Forum Übersicht - RE: nächtliche Erkundung - 2

Erst als der Barde an ihm vorbei ist und in der Dunkelheit verschwindet, grinst Hel. Der Mann war zumindest unterhaltend, das mußte man ihm lassen. Fürs erste zufrieden stakst Hel die paar Vat hinunter zum Wasser, watet bis zu den Hüften in das dunkle Wasser und läßt sich dann einfach vornüber fallen. Kalt schlägt der Metcha über ihm zusammen. Das Salz brennt in seiner zerschrammten Linken aber er genießt die belebende Frische. Prustend taucht er wieder auf und wäscht sich den Sand vom Körper. Eine ganze Weile planscht er noch im Wasser, immer darauf bedacht nicht ins tiefe Wasser zu geraten, dann watet er zurück an den Strand, schüttelt sich wie ein naßer Jewaka, kramt die Laterne aus dem Beutel und mit einiger Mühe die ihm seine geschwollene Linke bereitet, entzündet er sie. Er hat keine Lust im Dunkel in Dornen zu trampeln oder sich die Zehen an einem Stein zu verbiegen. Er sammelt seine Habe ein und macht sich im Schein der Laterne auf den Weg. Er muß nicht lange suchen, bis er den Weg findet, der zwischen den Bäumen zu dem Haus führt, daß er gesehen hatte. Vorsichtig wie er ist, legt er sein Gepäck ab, lockert die Asnivala in der Scheide und steigt dann erst die drei Holzstufen hinauf, die zu der großen überdachten Veranda führen. Im Schein der Laterne erkennt er zwei Sitzgruppen um Tische herum gruppiert, eine breite Liege mit einem geflochtenen Baldachin, die schleierfeine Vorhänge die die Mücken abhielten an die Pfosten gebunden, die das Geflecht stützten. Ein leises Klingeln läßt ihn herumwirbeln, aber es ist nur der Klang dünngeschliffener Muschelstücke an Fäden, die der Wind bewegt. Er klopft an die breite Schiebetüre die ins Haus führt und nur aus Lattenwerk besteteht. Dann ruft er, wartet und ruft nochmals, bevor er das Haus betritt. Er achtet nicht allzu viel auf die Einrichtung, geht durch das große Zimmer, öffnet jede Tür und kontrolliert die Räume. Er findet niemand. Im Moment ist er aber nicht bereit, sich Gedanken zu machen und geht seine Habe holen.
Einen Augenblick überlegt er aber dann macht er sich auf der Veranda breit. Das Salzwasser war auf seiner Haut getrocknet und noch immer kann er einen Hauch vom Duft des Metcha riechen. Er hat keine Lust sich in die Hose zu zwängen und so bindet er das orangene Tuch um seine Hüften zu einem Saraji, wie er in manchen Fischerdörfern Vobras getragen wird. Den Waffengurt schnallt er darüber und befestigt den Dolch so, daß er ihn nicht bei Sitzen stört. Schließlich streift er sich noch ein Hemd über. Die Asnivala legt er blank auf einen der Tische, entzündet die beiden Lampen mit den bunten Schirmen, die von der Decke des Verandadaches hängen, macht sich in die Küche auf, die zu seinem Erstaunen mit einem kleinen Lebensmittelvorrat ausgestattet ist, und sucht sich ein einfaches Mahl zusammen, das er auf die Veranda schafft. Aus dem kupferne Wassertank füllt er sich einen Krug, greift sich einen Becher und macht es sich in einem breiten Korbstuhl mit Sitzpolster bequem. Nachdem er gegessen hat, entkorkt er die angebrochene Flasche Schnaps und genehmigt sich einen kräftigen Schluck. Flasche und Becher in Reichweite lehnt er sich bequem zurück. Bis hierher kann er leise das Plätschern der Wellen hören, Zikkaden zirpen und hin und wieder klingen die Muschelscheiben in einer Brise. Er will nicht nachdenken, sich keine Gedanken über warum und wo machen. Er sitzt einfach da, trinkt hin und wieder einen Schluck und lauscht den Klängen der Nacht. Irgendwann fallen ihm die Augen zu, doch er schläft nicht, döst nur und seine Gedanken wandern zurück, weit zurück.

