Forum Übersicht - RE: Bier her - 2

Gegen ihren Willen muß Ira grinsen. „Nein, ansteckend ist das nicht. Keine Angst! Ketzer sind Leute die nicht an die Götter glauben. Naja, sie glauben schon, aber an irgendwelche Götzen. Das ist bei uns eine schlimme Sache. Wer vom wahren Glauben abweicht ist ein Verräter. Und Verräter….“ Sie fährt sich mit dem Daumen über die Gurgel. „Verstehst du?“ Dann lacht sie laut. „Und ob das gut klingt! Reich sein ist das Beste überhaupt! Stell dir vor du kannst dir alles kaufen. Schmuck, feine Kleider, Parfum, einfach Alles. Und keiner kann dir was.“ Ira seufzt wehmütig. Beim nächsten Satz Ninims verschluckt sie sich. Sie hustet und wird rot im Gesicht. Es dauert ein bißchen bevor sie ein Wort heraus bringt. „Keresin? Der hat dir den Stein gegeben?“ Ungläubig schaut sie Ninim an. „Wo hat der so was her? Und saufen? Der?“ Ira schüttelt den Kopf. Es glitzert wieder in ihren Augen. Aber bevor sie noch was sagen kann, kommt Sundara bei der Tür herein. Als sich die Elurierin neben sie setzt schaut sie Ira an. Sundara merkt wahrscheinlich das sie sich ärgert. Aber da ist noch was in ihrem Blick. Es dauert ein bißchen bis sie sich fängt. „Kommst grad richtig. Hab ein Frühstück gegen Bier getauscht.“: sagt sie mit gespielter Fröhlichkeit.

Sundara schaut Ira an. Natürlich bemerkt sie, dass Ira vor Wiedersehensfreude nicht gerade überschäumt - oder wenigstens legt Sundara den ärgerlichen, etwas sonderbaren Blick so aus. Ihre Augen werden groß, fragend, besorgt und wieder einmal ziemlich unsicher. Sie rutscht halb vom Stuhl, so dass sie mit einem Bein wieder den massiven Bretterboden berührt.

"Wirklich?" fragt sie dann. "Oder willst du lieber alleine sein? Kannst ruhig ehrlich sein, ich halt das schon aus. Dachte nur, da du ja vor einigen Jhane noch flach gelegen bist, könnte es sein, dass du es noch nicht mit einer ganzen Roputanherde aufnehmen kannst. Da wollte ich dich nicht zu viel alleine hier rumrennen lassen. Aber wie gesagt, ich kann schon auch draussen warten, kann ich wirklich."

Sie sieht Ira noch immer mit großen Augen an. Es ist wieder einmal einer dieser überaus ehrlichen Blicke, und gerade wegen dieser spürbaren Ehrlichkeit irgendwie sympatisch. Und doch das Gegenteil eines Kriegerblickes - da helfen wohl auch die ganzen Waffen nichts, als dass Sundara irgendwie respekteinflößend wirken wird.

„Red doch keinen Blödsinn!“: sagt Ira zu Sundara. Sie klingt nicht grad freundlich. Aber ihr Blick zeigt das nicht Sundara der Grund ihres Ärgers ist. „Ich will nicht allein sein, wenn du‘s genau wissen willst. Aber setzen wir uns an einen Tisch.“ Ira wartet nicht lang auf eine Reaktion. Sie steht auf und schnappt sich den Bierkrug und ihren Becher. „Bring uns noch einen Becher.“; sagt sie kurz angebunden zu Ninim. Dann geht sie zu einem Tisch der ziemlich weit weg ist von der Theke. Sie stellt Bierkrug und Becher hin, dann setzt sie sich. Sie bewegt sich dabei völlig normal. Keine Spur von einer Behinderung durch die Verletzung. Aber sie hat immer noch Durst. Sie kippt das Bier aus ihrem Becher hinunter. Sie schaut Sundara zu wie sie sich niedersetzt. Plötzlich grinst sie. „Ganz daneben war sie nicht die Schankschlampe. Siehst wirklich aus wie eine wandernde Waffenhändlerin.“ Aber das Grinsen verschwindet schnell wieder. Ira schenkt sich nach. „Zu Lijan mit dem Dreckstück.“: faucht sie und trinkt ihren Becher auf einen Zug aus.

Erleichterung legt sich auf Sundaras Gesicht. Die Augen strahlen wieder fröhlich-freundlich, und der Mund verzieht sich zu einem erfreuten Lächeln. Sie folgt Ira zu dem Tisch. Dort entwickelt sich vorerst einer jener leicht peinlichen Situationen, wenn jeder darauf wartet, bis sich der andere setzt. Und so stehen sie nun wohl einige Augenblicke vor besagtem Tisch, bevor Sundara doch die unausgesprochene Aufforderung befolgt und sich auf einen Stuhl fallen lässt. Auf Iras Bemerkung über die vermeintliche Waffenhändlerin lacht sie belustigt auf.

