kannst du dich drinnen breit machen, wenn dich das Loch in der Matratze nicht stört.“
Schwankend kommt er auf die Beine.
„Wir sehen uns auf jeden Fall morgen.“ Er hebt noch die Hand zum Gruß, greift zweimal nach seiner Asnivala bevor er sie erwischt, visiert das Bett am anderen Ende der Veranda an und macht sich wackelig auf den Weg.

Grinsend beobachtet der Spielmann, wie der schwankende Kahn in Bewegung kommt, um möglichst unfallfrei in den nächtlichen Hafen zu schippern. "Danke, aber allein ist es mir in einem Bett irgendwie zu einsam." erwidert er auf das Angebot der Übernachtung hin. "Außerdem dämmert es ja noch nichtmal, wer kann da schon vernünftig schlafen?" stichelt er noch, ehe er mit einem Zug seinen Rum leert und sich erhebt. Die Laute wird umgelegt, dann wendet sich der junge Mann noch einmal zum Bett, in welches der trunkene Gastgeber sicherlich schon hinein geplumpst ist. "Schlaf gut, Hel." verabschiedet er sich mit einem Lächeln, dann zeugt das leise Schellengebimmel davon, dass er sich von der Veranda entfernt und alsbald ist auch Ruhe eingekehrt.