Das Lächeln begleitet den Barden auf seinem Weg, will nicht weichen und malt widerspenstigen Frohgemut in den Ernst der Lage. Die Arme hinter den Kopf verschränkt schlendert er die Straße entlang, lässt in Gedanken das Gespräch Revue passieren und lacht schließlich heiter gen Nachtfirmament. "Arta, geh nach Hause, du bist betrunken!" griemelt er vergnügt zu seiner imaginären Muse, da seine Gedanken in einer Windeseile Verse flechten, wie Weberinnen ihr Spinnrad antreiben. Glänzend bricht sich das Licht der Monde in seinen Augen, ehe er die Lider darüber herabsenkt und mit sonorem Summen eine Melodie anstimmt. Gleich darauf perlen die Verse über seine Lippen, wie er sie schon so oft im Taumel rauschgewschängerter Ausgelassenheit gesungen hatte, bejubelt, beneidet, zumindest für die verklärte Nacht der reichste Mensch der ganzen Röhre.

"Wir ziehen durch die Lande,
sind frei und unbeschwert,
kein Weg wird uns zu weit sein,
sind niemals umgekehrt.
Kein Fest bleibt ungefeiert,
kein Frauenherz verschmäht,
kein Becher voll gelassen,
gleich, wie der Wind sich dreht.

Wir leben unser Leben
so, wie es uns gefällt,
wollen mit keinem tauschen,
denn uns gehört die Welt.
Behaltet eure Schlösser,
euren Reichtum, euer Geld,
euch gehört ein Sack voll Gold,
doch uns gehört die Welt!"

Auf diese Weise tragen ihn die Schritte zurück zu dem gemeinsamen Häuschen, wo er sich noch eine Weile lang still auf dem Treppenvorsprung nieder lässt, ehe er die Laute ablegt und die Scherpe samt beutel und Säcklein als Kopfkissen drappiert. Sich auf den Rücken bettend, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Beine aufgestellt übereinander geschlagen schläft der Barde zu gewohnter Morgenstunde ein und hat offenbar einen solch gesegneten Schlaf, dass sich neben ihm Lijan aus einem Abgrund auftun könnte, ohne dass er es bemerken würde.

Von hier kommt er

„ Ich hab doch wen gehört!“ beharrt Ataeric, als er keine Antwort erhält, das hat er sich ja nicht eingebildet! „ Ist irgenjemand hier?!“ beginnt er lauter – eine gute Stimme, volltönig und laut die sich ohne Mühe Gehör auf einem übervollen Kasernenhof verschaffen würde. „ VERDAMMTES ARSCHLOCH JETZT KOMM AUS DEINEM LOCH!“

Eine Stimme reißt Hel aus seinem oberflächlichen Schlaf und den Bildern seiner Erinnerungen, die die Begegnung mit Vella aufgewirbelt hatte. Bevor er seine Umgebung noch bewußt wahrnimmt, hat er schon die Hand auf der Asnivala und springt aus seinem Korbstuhl. Doch da war nicht als die Veranda, die Schatten der Bäume und die Geräusche der Nacht. Kurz darauf läßt er die Klinge wieder sinken. Er hat zwar nicht verstanden was die Stimme brüllte, aber nach der angekündigten Heilerin klang das nicht und das weckte seine Neugierde. Vielleicht war es ein Gestrandeter, vielleicht nicht, doch es ist nicht Hels Art unnötige Risken einzugehen. So löscht er das Licht einer der Lampen, zieht sich in die Dunkelheit zurück, bevor er einen schrillen Piff ausstößt. Die blanke Klinge hält er so, daß kein Reflex den Ankömmling warnen kann und nach einer kleinen Weile pfeift er nochmals. Wenn der Kerl nicht völlig besoffen war, dann mußte er die Richtung erkannt haben und der Rest würde das Licht besorgen. Geduldig wartet Hel.