"Das kommt davon, wenn man ständig eine Waffe mit sich herumschleppen muss, mit der man eigentlich gar nicht mal richtig umgehen kann," sagt sie dann und fügt etwas ernster hinzu: "Auf der anderen Seite würde ich es nie über das Herz bringen, sie irgendwo einfach liegen zu lassen. Ich bin es Chelia schuldig, das Teil mit allem zu verteidigen, was ich habe."

Sie schaut nun Ira zu, wie sie sich selbst setzt, wie sie den Becher leert. Es ist schwer abzuschätzen, wie viele dieser Becher sie bereits in sich hineingeschüttet hat. Noch ist jedenfalls nichts von irgendwelcher Trunkenheit zu spüren. Die Bestellung eines neuen Bechers lässt sie unkommentiert. Vielmehr fügt sie dann hinzu, bevor Ninim sich dem Tisch nähert: "Was ist denn passiert? Hat sie dir in das Bier gespuckt?"

Ninim ist hinter der Theke stehen geblieben. Sie scheint von Iras wenig schmeichelhaften Äußerungen nichts mitbekommen zu haben - oder aber sie ist einfach gut darin, ihre eigenen Empfindungen zu unterdrücken und zu kaschieren. Letzteres würde ja auch recht gut zu ihrer Stellenbeschreibung passen. Jedenfalls nimmt sie noch einen Becher vom Bord und bringt ihn behende zu dem Tisch. Sie stellt ihn vor Sundara. Sie schenkt jedoch nicht ein. Vielmehr schaut sie zu Ira.

"Soll ich das Bier der Dame auch von deinem Frühstücksguthaben abziehen," erkundigt sie sich kühl und etwas förmlich freundlich, "oder wünscht die Dame anderweitig zu bezahlen?"

Ira schaut Sundara an und will was sagen. Aber da kommt ihr Ninim dazwischen. „Ja, ja zieh es ab und du schwirr ab.“: sagt sie grob. Dann dreht sie sich wieder zu Sundara. „Ich versteh nicht wie diese Kerle so blöd sein können. Will mir einfach nicht in den Schädel rein! Wenn denen das Hirn in den Schwanz rutscht ist alles aus.“ Ira schüttelt den Kopf und schenkt sich nach. „Ich pack es einfach nicht! Als ich rein gekommen bin, war niemand hier. Nur die Tussi da. Also stell ich mich an die Schank und red ein paar Worte mit ihr. Ich hab sie ein wenig am Faden gehabt. Ein bischen gestichelt. Als ich ihr gesagt hab das ich aus Vorovis bin, hat sie mich gefragt ob ich Keresin kenn. Klar kenn ich den, hab ich geantwortet und jetzt halt dich an. Er hat ihr versprochen, daß er sie mitnimmt nach Vorovis! Wenn er einen Weg zurück findet. Keine vier Tage hier und schon ist der Trottel der Schlampe auf den Leim gegangen! Aber es kommt noch besser! Dann zeigt sie mir einen Stein. Nicht so groß wie der da.“ Sie deutet auf den Knauf der Asnivala von Chelia. „Aber wirklich schön. Ich frag sie wo sie den her hat. Von Keresin sagt sie mir! Ich will jetzt gar nicht anfangen zu raten wo er den her hat. So einen Stein hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen! Kriegst du das auf die Reihe?“ Ira trinkt einen großen Schluck. „Macht auf kalt und unnahbar und der Idiot hängt am Haken wie ein Fisch. Ich hab gute Lust dem Flittchen die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Ehrlich wahr!“

Ninim sieht Ira unverwandt an, und einen kleinen Moment lang verengen sich ihre Augen.

"Ich kann schwirren, so viel du willst," erwidert sie mit reichlich pampigem Unterton, "aber wenn ich nicht mehr da bin, dann kannst du dir dein Bier aus den Fingern saugen."

Sagt es, dreht sich auf den Hacken um und entschwindet wieder hinter der Theke, wobei das erhöhte Tempo mehr als normalerweise ihre scheinbar ewig langen Beine preis gibt. Hinter der Theke beginnt sie wieder, irgendwelche eigentlich eh schon saubere Becher und Gläser zu polieren, womit sie wieder in jene überflüssige Beschäftigungstherapie zurückfällt, die eine reichlich unterbeschäftigte Schankmagd wohl mit der Zeit entwickelt.

