Forum Übersicht - Der Platz der Tänzerin » Im alten Quartier

--> Rotz und Wasser

Als sie auf den Platz mit dem Brunnen kommt, ist sie schweißnaß. Es fühlt sich an als ob es mit jedem Atemzug heißer wird. Die Luft steht auf dem Platz. Auch von den Steinplatten geht Hitze aus. Ira fühlt sich wie ein Echsensteak auf dem Rost. Dann klingelt es. Windstille, die Ruhe vor dem Sturm. Verdammt, auch das noch! Ein paar Tage noch und dann geht es los! Sie wischt sich den Schweiß vom Gesicht. Sie will nur mehr in den Schatten. Ira atmet auf, als sie das Haus betritt in dem sie geschlafen haben. Es ist noch relativ kühl im Inneren. Sie läßt sich auf einen Sessel in der Küche fallen und überlegt. Einerseits steht das Haus am Strand schon lang. Also wird es wahrscheinlich nicht vom Sturm weggeblasen. Aber das Dach ist auf einer Seite ordentlich demoliert. Wer weiß ob es das noch aushält. Aber hier will sie nicht bleiben. Irgendwo in einem anderen Haus unterschlüpfen? Ihr Durst wird stärker. Also geht sie hinaus in Garten hinunter zum Brunnen. Das kühle Wasser ist eine Wohltat. Ohne lang zu überlegen zieht sie sich den Kittel aus. Sie wäscht sich ausgiebig und genießt die Abkühlung. Dann drückt sie auch den Kittel im kalten Wasser durch. Jetzt aber zurück in den Schatten! Nackt wie sie ist geht sie zurück. Sie hängt ihr Kleid über das Geländer und setzt sich auf die Veranda. Ist sie noch naß oder schwitzt sie schon wieder? Die nächsten Tage werden eine Qual! Soviel ist sicher. Sie hat keine Lust jetzt durch die Stadt zu laufen. So bleibt sie sitzen und überlegt.

Ira ist mit ihren Gedanken weit weg. Sie hat sich über Sundara echt geärgert. Aber jetzt tut es ihr fast leid dass sie so ausgerastet ist. Sie bemerkt den Mann erst einen Augenblick bevor er zu reden anfängt. Im ersten Schreck springt sie auf. Aber dann läßt sie die schon geballten Fäuste wieder sinken. „Das täte dir so passen, alter Spanner.“: sagt sie ruppig aber mit einem Grinsen. Sie beeilt sich nicht ins Kleid zu steigen. Dreht sich so, daß der Kerl auch ihren Hintern sehen kann. Es hat ihr schon immer Spaß gemacht Männer spitz zu machen. Aber dann ist sie angezogen und streicht das Kleid glatt. Sie zögert einen paar Atemzüge lang. Sie ist neugierig und mit dem Alten wird sie sicher fertig, wenns nötig sein sollte. In der Hitze hat sie auch keine Lust etwas zu machen. Eine Plauderei kommt ihr da gerade recht. Und wer weiß vielleicht kann sie aus dem Alten was herauslocken. „Nein, nein. Du störst nicht.“ Ira winkt mit der Hand. „Komm rauf und setz dich.“: sagt sie und schaut sich den Mann im Näherkommen genau an. „Ich bin Ira, Ira Verra.“: sagt sie als er auf die Veranda steigt.