Er hält den Atem an den er eingezogen hat für einen weiteren, wütenden Ausruf als der Pfiff gut hörbar die Stille der Nacht durchdringt. Ataeric lauscht auf ein weiteres Geräusch, das ersteinmal nicht kommt, doch der Strand bietet nicht viele Richtungen die er gehen könnte. Das zweite Pfeifen bestätigt ihm seine korrekte Wahl und er muss nicht einmal weit über den weichen Sand laufen, bis er hinter einer Baumgruppe den kleinen Weg entdeckt der zu dem Haus führt. Die weiß gestrichene Fassade wird nur spärlich von dem Licht einer einzelnen Laterne erhellt, der Großteil der Veranda liegt in der gleichen Dunkelheit wie die, in der er sich aufhält und obwohl Ataeric für einige Herzschläge neben dem Stamm des ersten Baumes stehen bleibt, kann er bis auf die leichten Bewegungen die der Wind in den dünnen Vorhängen erzeugt nichts erkennen, das auf Bewohner schließen lässt.
Er lässt die Veranda für einen Moment aus den Augen und schaut zurück zum schwarzen erscheinenden Metcha, der unbeeindruckt seine seichten Wellen auf den nun dunkelgrauen Sand wirft und in dessen Schatten er ohnehin niemanden ausmachen würde. „ Ich bin unbewaffnet!“ entscheidet er sich nicht länger zu warten, die ganze Nacht hindurch bis zum Morgen der mehr Sicht, aber vielleicht doch nur weitere Einsamkeit verspricht. Ein Stiefel knallt gegen die erste Stufe was einen unartikulierten Fluch nach sich zieht. „ Ach verdammt.. ich komm jetzt hoch“, kündigt er überflüssigerweise an, ist seine Ankunft nicht zu überhören und damit verbunden nimmt er die drei Stufen, die Hände gut sichtbar vor sich erhoben. „ Ich bin kein Einbrecher.. also nimm deinen Prügel herunter und brat mir damit keinen drüber.. für sowas bin ich nun wirklich nicht in Stimmung. Und bei den Göttern.. mach doch endlich mal Licht, in dieser Dunkelheit sieht man ja die Hand vor Augen nicht!“

Das Licht der zweite Lampe, die am anderen Ende der Veranda leuchtet, gut ein dutzend Vat entfernt, dringt nicht bis zu den Stufen. Mit nackten Sohlen macht Hel so gut wie keine Geräusche als er grinsend in das Zwielicht am äußersten Rande dieses Lichtkreises tritt. In seiner Rechten hält er gesenkt eine Klinge, die nur auf den ersten Blick wie eine Asnivala aussieht.
„Zertrümmert mir die Stufen nicht.“: kommentiert er amüsiert den Fluch des Fremden. „Wer weiß was der Besitzer dieses Hauses mit uns anstellt, wenn er nur mehr eine Ruine vorfindet. Wartet einen Moment, ich mache Licht.“
Er entzündet die zweite Lampe und nun ist die ganze Länge der Veranda beleuchtet.
„Kommt herauf. Ich brauche euch wohl nicht zu fragen ob ihr von hier seid.“
Keinen Herzschlag lang läßt er den Fremden aus den Augen. Trotzdem daß er seine Klinge noch immer in der Hand hält, ist nichts Drohendes an seiner Haltung. Es ist aller Voraussicht nach nur in Fleisch und Blut übergegangene Vorsicht, die ihn dazu veranlaßt. Er mustert den Aufzug des Fremden mit einem breiten Grinsen.
„An eurer Stelle würde ich mir andere Kleidung suchen. Spätestens morgen Mittag seid ihr in dem Panzerzeug im eigenen Saft gegart, wie ein Krebs in der Schale. Ich bin Hel. Setzt euch und macht es euch bequem.“
Er weist einladend auf einen Stuhl an einem Tisch auf dem Reste eines einfachen Mahles, Flasche, Becher und Krug stehen.