Sundara ist eine schlechte Schauspielerin. Zwar bemüht sie sich, nach Ninims Abgang, Ira Verra mitfühlend und verständnisvoll anzuschauen, doch tut sie sich sichtlich schwer, ein leichtes Grinsen zu unterdrücken. Sie wendet ihren unnachahmlichen Blick also ab, greift zu dem Krug, will Ira und sich selbst aufschenken. Dabei stellt sich jedoch bald heraus, dass der Krug zwar Iras Becher zu füllen imstande ist, für Sundara selbst jedoch nur mehr einen Tropfen übrig lässt. Sie steht also auf, geht zur Theke und lässt sich nachschenken, was Ninim mit eisiger, überheblicher Miene denn auch tut. Sundara kehrt zu dem Tisch zurück, füllt nun auch ihren Becher und setzt sich wieder. Sie zieht eine Zigarette hervor, entzündet sie, zieht daran, bläst den Rauch vor sich in die Höhe. Dann erst sieht sie Ira, nun wieder gefasst, an.

"Nach allem, was du mir erzählt hast," antwortet sie dann, wobei sie Ira allerdings nur wie beiläufig ansieht, so wie es die meisten Röhrenbewohner tun, wenn sie mit jemandem sprechen, "ist die Schankschlampe eine Ketzerin, du jedoch Anhängerin des Wahren Glaubens, was immer das auch heißen will. Das heißt, du müsstest, was Keresin betrifft, eigentlich alle Trümpfe in der Hand haben. Soll sie sich halt ordentlich durchficken lassen, wenn sie so darauf steht. Die Vorovisin bist immer noch du, und irgendwann wird auch Keresin einsehen, dass du hundertmal besser bist, als irgend so eine billige Kaffhure."

Sie zieht noch einmal an ihrer Zigarette, nimmt den Becher und nippt daran. Wieder zieht sie an die Zigarette, und nun erst wieder schaut kehrt ihr gewohnt intensiver Blick in Iras Augen zurück.

"Außerdem," fügt sie hinzu, "müssen wir diese Bierträgerin wohl soundso ausschalten, wenn wir mit Stanchek ein ernsteres Wörtchen reden wollen. Die Möglichkeit, ihr die Scheiße und sonst noch was aus dem Leib zu prügeln, könnte sich für dich also bald ergeben. Wir müssen nur noch schauen, wie wir das hinkriegen, dass sie dich nachher nicht anschwärzen kann. Und ich habe da auch schon eine Idee..."

„Klar, daß die Schnepfe eine Ketzerin ist. Was soll sie denn sonst sein?“ :faucht Ira. „Von mir aus kann er der Schlampe in den Arsch kriechen bis zu den Fersen! Glaubst du ehrlich das ich da sitz und wart bis er sich an der ausgevögelt hat? Wofür hältst du mich? Verdammt noch einmal! Ich bin kein billiges Dreckstück das angelaufen kommt, wenn der winkt. Da kann einsehen was er will! Von mir hat er den da!“ Sie zeigt Sundara den ausgestreckten Mittelfinger. „Der kann mich am Arsch lecken!“ Dann verbessert sie sich: „Nein, verdammt, kann er mich nicht! Vergessen kann er mich! Das kann er!“ Langsam merkt man ihr das Bier auf leeren Magen an. „Wär schon ein Fang gewesen.“: sie zuckt gespielt gleichgültig die Schultern. „Aber auch nur wenn wir zurückkönnten. Schwamm drüber!“ Dann schaut sie Sundara an. Ihre dunklen Augen glitzern. „Scheiß auf Stanchek! Die kriegt eine Abreibung von mir! Das versprech ich dir. Warum lange herumreden? Wenn die ihre Zähne ausspuckt kanns sowieso nur ich gewesen sein. Die hat doch alle in diesem Dreckskaff um den Finger gewickelt. Oder hast du eine Idee?“

Sundara denkt nun eine Weile lang nach. Sie dreht dabei die Zigarette zwischen ihren Fingern, kaut auf der Unterlippe. Schließlich verzieht sie das Gesicht, und ein stummer Fluch verlässt ihre Lippen.

"Verfrellte Cacha," sagt sie dann und sieht Ira wieder an. "Da hast du auch wieder recht, daran habe ich gar nicht gedacht. Wenn die Fuzzis hier sich nicht gegenseitig über den Haufen schlagen, dann bleiben nicht gerade viele übrig, die es hätten sein können. Und inwieweit die danach noch mit uns reden, ist mir auch wieder schleierhaft. Jedenfalls ist es so, dass sie weg muss, wenn wir, wie geplant, Stanchek abfüllen wollen."

Wieder kaut sie auf ihrer Unterlippe.