—-> Im Dämmerlicht

Sundara als eitel zu bezeichnen, wäre wohl vollends fehl am Platze. Aber die Worte ihres neuen Freundes haben wohl doch irgendwelche Wirkung bei ihr hinterlassen. „Etwas Wasser und Seife...“ Gut, nicht dass er Unrecht gehabt hätte, dass es so schwierig gewesen wäre, aus Sundara eine Frau zu machen, die wohl den meisten Männern bewundernde Blicke entlockt hätte, auch ohne einen hohen Wuchs, ohne mächtige Brüste. Allein, dies scheint Sundara fremd zu sein. Aber trotzdem lässt sie sich auch nicht so gern sagen, dass sie ganz einfach dreckig erscheint. Nun denn, dagegen gibt es Abhilfe, und sie weiß, dass es bei dem Haus, das sie praktisch seit ihrer Ankunft bewohnt, auch ein Badehaus gibt. Sie besitzt nun keine Seife, und ob sich in dem Badehaus solch ein Artikel denn finden ließe ist mehr als ungewiss, aber Wasser tut schließlich auch seinen dienst, wenn man damit die Haut nur lange genug einweicht. Und je länger sie die Straße entlang geht, desto mehr freundet sie sich mit dem Gedanken an, nun erst einmal ein ausgedehntes Bad zu nehmen. Wann hat sie das das letzte Mal getan? Es ist auf jeden Fall in Estichà gewesen, und da ist sie doch seit einigen Stürmen nicht mehr gewesen. Und im Dschungel, inmitten der ganzen anderen Soldaten, da ist man halt über die absolut nötigste Körperpflege doch nicht hinausgekommen. So hat sie ein fröhliches Lächeln auf den Lippen, als sie den Garten zu dem Haus betritt. Doch da hält sie inne. Das Lächeln verschwindet und macht einem recht verblüfften Ausdruck Platz.

Auf der Veranda steht eine nackte Ira Verra, und wenige Vat von Sundara entfernt, von einem Busch, der zwischen ihm und Sundara steht, weitestgehend verdeckt, ein älterer Mann, der Ira unverhohlen beobachtet. Nun ist es nicht verwunderlich, dass Iras nackter Körper irgendwelche Bewunderung hervorruft, doch erstaunt Sundara doch die Selbstverständlichkeit mit der sie es hinnimmt, ja, das Gefallen, das es in ihr hervorruft, die Laszivität, die sie an den Tag legt, als sie in ihr Kleid schlüpft. Aber da ist der älter Mann auch schon wieder weg. Sundara steht noch einige Augenblicke, dann atmet sie tief durch.

„Sichàra, Ira,“ ruft sie laut, als sie nun vollends in den Garten tritt. Es soll wohl fröhlich klingen, und auch ihr Blick ist so offenherzig wie eh und je, doch das leichte Zittern in ihrer Stimme, das Kauen auf der Unterlippe die rechte Hand, die mit dem Zeigefinger der linken spielt, das alles lässt doch auf extreme Nervosität schließen. Auf halber Strecke zwischen der Straße und dem Haus, ungefähr auf der Höhe eben des Badehauses, bleibt sie stehen, wohl auf eine Reaktion von Ira wartend.

„Also was jetzt?“: mault Ira als sich Pertama Wali gleich wieder verabschiedet. Sei schaut dem Mann nach. „Fick dich doch, alter Trottel“: murrt sie und setzt sich wieder hin. Der Wirt, die Schnepfe, der Fleischberg und jetzt der. Nichts als Irre in diesem Kaff! Es war schon zum aus der Haut fahren. Außerdem schwitzt sie schon wieder in der brütenden Hitze. Sie ist dieses feucht-heiße Wetter nicht gewohnt. Die Windstille macht es noch schlimmer als sonst. Ihr graust schon vor den nächsten Tagen. Aber ob sie will oder nicht, sie muß was unternehmen. Sie braucht einen halbwegs sturmsicheren Unterschlupf. Das Strandhaus fällt flach. Auch wenn sie die ganze Zeit bis zum Sturm den Rücken krumm ackert. Hier bleiben? Auch nicht das Gelbe vom Ei. Es bleibt ihr nichts anderes über als ihren Hintern in Bewegung zu setzen. Auch wenn es heiß ist. Aber ein bißchen will sie noch warten. Vielleicht wird es doch ein bißchen kühler. Dann hört sie Sundaras Stimme. Sie schaut in ihre Richtung. „Du auch noch.“: sagt sie mürrisch aber ohne Zorn. Sie hat sich wirklich geärgert. Aber es tut ihr schon ein bißchen leid, daß sie so ausgerastet ist. Aber das muß sie nicht gleich zeigen. „Du bist schwerer anzubringen, als ein Steuer-Quästor.“: grummelt sie. „Was willst du schon wieder?“:

Iras Reaktion ist wahrlich nicht überfreundlich, doch es hätte Sundara wohl schlimmer treffen können. Jedenfalls scheint sie das befürchtet zu haben, denn sie entspannt sich sichtlich. Ihr linker Zeigefinger wird nun ebenso in Ruhe gelassen wie ihre Unterlippe, und auf ihre Lippen legt sich ein zaghaftes Lächeln, während sich in ihren Blick eine gehörige Portion Wärme legt.