„Für die braucht es weit mehr als einen Trampel..“, kommentiert Ataeric trocken die solide Bauweise, die ihm hier bisher überall begegnet ist. „ Eine Schande das der Besitzer nicht da ist..“,nicht ganz ohne Bedauern, hatte er gehofft genau diesen hier anzutreffen. Er wartet am oberen Ende der Stufen, bis Hel mit Hilfe der zweiten Lampe mehr Licht in die Dunkelheit bringt und mustert den Fremden ungeniert. Er kann sich gut einen der roten Krebse vorstellen, die mit staksigen Beinen über den Sand laufen, ein Vergleich der nicht ganz hinkt nur das er in seinem Fall Grün statt Rot wäre. „ Mh“, brummt er, hebt einen Mundwinkel zu einem angedeuteten Grinsen und nimmt das Angebot, sich zu setzen gerne an. Das Material ächzt – natürlich nicht- als sich der Mann auf den stabilen Stuhl niederlässt, dafür dringt ihm ein solches Geräusch über die Lippen. „ Dann erübrigt sich auch meine Frage.“ Anders als Hel hat er keine Probleme damit den Anderen aus den Augen zu lassen. Stattdessen streift er die kräftigen Handschuhe von den Händen, was einen ordentlichen Zug erfordert, wirft diese auf die Tischplatte und greift nach dem Krug, von dem aus er sich einen Becher füllt und einen kräftigen Schluck nimmt, bevor er sich wieder dem Mann zuwendet:“ Ataeric,“ nennt er diesem nicht ohne einen Anflug an Erleichterung seinen Namen, über den er bisher noch gar nicht nachgedacht hatte. „ Sagt mir Hel, wo bin ich hier?“

Hel wendet sich für einen Moment ab, greift sich die lackierte Scheide neben dem Tisch und steckt die Waffe zurück. Er lehnt sie neben Stuhl in Reichweite an die Wand. Bei der Gelegenheit kann sein Besucher erkennen, das er einen Dolch im Waffengurt stecken hat und das seine Linke so aussieht, als er hätte er sie jemand mit aller Kraft ins Gesicht gerammt. Er setzt sich ebenfalls, angelt nach der Flasche, nimmt einen kräftigen Schluck und schiebt sie über den Tisch Richtung Ataeric.
„Hiesiger Schnaps, kein Rum aber trinkbar. Ja, eure Frage erübrigt sich ich bin nicht der Besitzer dieses Anwesens.“ Er lehnt sich zurück und kratzt sich das Kinn, auf dem sich der Ansatz von Bartstoppeln abzeichnet. Die Frage Atarics entlockt ihm ein leises Auflachen.
„Das war die Frage des Tages, Ataeric. Ich habe nicht die geringste Ahnung. Niemand von uns die bisher hier aufgewacht sind, weiß es. Außer euch und mir hat es bis jetzt weiter Vier hier her verschlagen, wenn ich die unbekannte Heilerin mitrechne. Es ist ein hostinosverdammtes Rätsel. Die Stadt ist menschenleer, soweit wir bisher gesehen haben Dafür sehen die Häuser so aus, als ob die Besitzer nur für einen Schluck in die nächste Taverne gegangen wären. All die Sachen die ich trage und benutze stammen von hier. Ich bin sozusagen mit blanken Hintern hier angekommen. Ihr tragt eine ungewöhnliche Rüstung. Woher kommt ihr? Ach ja, das ist noch etwas. Ich sage es euch gleich, denn ihr werdet es ohnehin erfahren. Ich bin Vorovisianer. Wenn ihr also etwas gegen Vorovisianer habt, dann wäre das der Moment aufzubrechen, um unser gemütliches Treffen nicht ausarten zu lassen.“