"Ich sehe nur ein Möglichkeit: Ich meine, was wollen die uns schon, nur weil wir mal jemanden vermöbeln. Wichtig ist nur, dass alle meinen, ich wäre es gewesen, so dass du danach trotzdem noch den Stanchek ausquetschen kannst. Weil ich bin da nicht so gut wie du, das musst dann einfach du machen. Oder aber, wir lassen das alles überhaupt bleiben, und nehmen uns einfach nur mal das Haupthaus vor oder was auch immer..."

Sie sieht nun Ira wieder fragend an, und die Anspannung in Erwartung auf die Antwort ist ihr ins Gesicht geschrieben.

Ira schüttelt den Kopf und gähnt dabei. „Was uns die können? Ich sags dir! Die Sandalen können sie uns aufblasen! Mit dem Gesindel wischen wir den Boden auf wenn sie uns blöd kommen. Verdammt noch einmal! Und ob die noch mit mir reden ist mir scheißegal“: mault Ira. „Die Schlampe hat was gut bei mir. So oder so. Da brauchts keine Verstellung. Hat doch keinen Zweck jetzt großes Theater zu machen. Der Wirt hat sowieso einen Stich. Wär ein Spaß gewesen, das auf jeden Fall. Aber ob was dabei rauskommt?“ Ira zuckt die Achseln und gähnt wieder. „Aber eins stimmt. Der fährt eher auch mich ab als auf dich. Also wenn dann muß ich das abziehen. Entweder abwarten bis mir Stanchek über den Weg läuft und hinterher die Schnepfe rupfen. Oder ihr gleich ein paar aufs Maul geben und den Wirt vergessen. Mir wär schwer danach ihr gleich ein paar Ohrfeigen zu verpassen. Aber ich kann warten. Das hab ich bei der Garnison gelernt.“ Wieder gähnt sie: „Verdammt hat die was ins Bier geschüttet? Oder es ist die Medizin die sie mir eingetrichtert haben? Ich bin auf einmal saumüd.“ Sie schüttelt den Kopf. „Aber eins können wir auf jeden Fall machen. Egal ob ich der Schlampe ein paar verpaße oder nicht. Sehen wir uns in der Stadt um. Wenn du willst auch in der großen Ruine. Aber erst nach einer Mütze Schlaf.“

Sundara schmunzelt, als sich Ira wieder in Rage redet. Der Blick ist jedoch keineswegs spöttisch, nein, vielmehr ist ein gewisses Maß an Bewunderung darin zu sehen. Wie dem auch sei, irgendwann hat Ira ausgeredet, Sundara zieht an ihrer Zigarette, die inzwischen jedoch so kurz geworden ist, dass sie sich dabei wohl die Fingerkuppen versengt. Jedenfalls wirft sie den Stummel eiligst zu Boden und stellt geräuschvoll den Stiefel darauf. Kurz verzieht sie das Gesicht, dann schaut sie Ira wieder an. Sie schaut ernst, etwas nachdenklich.

„Ich frage mich ja, ob die, wenn wir ihnen nur gehörig auf den Senkel gehen,“ meint sie dann, „irgendwann die Lust an uns verlieren und uns wieder zurück katapultieren. Ich meine, wenn die keine Freude mehr am Spiel haben, könnten die das ja auch einfach wieder abbrechen, oder?“

Sie nimmt dann ihr Glas und trinkt es in einem Zug aus.

„Aber du hast recht,“ sagt sie. „Es ist inzwischen spät geworden, und wir sollten uns aufs Ohr legen.“

Sagt es, steht auf und wendet sich zum Gehen.

„Wenn’s ein Spiel ist, dann ists ein Scheißspiel.“: brummt Ira. „Aber denen auf den Arsch gehen hat was Gutes. Wird uns nicht fad im Kopf.“ Sie nickt gähnend. „Ja, wird Zeit für mich. Morgen ist auch noch ein Tag.“ Sie stemmt sich aus ihrem Sessel. „Irgendwas stimmt nicht. Ich bin doch nicht von ein paar Bechern Bier besoffen.“: murmelt sie. Sie schwankt leicht als sie hinter her Sundara geht. Im Vorbeigehen dreht sie sich zu Ninim. Sie grinst. „Wir sehen uns.“: sagt sie zuckersüß. Dann ist sie draußen.

(--> Das neue, alte Haus)

Sundara antwortet nichts. Sie folgt einfach nur Ira Verra aus dem Lokal, nickt Ninim mit einem sichtlich nur scheinbar freundlichem Lächeln zu. Nein, das Sich-Verstellen ist Sundaras Sache nicht. Dann hat sie das Lokal auch schon verlassen.

(-> Das alte, neue Haus)