"Ich wollte eigentlich nur ein Bad nehmen," antwortet sie, während sie sich den Bogenköcher über den Kopf streift. "Und mich umziehen..."

Sundara dreht sich um und zeigt mit ihrem Daumen, über die Schulter hinweg, auf den nun komplett unbedeckten Rücken - geht der Riss in ihrem Hemd nun doch von der Schulter bis ganz nach unten durch, und schließlich ist es nur der recht schlampig gezogene Knoten, der aus dem Kleidungsstück kein Lätzchen werden lässt. Sie dreht sich nun wieder zu Ira. Sie geht weder auf sie zu, noch bewegt sie sich in eine andere Richtung. Schüchtern lächelnd sieht sie sie an. Der Bogenköcher hängt lässig an ihrer rechten Hand, der Bogen selbst berührt den Boden.

"Naja, und dann wollte ich mich nach einer neuen Bleibe umschauen, eine wo man auch einmal etwas ungestört von Denen sein kann," fügt sie nach einer kleinen Pause hinzu, ohne jedoch ihre Haltung und ihren Ausdruck auch nur im geringsten zu verändern.

"Dann bist du hier falsch. Ich mein mit dem ungestört sein. Baden kannst du soviel du willst."; sagt Ira ohne viel Betonung. Sie schaut Sundara an und schüttelt den Kopf. "Geht mich ja nichts an. Aber Hemden haben Knöpfe zum aufmachen. Die muss man sich nicht vom Leib reissen lassen.":äzt sie. Dann schaut sie von Sundara weg. Fur einen Moment sieht es so aus als wärs das gewesen. Dann schaut sie aber Sundara wieder an. "Ist dir noch nichts aufgefallen?" :fragt sie schnippisch. "Wir haben Windstille! Das heißt in ein paar Tagen bläst uns der verdammte Sturm den ganzen Dreckshaufen hier um die Ohren. Irgendenein Loch reicht nicht. Es muß halbwegs sturmsicher sein." Einen Augenblick schaut sie noch finster. Dann wird ihr Gesichtsausdruck wieder normal. "Verdammt noch einmal was musst du mich so reizen das ich ausraste?": sagt sie ohne Zorn.

Sundaras Blick geht nun einen kleinen Augenblick recht unentschlossen zwischen Ira, dem Brunnen und dem Badehaus hin und her, dann kommt sie auf erstere zu. Ein erleichtertes, freundliches, strahlendes Lächeln hat sich in ihr Gesicht gezaubert. Sie geht die Treppe auf die Veranda hinauf, bleibt aber am Kopfende stehen, dreht sich um und setzt sich auf die oberste Stufe. Sie schaut Ira nun von unten herauf an.

„Ira,“ sagt sie dann, „du weißt ich mag dich. Ich will dich nicht beleidigen, ich will dich nicht reizen. Aber wir sind nun mal ziemlich verschieden. Und so wird es halt immer wieder vorkommen, dass wir irgendwo anderer Meinung sind. Aber, Ira, einfach wegrennen bringt nichts. Das nächste Mal, echt, ich mein das wirklich, hau mir einfach eine rein. Ich bin jetzt seit ziemlich einiger Zeit im Krieg gewesen, ich habe immer wieder Yorom eine Nase gedreht, und einmal weiß wohl nur Mehdora selbst, wie sie mich von den Eisfeldern runtergeholt hat. Glaube mir, ich halte das aus. Ich halte das vielmehr aus, als ganz alleine in diesem Schlamassel hier zu stecken. Und wenn du ehrlich bist, magst du dich wohl auch nicht ganz alleine mit den Deppen hier herumschlagen, oder?“

Sie schaut nun wieder auf den Garten hinaus, zieht eine Zigarette hervor und steckt sie an. Sie nimmt einen Zug.