„ Mit nacktem Hintern?“ wiederholt Ataeric, greift nach der Flasche und versenkt den Anflug eines Lächelns als er sie an den Mund ansetzt und einen Schluck daraus nimmt. Er lässt den Blick über die Veranda hinaus gleiten, Richtung Wasser und zieht die Augenbrauen zusammen. „Mh..“, gibt er nachdenklich von sich, lässt sich die Worte des Mannes noch einmal durch den Kopf gehen und nimmt einen weiteren Schluck ehe er die Flasche über die Tischplatte zurück schiebt. Kein Rum, aber doch ein starkes Gebräu und er bevorzugt einen klaren Geist. Er mustert sein Gegenüber und ihm scheint, der Mann hat sich bei seiner Suche auf das Wesentliche beschränkt: Waffen, Alkohol und etwas, das seine Blöße gerade noch bedeckt, nicht unbedingt unsymphatisch, man muss Prioritäten setzen.
„Sechs Leute... nicht gerade viel“, fasst er zusammen und schüttelt den Kopf. „ Nein, verlassen ist die Stadt nicht. Sie ist leer,“ geht er auf seine Beschreibung nicht näher ein, Hel wird auch so verstehen was er damit meint, da er den Zustand der Stadt selbst erfahren hat. „ Vorovisianer?“ hakt er nach, lauscht dem eigenen Wortklang und verspürt erneut das leichte Ziehen einer nicht faßbaren Erinnerung. „ Ein weiteres Rätsel,“ murmelt er leise, aber doch gut verständlich und sieht an seiner Brust herunter, wo die Schuppen in diesem Licht wieder schwarz wirken. „ Ich komme .. mh.. da ist ein Haus, recht groß mit einem Garten davor. Ich bin sozusagen aus dem Keller gekrochen....und wenn ihr heute keine Prügelei hattet, nehme ich an dass ihr den Weg kennt. Mehr weiß ich nicht. Ich kann euch nicht einmal sagen, ob ich etwas gegen Vorovisianer habe. Im Augenblick jedenfalls nicht, ihr seid der Erste den ich hier antreffe und darüber bin ich offen gesagt froh, “ er zuckt leicht mit den Schultern und hebt den Blick, um Hel ins Gesicht zu sehen. „ Eine unbekannte Heilerin? Dann habt ihr die anderen Drei bereits kennengelernt? Berichtet mir von ihnen!“ mildert er mit einem nachgeworfenen :“ Bitte“, den Befehlston.

Zu dieser Stunde ist Hel nicht nach Haarspaltereien, also läßt er Ataerics Bemerkung über die Stadt einfach im Raum stehen. Als sich die Flasche wieder in Reichweite befindet, nimmt er noch einen Schluck und hört ihm zu ohne ihn zu unterbrechen. Der kaum kaschierte Befehlston entlockt ihm ein Schmunzeln.
„Es scheint, als hättet ihr eine geraume Zeit Soldaten durch die Landschaft gehetzt, so wie ihr euch anhört. Offizier nehme ich an?“
Es ist eher eine Feststellung als eine Frage und er fährt fort ohne auf eine Antwort zu warten.
„Ihr werdet ihnen zwar früher oder später über den Weg laufen, aber da wir ohnehin im Moment nichts besseres zu tun haben, warum nicht? Da hätten wir den Barden. Nicht zu überhören. Er trägt einen Schellenkranz um einen Fuß. Braune Locken, Laute über der Schulter, nicht zu verkennen. Woher er kommt weiß ich nicht, vielleicht Gilgat. Nennt sich Javero. Dann wäre da noch die Renegatin, die aus einem Misthaufen gekrochen zu sein scheint. Ihr riecht sie 100 Vat gegen den Wind, wenn sie sich nicht in der Zwischenzeit in Lauge eingeweicht hat. Schleppt eine anständige Asnivala durch die Gegend, die sie zumindest halten kann. Stammt aus meiner Heimat, der sie den Rücken gekehrt hat. Ihren Namen kenne ich nicht. Und dann noch Vella, klein, zierlich, langes schwarzes Haar. Ich kenne sie von früher. Von der Heilerin habe ich nur gehört, ich weiß nichts von ihr. Da habt ihr das glückliche Quartet das sich diese entzückende Insel mit uns teilt.“
Das er über Vella nicht viel Worte verloren hat, scheint kein Zufall zu sein.
„Nein, keine Schlägerei, ich kenne das Haus und den Weg. Wir sind offensichtlich aus dem gleichen Ausgang aus der Anlage heraus gekommen. Aber das beantwortet meine Frage nicht. Laßt sie mich anders stellen. Wo habt ihr gelebt, bevor hier augewacht seid?“

