Forum Übersicht - RE: Auf der Suche nach Tessya - 5

"Vella? Aber warum denn.... Vella????"

Chelia sieht aus wie vom Donner gerührt. Vella? Aber echt jetzt! Was würde denn VELLA dazu verleiten, ihr, der Erzfeindin ihres ehemaligen Geliebten, ein Brot zu schenken? Oder vielleicht gerade deshalb? Aber nein... Vella??? Unmöglich. Sie sieht Javero eine Weile lang an, dann fügt sie hinzu: "Und was Ataeric betrifft, nun ja, hattest du eben den Eindruck, als würde er mich über alle Dinge verehren?"

Chelia schüttelt den Kopf, dann legt sie ihn gegen Javeros Schulter, die nun wohl nicht sehr abgepolstert sein wird, ihr aber bequem genug zu erscheinen scheint.

"Weißt du," fahrt die dann im Erzählton fort, "als Jahajas bist du nicht mehr viel auf der Straße unterwegs. Da schreibst du und schreibst und schreibst und schreibst. Freilich, bei mir war das Besondere dass ich erstens jung war, und zweitens eine Frau, und da musste ich zusehen, ernst genommen zu werden. Also musste ich wenigstens im Training so viel leisten wie zwei andere. Ich glaube, das ist mir ganz gut geglückt. Klagen von innerhalb der Mannschaft habe ich jedenfalls direkt keine gehört. Naja, und da sind schon hie und da einige blaue Flecken vorgekommen, aber dass ich jetzt richtig verletzt war, das ist mir bisher nur in Vorovis passiert und später in Gilgat."

"Vella ist ein sehr herzliches Fräulein und es würde mich nicht wundern, wenn in ihr auch eine großartige Bäckerin schlummern würde." erwidert der Spielmann mit einem unbescholtenen Grinsen. "Und Ataeric...der war doch nun wahrlich der erste der aufgesprungen ist, um dich auf Händen zu tragen. Vielleicht gelten im seiner Heimat grobe Kerle als besondere Leckerbissen. " er wackelt bezeichnend mit den Augenbrauen, lässt den Spaß dann aber fallen, als Chelia zu erzählen beginnt. Während sie sich an ihn lehnt, streicht er mit den Fingern das immer noch zerzauste Haar zurück und lässt die Fingernägel dabei immer wieder sacht über die Kopfhaut fahren. "Hmm, schreiben klingt mal erfrischend ungefährlich. " erwidert er schmunzelnd. "War sicher nicht leicht sich ständig behaupten zu müssen." einen Moment lang gleitet sein Blick nachdenklich über die anziehende Gestalt, welcher ein Schöngeist sicherlich vieles zuschreiben würde, aber keine Karriere als Kämpferin. "Was hat dich dazu bewegt diese Richtung einzuschlagen?" Will er wissen.

Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem belustigten Lächeln auf den Lippen verfolgt Chelia Javeros Ausführungen über die Mitbewohner der Insel. Bei der Bemerkung, dass es in Ataerics Kultur ein Liebesbeweis sein könnte, jemand anderem Schmerzen zuzufügen, beginnt sie wieder zu lachen. Da jedoch das Lachen zwar grundsätzlich etwas Schönes ist, in ihrem Falle gerade etwas schmerzhaft, entscheidet sie sich dazu, dass das Nicht-Lachen und dabei gehörig Grinsen wohl die bessere Alternative sein könnte. Doch dann kommt ja wieder einmal eine ernste Frage, und dementsprechend verschwindet auch langsam das Grinsen aus ihrem Gesicht.

"Da kam einfach eines zum anderen," antwortet sie. "Als ich Estichà erreichte, und dann ein paar Wochen im Mehdora-Tempel verbracht habe, wollte ich nur eines: Ich wollte mich rächen dafür, was mir angetan wurde. Und da lernte ich den Cherjar der elurischen Armee kennen, der mich dann auch gleich in seinen Stab genommen hat. Naja, irgendwann wurde dann Estichà meine Heimat, und mein Plan, nach Vorovis zurückzukehren, um einen aussichtslosen Kampf aufzunehmen, verrauchte irgendwann. Aber ich war mir so sicher, und das bin ich immer noch, dass mir so etwas nie wieder passieren darf. Also habe ich weitertrainiert, zunächst in einer Elite-Einheit der Stadtwache, bin langsam aufgestiegen und irgendwann war ich dann Jahajas. So war das."