„Und dieses Haus ist ziemlich sicher ganz und gar ungeeignet, auch nur eine Sekunde ungestört zu sein. Gerade deshalb will ich mir ja eine neue Bleibe suchen. Und wenn du sagst, dass es in einigen Tagen etwas zu ziehen beginnt, magst du recht haben. Deshalb muss ich halt zusehen, gerade das richtige Haus zu finden. Und ja, ich würde mich freuen, würdest du mit mir mitkommen. Ich hoffe halt, du vertraust mir dabei, denn gerade hier will ich nicht all zu viel dazu sagen. Bin dir aber echt nicht böse, wenn du sagst, du willst deine eigene Bude haben. Aber, verdammt noch mal, bei den ganzen leerstehenden Häusern hier, da wird doch das eine dabei sein, das passt, oder?“

Sie lehnt sich nun nach hinten, zieht Shaslas Ansivala aus ihrem Waffengurt. Sie nimmt sie am Schaft, hält Ira das Ende mit dem Griff entgegen.

„Also, was sagst du? Hast du lieber eine Asnivala, oder hast du lieber keine Asnivala?“

Ira hört Sundara zu. Dann sagt sie eine Weile nichts. Sie schaut auf die Waffe und dann wieder zu Sundara. Dann greift sie nach der Waffe. "Gib schon her!": grummelt sie. Aber ihre Augen leuchten als die Asnivala nimmt. Zärtlich streicht sie über die Scheide. Sundara bekommt jetzt vielleicht eine Idee wie schwer es ihr gefallen ist sich davon zu trennen. "Ich hol nur mein Zeugs, dann können wir.": sagt sie, dreht sich um und verschwindet im Haus. Es dauert nicht lang bis sie wieder mit ihrer Tasche und den paar Sachen die ihr gehören zurück kommt. "Ich hab was gefunden, was mir gefällt.": sagt sie. "Aber ich weiß nicht ob die Bude den Sturm aushält. Aber laß uns hier verschwinden. Ich werd das Gefühl nicht los, das jemand hinter mir steht. Reden wir draußen weiter." Sie hat sich die Asnivala umgeschnallt. "Durchs Haus oder durch den Garten?": fragt sie.

Sundara atmet hörbar auf, als Ira die Waffe nimmt. Sie sagt nichts. Sie sagt auch nichts, als Ira plötzlich aufspringt, um ins Haus zu stürmen. Sie bleibt einfach auf der Stufe sitzen, raucht ihre Zigarette, und so sitzt sie auch noch da, als Ira zurückkommt. Sie schaut nun zu Ira hoch.

„Ich würde sagen, dann schauen wir es uns einmal an,“ sagt sie. „Es wird wohl einen Raum geben, der uns nicht um die Ohren fliegt. Außerdem, ich sage dir gleich, wenn das Haus MEINEN Ansprüchen entspricht, dann hat es sogar ganz sicher einen Raum, der uns nicht beim ersten Wind um die Ohren fliegt.“

Bevor sie nun aufsteht, schaut sie noch einmal etwas wehmütig auf das Badehaus. Nun ja, Yresen würde wohl noch etwas warten müssen, um eine frisch gebadete Sundara Jahasi zu treffen. Aber sie will Ira nicht warten lassen. Leicht wippt sie mit dem Oberkörper nach hinten, und mit dem Schwung der nach vorne schnellenden Schultern steht sie auf.

„Egal,“ sagt sie schließlich auf Iras letzte Frage. „Je nachdem, was näher ist. Ich folge dir, Ira Verra, wohin du mich auch bringen willst.“

„Also dann durchs Haus.“: sagt Ira. „Kersins Zeug ist auch nicht mehr da.“: sagt sie zu Sundara auf dem Weg. „Ich frag mich nur bei welcher Schlampe der untergekrochen ist.“: bemerkt sie giftig. Erleichtert öffnet sie die Tür und geht hinaus auf den Platz mit dem Brunnen.

--> Zum Strand