Ataeric lehnt sich in dem Korbsessel zurück und lauscht aufmerksam dem Bericht des Mannes. Kurz und knapp und auch wenn er die ein oder andere Frage zu den anderen Unglücklichen hätte, stimmt er Hel´s Aussage er würde sie noch kennen lernen zu. Sechs Leute würden sich kaum aus dem Weg gehen können, wenn sie nicht wie Einsiedler versteckt leben wollen. „ Eine Insel?“ fasst er mit deutlich mangelnder Begeisterung die Information auf. „ Seid ihr sicher?“ Diese müsste schon sehr klein sein, um das mit deutlicher Gewissheit behaupten zu können, es sei denn der Mann wäre bereits länger hier- was ihm angesichts des Zustands seiner Hand unwahrscheinlich vorkommt. „ Nein.. das hat eure Frage nicht beantwortet“, kommt er auf Hel´s wiederholte Nachfrage zurück, die er seiner Meinung nach nur andeutungsweise beantwortet hat. Allerdings ist dieser Umstand für ihn selbst schwer zu begreifen und es laut auszusprechen macht es nicht besser, besonders da die anderen diese Schwierigkeiten nicht zu haben scheinen.
Er zieht hörbar den Atem ein und entlässt ihn geräuschvoll.“ Dann will ich es deutlicher sagen. Ich weiß es nicht. Ich war in dieser Anlage..“, so hat es zumindest Hel genannt und ihm erscheint es eine passende Beschreibung zu sein, die er aufgreift.“ Davor? Nichts. Ihr vermutet ich sei ein Offizier. Bevor ihr diese Bezeichnung aber erwähnt habt, wäre mir diese nicht in den Sinn gekommen. Jetzt da ich es gehört habe.. Ich weiß dass ich weiß was eine solche.. Person ist..was es bedeutet.. aber ob ich einer bin?“ Er hebt die Schultern und betrachtet die Schnapsflasche, deren Anblick in diesem Moment geradezu verlockend ist.“ Manches das ihr erwähnt kommt mir entfernt bekannt vor.. als müsste es mir etwas sagen“. Er reisst seinen Blick von der Flasche los und bedenkt Hel mit einer mißlungenen Version eines Grinsen:“ Nun wie mir scheint seid ihr mit blankem Arsch ohne einem solchen Ballast angekommen“, legt er die flache Hand auf seinen Lederpanzer und tippt sich anschließend an die Stirn:“ Ich dagegen bin hier oben nackt.. und sammel mir die Dinge zusammen. War das deutlich genug?“ ist in seinem letzten Satz der Anflug von Gereiztheit zu erkennen, dem anzuhören ist dass er das Thema nicht weiter zu vertiefen wünscht..

