Forum Übersicht - Abgeschlossene Spielzüge » Rauch

<---- Erwachen

Das war es wieder und es war ganz eindeutig Rauch, den die Brise mit sich führte. Doch so erfreulich die Tatsache auch war, daß hier irgendjemand ein Feuer angezündet hatte, sagt das nichts über die Einstellung der Bewohner aus. Das es sich um Schicksalsgefährten handeln könnte, schließt Keresin zwar nicht völlig aus, hält es jedoch für unwahrscheinlich. Für einen kurzen Moment überlegt er, dann wendet er sich an Ira:
„ Wer weiß was die Leute hier für eine Einstellung gegenüber Fremden haben. Es kann gut sein, daß sie uns als unerwünschte Eindringlinge betrachten. Diese Straßen hier sind bestens geeignet für einen Hinterhalt. Wir sollten vorsichtig sein. Nimm du die rechte Seite.“
Keresin holt sein Messer aus der Tasche, steckt es in den Hosenbund und zieht sein Hemd darüber. Langsamer setzt er den Weg fort. Seine Augen sind dauernd in Bewegung, suchen die rechte Häuserfront und die dazugehörigen Gärten nach eventuellen Bedrohungen ab, bereit sofort zu reagieren. Besonders bei Abzweigungen ist Keresin vorsichtig, bleibt stehen, späht in die abzweigende Straße, bevor er den Weg fortsetzt. Die bisher gerade verlaufende Straße schwenkt in einer sanften Biegung nach Nordosten und führt in geringer Steigung hügelwärts. Sie müssen auf dem richtigen Weg sein, denn der Rauchgeruch wird immer stärker. Die Hauser, die hier die Straße säumen, sehen auf den ersten Blick so aus, als wären sie erst vor ein paar Monaten verlassen worden. Doch wenn man näher hinsieht, bemerkt man auch hier den Verfall, der jedoch, gemessen an anderen Teilen der Stadt, gering ist. Als sie um die Straßenbiegung kommen, sieht Keresin vielleicht 30 Vat vor ihnen eine breite Treppe, die sehr gut erhalten ist. Er bedeutet Ira langsamer weiterzugehen. Er bleibt auch zwei, drei Mal stehen, um zu lauschen, dann erreichen sie die Stufen. Keresin bleibt kurz stehen, sieht zu Ira, nickt ihr zu um dann langsam, Stufe für Stufe die Treppe hinaufzusteigen.

<---- Erwachen

Keresins Einschätzung hat Hand und Fuß. Sie wäre auch nicht blind drauflos gestürmt. Ira faßt die Aufteilung der Straßenseiten als Befehl auf. Denn es ist ein Befehl. Auch wenn er höflicher klingt als sonst. Ira zieht ihr Messer aus der Tasche. Sie trägt es verdeckt in der Hand. Messerrücken am Umterarm, Klingenspitze nach oben. Sie rücken nach Lehrbuch vor. Einer deckt den Anderen. Aber im Lehrbuch steht nichts von einem Kleid statt Rüstung und Messer statt ordentlicher Waffen. Nicht das Ira Angst hat. Es ist nur ein lästiges Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Wenn sie jemals Zweifel gehabt hat, daß Keresin Offizier ist, jetzt sind weg. Als die Treppe auftaucht, gibt er ihr ein Zeichen. Sie gehen langsam weiter. Ihre Spannung steigt. Aber sie vernachlässigt die Straßenseite nicht. Schaut sich sehr genau um. Am Fuß der Treppe bleiben sie nochmals stehen. Ira lauscht. Sie kann nichts hören. Aber sie riecht nicht nur Rauch. Es riecht auch nach Essen. Plötzlich knurrt ihr der Magen. Seit der in ganz Vorovis berühmten Fischsuppe gestern im Ankertau hat sich nichts gegessen. Wirklich Zeit für eine ordentliche Portion. Als ihr Keresin zunickt, steigt sie gleichzeitig mit ihm die Stufen hoch.