Damit hat sie wohl zu Ende gesprochen, schweigt und sieht Javero mit einem freundlichen Schmunzeln an.

Sicherlich war es für einen passionierten Narren so ziemlich das Ungünstigste was man sich vorstellen konnte, wenn das Publikum beim Lachen Schmerzen litt. So verzieht der Barde auch etwas das Gesicht und neigt den Kopf zur Seite, um einen Kuss auf den Scheitel der Dunkelhaarigen zu hauchen. "Du bist echt ein denkbar schlechtes Publikum." scheltet er sacht, doch immerhin war das nächste Thema ernst genug, um nicht nochmal eine Schmerzwelle provozieren zu müssen.
"Hm hm." lässt der Barde ein sonores Brummen vernehmen, nachdem die Erzählung verklungen ist. Der Laut ist undefiniert, als solle damit keine Meinung und schlichtweg bloß Aufmerksamkeit für die Geschichte suggeriert werden. "Ich verstehe. Es vermittelt wohl eine deutliche Sicherheit sich wehren zu können." schlussfolgert er eher sachlich, ehe er wieder einen Moment lang in schweigen verfällt. "Elite..." kommt es ihm schließlich in den Sinn und er muss unwillkürlich grinsen. "Ich bin rundum von Prominenz umgeben. Ich sollte die Geschichte hier wirklich für die Nachwelt festhalten."

Hat der werte Leser jemals versucht, etwas NICHT zu tun? Unweigerlich wird er stets in Versuchung geführt, eben diese Tätigkeit aufzunehmen, und die Gedanken kreisen unweigerlich gerade um dieses sich selbst auferlegte Tabu, so dass genau dieses Nicht-Tun, so natürlich es auch erscheinen mag, zur fortgesetzten Qual wird. Genau dieses Phänomen scheint die angeschlagene Chelia erfasst zu haben, denn obwohl die Erwähnung der Prominenz seitens des Barden nicht unbedingt zwingend lachhaft ist, verleitet es sie zu eben diesem Ausbruch der Heiterkeit - mit der Konsequenz, dass er auch dieses Mal wieder in einem schmerzhaft verzogenen Gesichtsausdruck endet.

"Wahnsinnige Prominenz," antwortet sie. "Ein Barde, dessen Kunst ihn zu so unglaublichem Reichtum geführt hat, dass er mit geflickten Hosen herumrennt. Ein ehemaliger Reichsprovisor, dessen Reich untergegangen ist und der ohne Hose in dieses Land gekommen ist. Ein Krieger, der sich nicht einmal mehr daran erinnern kann, überhaupt Krieger zu sein. Eine Reichsbeamtin, deren einziger Bezugspunkt zu ihrem Reich sie so verängstigt, dass sie schon in Panik ausbricht, wenn sie ihn nur von Weitem sieht. Eine Priesterin ohne Tempel, die von den halben Bewohnern so respektiert wird, als ob sie eine Bauernmagd wäre. Und eine ehemalige Jahajas, der so lange Unfähigkeit vorgeworfen wurde, bis sie das Amt aufgegeben hat, und deren einiger Sinn hier zu sein wohl darin besteht, von dem ehemaligen Reichsprovisor Haue zu kriegen. Ich würde eher sagen, du bist von gescheiterten Persönlichkeiten umgeben, weniger von irgendwelcher Prominenz."