Sicher bin ich nicht. Ich vermute es nur.“ Hel unterwirft sich nicht der Zurückhaltung die sich sein Gast auferlegt und angelt sich die Flasche. Nach einem kräftigen Schluck, betrachtet ein paar Herzschläge lang Ataeric, dann nickt er.
„Ja das war deutlich genug. Ich erinnere mich bis zu einem gewissen Zeitpunkt klar und deutlich an alle Einzelheiten. Nach diesem Zeitpunkt ist mein Gedächtnis so löcherig wie ein Sieb. So als hätte man aus einem Buch die Seiten herausgerissen, nur jede Zehnte ausgespart und in die noch ein paar Löcher hinein gebrannt. Ich erinnere mich an ein Gesicht, an eine Begebenheit, aber nicht was es damit auf sich hat. Es ist zum aus der Haut fahren. Ich hoffe wie ihr, die Lücken irgendwie füllen zu können und habe wahrscheinlich besseren Karten. Die Heilerin soll zur fraglichen Zeit in der Stadt gewesen sein, in der ich gelebt habe. Ich wäre schon für ein paar Fetzen dankbar, die ich in die Lücken stopfen könnte. Bei euch, nun ich weiß wirklich nicht, ob ich euch bedauern oder beneiden soll. Es gibt Momente, da wäre ich dankbar mich nicht erinnern zu müssen, auf der anderen Seite was bliebe von mir, hätte ich alles vergessen. Ich weiß nicht, ob ihr wirklich Offizier wart, woher auch, aber ihr seid befehlsgewohnt und ihr seid in einer Rüstung hier aufgetaucht. Ein ziviler Anführer hätte vermultich in teuren Stoffen gesteckt. Es sei denn jemand oder etwas will den Eindruck erwecken, ihr seid gewesen was ich vermute. Diese ganze Geschichte hier stinkt von hinten nach vorne.“

Er ist sich selbst nicht sicher ob er zu bedauern oder zu beneiden ist. Nichts zu wissen wirft wenige Fragen auf, bisher stellt er sie sich erst in dem Moment, in dem er sie beantwortet- wie die Nennung seines Namens. Er hofft das es so bleibt. Lücken dagegen sind ein immer anwesendes Fragezeichen, das bestrebt ist gefüllt zu werden...weshalb er eher zu angebrachten Neid als Mitleid tendiert. „ Vielleicht kenne ich eine der anderen Personen...“, die zumindestens ein paar Sätze in sein leeres Buch schreiben könnte. Er nickt zu den Ausführungen seines Gastgebers, merkwürdig ist die ganze Situation in der Tat. „ Zumindest für unser leibliches Wohl ist gesorgt. Wie praktisch das von den sechs Leuten sogar einer mit Heilkünsten versehen ist. Damit sind wir mit einem angenehmen Dach über den Kopf, Kleidung, Nahrung und Infrastruktur besser ausgestattet als manch ein Dorf. Fehlt noch ein Schmied oder ein beliebiger geschickter Handwerker, ein Bauer, ein Klatschweib und ein Bürgermeister. Ahh.. spart das Klatschweib aus, für Unterhaltung ist dank dem Barden bereits gesorgt. Die Figur des Gardisten oder Soldaten habe ich anscheinend überschrieben bekommen. Ich bin neugierig.. welche Rolle gebührt euch? Klingt nach einem verdammt spannenden Theaterstück. Vielleicht sollten wir Ausschau nach dem Spielleiter halten, bevor es der Text des Stücks weniger gut mit uns meint und die Kulisse anderes zu bieten hat als Wein, Weib, Gesang .. euren nackten Arsch und die salzige Brise des Metchas..“