Als Keresin über die letzte Stufe hinweg sieht, kann er einen weitläufigen Platz erkennen, der jedoch menschenleer ist. Nach einigen Herzschlägen gibt er seine Beobachtungsposition auf und steigt die Stufen hoch, bis er auf dem Platz steht, in dessen Mitte sich ein flacher, runder Brunnen auf einem steinernen Sockel erhebt. Der Brunnen scheint aus einem einzigen Block geschlagen zu sein und misst sicher vier Vat im Durchmesser. Im Zentrum des Brunnes steht auf einem Sockel eine metallene Statue, die eine Tänzerin darstellt. Er schaut über seine Schulter nach Ira. Es war Glück im Unglück, daß es Ira gewesen war, auf die er gestoßen ist. Sie verhielt sich entsprechend der Situation und stellte keine dumme Fragen. Er nickt ihr wieder zu und geht langsam auf den Platz hinaus. Er kann erkennen, daß der Figur im Brunnen das Gesicht fehlt. Irgendjemand muß es mit Gewalt zerstört haben, so verbogen und gezackt die Bruchränder sind. Soweit er sehen kann sind die Häuser hier in einem ausgesprochen guten Zustand. Die Steinplatten, mit denen der Platz ausgelegt ist, zeigen zwar ihr Alter sind aber sauber.

An der Nordseite des Platzes mündet eine weitere Strasse in den Platz und das einstöckige Haus auf der linken Seite mit dem vom Alter eingesunkenem Schieferdach, aus dessen Schornstein Rauch quillt, weist einen weit in den Platz hineinragenden hölzernen Vorbau auf. Dahinter kann er erkennen, daß das Untergeschoßes ist bis auf drei wuchtige, quadratische Pfeiler offen ist. Unter der hölzernen Dachkonstruktion stehen einige Tische und Stühle. Im Normalfall hätte Keresin gesagt, daß er auf eine Taverne oder Schenke schaut. Hier ist er sich nicht so sicher. Was sollte eine Schenke in einer leeren Stadt, denn zu sehen ist niemand. Ira ist wie er stehen geblieben und wartet. Wieder nickt er ihr zu und geht dann langsam auf die Taverne zu. Der Essensgeruch ist jetzt deutlich. Er geht um die Tische herum und bleibt am Rande des großen Schankraums stehen. Die von Ruß geschwärzte Decke wird von dicken Balken getragen. Eine lange Theke, dahinter aufgebockten Fässern und Regale mit Flaschen, Krügen und Gläsern. Hinter der Theke öffnet sich der Durchgang und zur linken Hand führt eine breite Holztreppe hinauf in das Obergeschoß. Auch hier stehen Tische und Stühle, An den massiven, unverputzten Wänden hängen einige große Teller. Keresin ist des Versteckspiels müde und ruft mit lauter Stimme in den großen Raum: „Ist jemand hier. Wir haben keine böse Absichten!“

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Keresin sieht sich nach ihr um. Sie erwidert sein Nicken. Im Abstand von circa 5 Vat folgt sie ihm auf den Platz hinaus. Der Brunnen fällt sofort auf. Wer sich da mit Schmiedehämmern an der Statue versucht hat? Vor allem wozu? Sie läßt sich aber nicht ablenken. Aufmerksam kontrolliert sie die gut erhaltenen Häuser. Bei Hostinos? Was war das? Ira glaubt es gar nicht. Da hat irgendwer am Arsch der Röhre eine Spelunke eingerichtet? Wie Keresin bleibt sie stehen. Langsam rinnt ihr das Wasser im Mund zusammen. Es riecht verdammt gut. Sie schaut einen Moment zu Keresin. Der nickt ihr wieder zu und sie geht weiter. Langsam, das Messer bereit. Keresin geht links um die Tische unter dem Dach herum, sie rechts. Wie er bleibt sie an einem der Pfeiler stehen. Das war keine Spelunke. Das war ein Palast gemessen an den vertrauten, versifften Hafenkneipen. Ihr Blick geht zwischen dem Durchgang und der Treppe hin und her. Da ruft Keresin. Gespannt wartet sie auf eine Reaktion.

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