"Hey, vielleicht hab ich ja ne Villa in der Allianzhauptstadt und lauf nur in Flickenhose rum, weil es mir Spaß macht." erwidert der Barde gespielt pikiert und streckt Chelia prompt kindisch die Zunge heraus. Etwas bei ihren weiteren Worten lässt den stetigen Funken der Heiterkeit in seinen Augen jedoch erlöschen und auch wenn es nur kurz andauert, kann die Schwarzhaarige das plötzliche Anspannen der Schulter doch durchaus unter ihrem Kopf spüren. "Also das war wirklich nicht Tessyas beste Idee mich hier zu lassen." wechselt er das Thema nun wieder mit dem typischen Klamauk in der Stimme. "Von dem Barden tot-bespaßt. Super...danach ist mein Ruf endgültig ruiniert." er löst sich vorsichtig von der jungen Frau, grinst ihr forsch zu und hebt den lang vergessenen Becher Tee vom Boden auf, um ihn Chelia zu reichen. "Vielleicht solltest du dich besser wieder hinlegen und ein bisschen die Augen zu machen, hm? Je mehr du dich erholst, desto schneller bist du wieder auf den Beinen."

"Wenigstens hast du noch deine Laute, und bist deshalb unwiderruflich immer noch Barde," sagt Chelia, die dieses Mal das Lachen gerade noch so unterdrücken kann. Dann fährt sie ernst fort, nachdem sie den Tee genommen hat und einige Schlucke davon getrunken: "Du, ich wüsste nicht, wen ich lieber hier bei mir hätte. Es muss eine Fügung der Götter sein, dass du auch hier gelandet bist."

Sie nimmt Javero bei der Hand und sieht ihn eine Weile lang an, nippt wieder an ihrem Tee und sieht ihn dann wieder an, ohne jedoch seine Hand auszulassen.

"Aber vielleicht sollte ich wirklich etwas schlafen. Du kommt mich doch noch einmal besuchen, oder?"

Die Worte entlocken dem Spielmann ein sachtes Lächeln. "Naja die Auswahl lässt hier wohl auch wahrlich zu wünschen übrig, was?" witzelt er in seiner typischen Art komplimente herunter zu spielen, stellt sich dann aber erstmal der ausgedehnten Musterung. Neugierig betrachtet er die Verwundete, hält ihrem Blick unbedarft stand, selbst wenn das Schweigen wohl etwas seltsam anmuten dürfte. Als sie schließlich wieder das Wort erhebt, nickt der Barde einvernehmlich, hebt Chelias Hand und haucht ihr einen sachten Kuss auf den Handrücken. "Ich bleib' hier bis Tessya zurück ist. Schlaf in Ruhe, du bist nicht allein." verspricht er ihr.

Chelia sieht Javero in eindeutiger Manier an. Es mag sich zwar der Welt verschließen, ob Chelia für Javero einfach eine weitere Trophäe in seiner Sammlung weiblicher Beutestücke ist, oder aber ob er mehr empfindet - um Chelia mag es allerdings ziemlich sicher geschehen sein. Sie nimmt seine Hand und zieht diese zu sich, legt ihren Kopf darauf, lächelt Javero an. Wenige Augenblicke darauf ist sie auch schon eingeschlafen.

Ruhig und Geborgenheit spendend, lässt Javero die Verwundete in den benötigten Schlaf entgleiten. Erst als ihre gleichmäßigen Atemzüge von Vesanas Segen zeugen, schließt er kurz unter einem besorgten Stirnrunzeln die Augen. Langsam zieht er seine Hand unter der Umklammerung hervor und reibt sich nachdenklich den Bart, während er Chelia einen Moment lang betrachtet. Schließlich erhebt er sich, packt Laute und die Bierflasche und verlässt auf möglichst leisen Sohlen das Krankenzimmer. Draußen lässt er sich nahe des Hauses an einem Baum nieder und zieht die Laute auf den Schoss. Traumwandlerisch finden die Finger die richtigen Akkorde einer gedeckten Melodie, etwas melancholisch wehen sie durch den Garten der Heilerin. Der Gesang dazu bleibt aus, hängt der Träumer der Melodie mit geschlossenen Augen nach und verbringt so die Zeit, die er wachend ausharren musste.