Araerics letzte Bemerkung läßt Hel auflachen.
„Mein Arsch, Wein, Weib und Gesang umfächelt von einer salzigen Brise. Das hat zweifellos etwas paradisisches an sich.“
Er schlägt nach einer Mücke die sich auf seinem Arm niedergelassen hat. Zweifelnd zuckt er mit den Achseln.
„Ich weiß nicht, aber bleiben wir einmal bei eurem Vergleich mit einem Theaterstück. Wenn es eines ist, dann eher ein Stegreifspiel, in denen die Schauspieler nur Stichworte bekommen, keinen Text und selbst das setzt ein gewisses Zusammenspiel voraus. Wenn ich mir unsere Akteure so ansehe, kommen mir da ein paar Zweifel. Ich nehme mich da gar nicht aus. Ich habe die Nase ziemlich voll davon irgendwelche Rollen zu spielen.“
Er greift wieder nach der Flasche, dreht sie aber nur spielerisch in seiner Hand.
„Aber in einem gebe ich euch völlig recht, irgendwer oder irgendwas steckt dahinter. Die Dinge sind meist nicht so wie sie scheinen, also mißtraue ich auch der Idylle hier. Warum meint ihr hocke ich mit einer Klinge in Reichweite am Tisch? Es muß einen Grund geben für diese Inszenierung. Niemand baut so etwas aus reinem Spaß an der Freude in die Landschaft und füllt es wahllos mit armen Idioten. Wir wissen im Moment aber nicht warum, wem wir an den Kragen sollen und schon gar nicht wie. Etwas dünn für irgendwelche Aktionen.“
Jetzt führt er die Flasche zum Mund und trinkt.
„Außerdem, das gebe ich offen zu, sind mir meine Probleme im Augenblick wichtiger. Aber nicht nur aus reinem Eigennutz. Es kann ganz gut sein, daß ein Teil der Antworten, die wir suchen, in dem liegen, was wir vergessen haben. Ich schlage vor, sprecht zuerst mit den Anderen, vielleicht ergibt sich etwas und ich sehe dazu, das ich die Heilerin irgendwo zu fassen bekomme.“

„ Ihr habt wahrscheinlich noch nicht viele Dramen gesehen.. die Akteure spielen selten miteinander..“, gibt Ataeric zu bedenken und fragt sich im gleichen Atemzug, wieviele er gesehen hat, das er meint solches beurteilen zu können. Er legt die Stirn in Falten als der Andere davon spricht hier wäre etwas gebaut und anschließend mit ihnen befüllt worden, was aber nicht mehr als an seinen Erinnerungen zupft statt zu Verwunderung führt. Er unterbricht die laute Überlegung Hel´s jedoch nicht ein weiteres Mal und gibt ihm Recht. Aus einem ganz ähnlichen Grund hat er vorhin laut behauptet unbewaffnet zu sein- ohne das es der Wahrheit entspricht. „ Bei dem Mißtrauen gehen wir uns ziemlich schnell gegenseitig an den Kragen“, womit er wieder mitten in seinem Drama angelangt wäre. Blinder Aktionismus ist wirklich fehl am Platz.
Er fährt sich mit der Hand über die Haare, reibt über den Hinterkopf und lässt die Hand im Nacken ein, zwei Herzschläge verweilen, bis ihm auffällt das er dort eigentlich den ledernen Nackenschutz spüren sollte. „ Mein Helm fehlt“, fasst er die Erkenntnis sogleich in Worte, der er nicht allzuviel Bedeutung beimisst und die nicht einmal an Hel gerichtet sind. „ Euer Vorschlag ist gut..“, gibt er ansatzlos zu, zumindest bei ihm scheinen Gespräche Erinnerungen zurück zu bringen. Und damit auch Fragen. Was oder wen hat er dann befehligt.. und wo? Vorallem.. wozu? Vielleicht findet er dann die entsprechenden Antworten?„ Es macht ebenfalls Sinn die Insel zu erkunden. Oder sich zumindest sicher zu sein dass es eine ist und wie sie beschaffen ist. Dann gibt es vielleicht keine allzu.. unerwartete Überraschungen. Aber ich schaue mir morgen erst einmal Vella.. klein, zierlich, langes Haar- den Barden Javero und eure namenlose Renegatin aus dem Misthaufen an... eins nach dem anderen.. Ach .. gebt her, ein wenig werd ich wohl vertragen“, fordert er die Flasche von Hel zuerück, um einen großzügigen Schluck zu nehmen. Um das hier zu ertragen bräuchte es eigentlich weit mehr, als nur die eine geteilte Flasche..